So sollten sie nicht unterwegs sein, wenn sie nicht auch noch repariert werden wollen...

foto: Hussein FALEH / AFP

In Zeiten, in denen sich immer mehr Menschen an die Same-Day-Delivery von Amazon und Co gewöhnen, klingt es beinahe unvorstellbar: Lieferung in Kalenderwoche 52 – kurz vor Silvester – heißt es da etwa immer öfter, wenn man Ersatzteile für seinen Drahtesel benötigt. Gefühlt ist vieles ausverkauft oder nicht lieferbar, nur wenige kommen aktuell wirklich zeitnah an ihr Wunschrad oder zu Ersatzteilen für in die Jahre gekommene Räder – egal ob elektrisch unterstützt oder nur muskelbetrieben. Es heitert nur schwer auf, aber das Leid ist derzeit wahrlich ein geteiltes. Die Lieferengpässe bei Fahrradzubehör nehmen ob der Pandemie selbst schon pandemische Ausmaße an.

Weltweit boomt Radfahren, nicht zuletzt weil viele Menschen sich nicht in Öffis drängen oder mit der Emissionsschleuder Auto im Stau stehen wollen. Und weil sich Fabriken nicht so schnell aus dem Boden stampfen lassen, sind die Reparaturtermine umso begehrter.

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DER STANDARD

Viel los, aber fleißig am Schrauben

"Es ist unglaublich viel los", sagt auch Willi Kasyk dem STANDARD. Er führt "Die Radwerkstatt" im fünften Wiener Bezirk und ist seit Jahrzehnten im Geschäft. Kasyk sieht den aktuellen Boom nicht nur durch die Pandemie heraufbeschworen. Generell würden die Winter milder und die Infrastruktur besser, sodass viele Menschen merken, dass es viel angenehmer ist, kürzere Strecken mit dem Zweirad zu bewältigen.

Gerade aktuell würden viele ganz alte Modelle aus den Kellern hervorzaubern. Diese gelte es umso besser zu checken, weil ihnen Jahre an regelmäßiger Wartung fehlen. "Dann wird es schnell nicht nur für einen selbst, sondern auch alle anderen Verkehrsteilnehmer gefährlich", so der passionierte Radmechaniker.

Dringend benötigter Reparaturbon

Er erkennt auch, dass die Wartung dem Gelbörserl gerade in der aktuell schwierigen Lage oft besonders wehtut. Umso mehr helfe da der Wiener Reparaturbonus von 100 Euro (in wenigen Schritten herunterzuladen), der noch bis Ende Juni und dann ab September wieder gilt. Sicherheit am Rad sollte keine Einkommensfrage sein. Achtung: der Bon hat ein 14-tägiges Ablaufdatum, sollte also erst heruntergeladen werden, wenn er gebraucht wird.

Den Bonus unterstützt auch Michael Nendwich, bei der WKO für Sportartikel verantwortlich. Er rechnet mit einer nachhaltigen Beruhigung der Lage am Radmarkt erst ab 2023. Bis dahin sei es als sehr kleiner Markt besonders schwer, zu den Kontingenten zu kommen. Die Lockdowns und Infrastrukturschließungen haben einfach dermaßen viele Möglichkeiten zum Zeitvertreib eingeschränkt oder gar verunmöglicht, dass Radfahren im ersten Corona-Jahr zu einer Trendbeschäftigung wurde. Oder zumindest der gute Vorsatz, Rad zu fahren.

Radboom

Denn auch wenn sich nicht genau sagen lässt, wie viel sie schließlich bewegt wurden, holten sich die Menschen in Österreich im Jahr 2020 rund 490.000 neue Fahrräder nach Hause – laut der Branchenvereinigung VSSÖ (Verband der Sportartikelerzeuger und Sportausrüster Österreichs) ein Zuwachs von fast zwölf Prozent gegenüber 2019 und eine Rekordzahl seit dem Jahrtausendwechsel (siehe Grafik). Immer beliebter werden dabei Räder mit Elektromotorunterstützung; schon 2019 waren vier von zehn neu gekauften Rädern E-Bikes.

Es müssen aber nicht immer fabriksneue High-End-Exemplare sein. Wohl um Diebstählen vorzubeugen, geben sich viele mit weniger wertvollen Gebrauchträdern zufrieden. So boomt auch deren Markt seit Pandemiebeginn. Das Kleinanzeigenportal Willhaben verzeichnete im Vorjahr etwa 30 Millionen Suchabfragen nach dem Stichwort "Fahrrad", was einer Verdoppelung gegenüber dem Jahr davor entspricht. Noch einmal so viele Suchen ergaben sich durch spezielle Begriffe wie Rahmengrößen oder Marken, allen voran KTM. (Fabian Sommavilla, Michael Matzenberger, 16.4.2021)