Die endgültige Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs wird erst in einigen Monaten erwartet.

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Wer sein Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund vorzeitig beendet, hat in Österreich keinen Anspruch auf Ersatz des nicht verbrauchten Urlaubs. Laut Gerard Hogan, Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), widerspricht die Bestimmung allerdings EU-Recht.

Ausgangspunkt des beim EuGH anhängigen Verfahrens war der Fall eines Österreichers, der im Jahr 2018 vier Monate als Arbeiter beschäftigt war. Als er sein Arbeitsverhältnis durch vorzeitigen Austritt beendete, verblieben ihm drei Urlaubstage, die einer Urlaubsersatzleistung von 322 Euro entsprachen.

Oberster Gerichtshof ersuchte EuGH um Auslegung

Der Mann machte gegenüber seinem Arbeitgeber Ersatz geltend. Dieser lehnte unter Verweis auf das Urlaubsgesetz ab. Sowohl das Erstgericht als auch das Berufungsgericht gaben dem Unternehmen recht.

Der Arbeitnehmer vertrat allerdings den Standpunkt, dass die österreichische Gesetzeslage gegen die Grundrechtecharta und das Recht auf angemessene Arbeitsbedingungen verstößt. Außerdem widerspreche die Bestimmung der EU-Arbeitszeitrichtlinie. Der Oberste Gerichtshof (OGH) unterbrach daher das Verfahren und legte dem Europäischen Gerichtshof die Frage vor, ob die österreichische Gesetzeslage mit geltendem Unionsrecht vereinbar ist (OGH, 29.4.2020, 9 ObA 137/19s).

Grundrechtecharta garantiert Ersatzanspruch

Im laufenden Verfahren vor dem EuGH veröffentlichte nun Generalanwalt Gerard Hogan seinen Schlussantrag. Demnach sei der Anspruch auf Geldersatz für Urlaubstage, die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch offen sind, vom Grundrecht auf bezahlten Jahresurlaub umfasst. Der genaue Grund für die Beendigung spiele für den vorgeschriebenen Urlaubsersatz keine Rolle.

Da der Arbeitnehmer den Urlaubsanspruch zweifelsfrei erwarb, habe der Ausschluss der finanziellen Vergütung laut Generalanwalt "Strafcharakter". Arbeitgeber hätten aber andere Möglichkeiten, sich Schäden ersetzen zu lassen, die durch vorzeitige und grundlose Austritte von Arbeitnehmern entstehen.

EuGH-Urteil in einigen Monaten

In seiner bisherigen Rechtsprechung betonte der Europäische Gerichtshof stets, dass für das Entstehen des Anspruchs nur die Voraussetzung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfüllt sein muss. Andererseits wies das Höchstgericht auch immer wieder darauf hin, dass Arbeitnehmer nicht dazu veranlasst werden sollen, keinen bezahlten Urlaub zu nehmen, nur um bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine höhere Vergütung zu bekommen.

Das endgültige EuGH-Urteil wird erst in einigen Monaten erwartet. Schlussanträge der Generalanwälte sind nicht bindet. Allerdings orientieren sich die Entscheidungen des Gerichtshofs häufig daran. (Jakob Pflügl, 16.4.2021)