Die politische Karriere von Christian Kern währte zweieinhalb Jahre.

Foto: APA/BARBARA GINDL

Hartwig Löger stieg quer ein und war zwei Jahre Finanzminister.

Foto: APA/AFP/EMMANUEL DUNAND

Tropenärztin, Spitzenbeamtin, SPÖ-Chefin: Pamela Rendi-Wagner.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Höchst erfolgreicher Disziplinenwechsler: Alexander Van der Bellen.

Foto: APA/BUNDESHEER/PETER LECHNER

Aus dem Spitzensport in den Nationalrat: Kira Grünberg.

Foto: Florian Lechner

Vom ORF ins Wiener Rathaus: Helmut Zilk stieg erfolgreich quer ein.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Mit der Bestellung von Wolfgang Mückstein zum Gesundheitsminister stellt sich erneut die Frage: Sind Quereinsteiger die besseren Politiker?

Foto: Heribert Corn

Der Begriff "Quereinsteiger" taucht im Österreichischen Wörterbuch erstmals 1997 auf. Per Definition eine Person, die aus einer fremden Branche in eine neue Branche wechselt. Spezifische Vorkenntnisse werden dabei nicht selten zur Nebensache. Der politische Quereinsteiger wechselt dabei gerne auf hohem Niveau – etwa vom Primärversorgungszentrum Mariahilf ins Gesundheitsministerium am Stubenring.

Jetzt mag man das Einsetzen von politischen Neulingen durchaus als Zeichen einer Öffnung eines starren Parteiapparates sehen. Doch oft wird es nach dem wahlkampftauglichen Promi-Schaulaufen ruhig um die Experten von außen. Der Grat zwischen Quereinsteiger und Querabsteiger ist ein durchaus schmaler. Sie sind temporäre Hoffnungsträger, doch selten klappt die politische Karriere auf Knopfdruck. Die Liste der gescheiterten Quereinsteiger ist damit entsprechend lang.

Drei Spezies

Der Salzburger Politologe Reinhard Heinisch sagt, grundsätzlich sei die politische Erfahrung wichtiger als die fachliche Expertise. "Deshalb geht es meistens nicht so gut mit Quereinsteigern." Viel wichtiger sei es, zu wissen, wie weit man in Verhandlungen gehen könne, welche Wählergruppen für die eigene Partei und auch für den Koalitionspartner wichtig seien und wo man die Grenzlinie zwischen den verschiedenen Interessen ziehen müsse. Das komme mit der Amtserfahrung und sei am Anfang sehr schwer.

Wenn aber ein Minister davongejagt wird, weil er nicht besonders kompetent war, dann sei der Quereinsteiger eine logische Konsequenz. Bei Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) sei etwa der Griff zu einem Experten ein guter gewesen. "Aber Kocher ist kein reiner Akademiker, sondern weiß auch, wie man kommuniziert, und hat das politische Umfeld", sagt Heinisch.

Grundsätzlich gebe es drei Arten von Polit-Quereinsteigern, erklärt der Politologe: erstens Sportler, Künstler oder bekannte Persönlichkeiten, deren Ruf auf die Partei abfärben soll. Zweitens Personen für eine bestimmte Rolle mit einer Expertise, die man braucht – wie etwa nun der neue Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein oder auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Drittens Menschen, die Expertise haben, die Partei kennen, aber nicht in der ersten Reihe stehen.

Pandemie spaltet die Meinungen zu Quereinsteigern

Mit der Pandemie komme eine besondere Situation hinzu: "Ein Teil der Bevölkerung fühlt sich zwar bei Experten besser aufgehoben. Andere denken aber, die sind weltfremd und entscheiden über die Köpfe der Leute hinweg", sagt Heinisch. Umfragen würden zeigen, dass deshalb auch populistische Einstellungen und Querdenken beflügelt werden.

"In der Regel tun sich Nichtpolitiker schwer, teilweise auch weil sie zu ehrlich sind", fasst Heinisch zusammen. Ihr größter Vorteil sei, dass sie eine leere Leinwand sind, auf die die Menschen vieles projizieren. Nachdem die Euphorie jedoch abgeklungen sei, könne entweder Enttäuschung oder Akzeptanz folgen. Es sei also Skepsis angebracht bei Neueinsteigern. In der Phase ist Politologe Heinisch jedoch vorsichtig optimistisch für die Besetzung von Wolfgang Mückstein. "Auch die ÖVP und der Kanzler können sich weder ein Scheitern noch Neuwahlen leisten. Einen unverbrauchten Minister jetzt anlaufen zu lassen sieht nicht gut aus." Zumindest ist es schwieriger, ohne politische Vergangenheit eine große politische Zukunft zu haben. Und oft stehen am Schluss die Worte des prominentesten Seitenwechslers Österreichs, Arnold Schwarzeneggers: Hasta la vista, Quereinsteiger. (Stefanie Ruep, Markus Rohrhofer, 15.4.2021)