Nun ist es also so weit. Österreich hat die Aufbauprojektliste fertiggestellt, für die die Europäische Union 3,5 Milliarden Euro lockermachen soll. Jubel ist deshalb keiner angebracht, denn in seltener Eintracht geben ÖVP und Grüne keine Auskunft über die Vorhaben, die man sich fördern lassen will. Angesichts der Intransparenz ist eine gesunde Portion Skepsis angebracht, zumal das Geld ja nicht vom Himmel fällt. Österreich zahlt viel mehr ein, als es herausbekommt, weil Länder mit niedrigerem Wohlstand vom insgesamt 750 Milliarden Euro schweren Programm "Next Generation EU" bevorzugt werden. Das ist auch zu begrüßen, schafft Brüssel damit doch einen der seltenen Lichtblicke europäischer Solidarität. Das war ja in der Pandemie nicht immer so.

Österreich hat die Aufbauprojektliste fertiggestellt, für die die Europäische Union 3,5 Milliarden Euro lockermachen soll.
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Dennoch hat das Programm große Schwächen: Es kommt viel zu spät. Während andere Länder längst am Löschen sind, werden in der EU gerade die Feuerwehrleute zusammengetrommelt. Bis die Auszahlungen in Gang kommen werden, wird sich die Wirtschaft – hoffentlich – schon längst in der Aufschwungphase befinden.

Neue Technologien

Die Verspätung könnte noch hingenommen werden, wenn die Milliarden richtig eingesetzt werden, doch auch hier sind Zweifel angebracht. Europäische Gelder sollten auch europäisch eingesetzt werden. Dieser Zugang wäre umso wichtiger, als das EU-Budget nach wie vor von rückwärtsgewandten Dossiers wie Landwirtschaft geprägt ist. Zukunftsträchtige Bereiche wie Forschung, Klima und Infrastruktur spielen eine untergeordnete Rolle. Gerade bei neuen Technologien, Energie- oder Verkehrsnetzen und Bildung kommt die EU auch deshalb nicht voran, weil jedes Land sein eigenes Süppchen kocht. Diese Mentalität wird nun sogar noch gestärkt.

Bei den neuen Ausgaben sollte auch nicht vergessen werden, dass die Regierung schon seit einem Jahr Unsummen verteilt. Ob Corona-Hilfen, Konjunkturförderung oder Klimaschutz: Der Staat soll es richten. Die finanziellen Folgen scheren derzeit niemanden, Hinweise darauf sind höchst unpopulär.

Doch es wird diese Folgen geben. Daher wäre es alles andere als eine Niederlage, wenn sich Österreich einen EU-Beitrag auch für ohnehin geplante Vorhaben abholen würde. Die Schonung des überstrapazierten Budgets erscheint jedenfalls zukunftsrelevanter als die Ausschüttung von Geldern mit der Gießkanne über Projekte mit unklarem Mehrwert. (Andreas Schnauder, 14.4.2021)