Modell des SBF-Towers – in China 2014 fertiggestellt.

Foto: Sina Baniahmad

Ohne der Entscheidung Andrea Mayers als Kunst- und Kulturstaatssekretärin vorzugreifen, die kommende Woche die ab 1. September verantwortliche Geschäftsführung des Museums für angewandte Kunst (Mak) bestellen wird: Den Hearings vergangener Woche zufolge stehen die Zeichen auf Generationenwechsel.

Lilli Hollein, Chefin der Vienna Design Week, soll dem Vernehmen nach sehr gute Karten haben. Dass die 48-Jährige das Anforderungsprofil der Staatssekretärin und der Grünen sehr viel eher erfüllt als der 61-jährige amtierende Christoph Thun-Hohenstein, der sich für weitere fünf Jahre beworben hat, liegt nahe.

Die Tochter des 2014 verstorbenen Architekten Hans Hollein hat jedoch einen Interessenkonflikt, der sie – Qualifikation hin oder her – als Direktorin des Mak nachhaltiger begleiten würde als an der Spitze jedes anderen Museums. Dabei geht es um den "künstlerischen und architektonischen Nachlass" ihres Vaters, den sie und ihr Bruder Max Hollein, Direktor des Metropolitan Museum in New York, 2016 der Republik für 250.000 Euro verkauft haben: Modelle, Objekte, Pläne, Skizzen, Fotografien und andere Dokumente wurden vom Mak übernommen und dem Architekturzentrum Wien (AzW) als Dauerleihgabe zur wissenschaftlichen und digitalen Aufarbeitung übergeben. Die öffentliche Hand spendiert auch die Folgekosten: Nebst einem ersten Zuschuss für eine "Pilotdigitalisierung" von 120.000 Euro fließen für die Erfassung und Bearbeitung des Nachlasses seither jährlich 100.000 Euro.

Auch Profit

Die langfristige Sicherung des Schaffens ihres Vaters und posthume Mehrung seines Ruhmes war den Geschwistern ein nachvollziehbares Anliegen. Dass sie davon auf gewisse Weise auch monetär profitieren, sei erwähnt. Denn an die Republik wurden nur Teile des Nachlasses abgetreten.

Anderes verblieb im Besitz der Familie, wird aktuell auch anderen heimischen Museen angeboten oder wurde bereits an das Centre Pompidou in Paris oder auch an den Privatsammler Niall Hobhouse verkauft. Dass Ausstellungen zeitgleich immer die Nachfrage nach Werken befeuern, ist bekannt. Bei Architekten und deren Skizzen oder Zeichnungen ist das nicht anders.

Die Verknüpfung privater Interessen mit beruflichen brächte Lilli Hollein als künftige Mak-Direktorin in die Bredouille. Wie berichtet, war dies auch der Grund für ihren Rücktritt als Kuratoriumsvorsitzende. Anlass gab die für 2022 geplante Großausstellung zum Œuvre ihres Vaters, deren Dimension sich ohne ihr Zutun im Laufe der Monate vergrößerte: vor allem auch budgetär. Eine problematische Optik, die sich nicht in Luft auflösen wird und Fragen aufwirft. Lilli Hollein blieb trotz mehrmaliger Nachfrage für den STANDARD nicht erreichbar.

Urheberfragen längst geklärt

Die geplante Schau wirft auch an einer anderen Front ihre Schatten voraus. Konkret geht es um das Spätwerk Holleins, das nur sehr rudimentär in dem an die Republik verkauften Nachlass vertreten sein muss. Denn die relevanten Dokumente, Pläne und Modelle befinden sich im Besitz des Architekten Christoph Monschein, der lange mit Hollein zusammenarbeitete, maßgeblich an der Realisierung unzähliger Projekte beteiligt war oder diese zuletzt im Alleingang umsetzte.

In der 2010 gegründeten Hans Hollein & Partner ZT-GmbH war Monschein der Geschäftsführer. Für die ab Juni 2014 im Mak anberaumte Ausstellung hatte er einige Leihgaben zur Verfügung gestellt. Als er diese nach Ende der Laufzeit im Oktober abholen wollte, wurden ihm jedoch nicht alle retourniert. Die Herausgabe des Modells des sogenannten SBF Towers, eines im chinesischen Shenzhen erbauten Bürohochhauses, wurde ihm verweigert.

Stattdessen wurde das Objekt "an das Atelier Hollein (Lilli und Max Hollein) rückgestellt", wie das Mak auf Anfrage mitteilt. Warum? "Die Urheberfrage zu diesem Projekt" sei "nicht vollständig geklärt gewesen". Monschein bestreitet das. Allfällige Urheberrechtsfragen waren rechtlich längst geklärt. Demnach gehört der SBF Tower zu jenen Projekten, bei denen als Urheber "Hans Hollein / Christoph Monschein" oder zumindest "Hans Hollein & Partner" ausgewiesen werden müssen. In der Datenbank des von der Familie Hollein geführten Archivs sucht man diesen "Credit" vergeblich. Als Leihgeber für eine Großausstellung, so Monschein, steht er derzeit nicht zur Verfügung. (Olga Kronsteiner, 15.4.2021)