Gnadenlos und humorvoll: Rumena Bužarovska.

Foto: Suhrkamp Verlag / Llika Strezoska

In den 1990er-Jahren gab es einen sehr lustigen Werbespot, in dem zwei Männer mit den Worten "Mein Haus, mein Auto, mein Boot" versuchten zu klären, wer den Größeren hat. Daran muss man denken, wenn man den Titel des jüngst erschienenen Erzählbands der mazedonischen Autorin und Literaturwissenschafterin Rumena Bužarovska liest: Mein Mann – für eine Frau, besonders in den traditionellen, konservativen Staaten Osteuropas, aber durchaus auch in Mittel- und Westeuropa, ist das ein Statussymbol.

In elf Erzählungen berichten Frauen von diesen Männern: selbstverliebten, bisweilen despotischen, nicht einmal besonders gut aussehenden Gestalten. Aber so einfach macht Bužarovska es weder sich noch ihrem Publikum, als dass hier einfach ein paar arme, unschuldige Frauen schrecklichen Typen ausgeliefert wären. Vielmehr geht es ihr um eine Gesellschaftsordnung, in der Frauen (vermeintlich) gute Gründe haben, Männer zu ehelichen – und seien sie ihnen noch so verhasst.

Entlarvend wirkt schon allein die Erzählperspektive: Es sind die Frauen selbst, die von ihren Männern berichten. Oft betrügen sie ihre Männer in diesen Erzählungen (auch die Männer ihre Frauen), oft sind sie angewidert von ihnen, aber dass sie bei ihnen bleiben, steht außer Frage. Stand by your man. Es gibt beklemmende, traurige Erzählungen, die von psychisch und physisch gequälten Kindern handeln, und am traurigsten ist jene, in der der Erzählerin von ihrem Mann verboten wird, ihre kranke Mutter zu besuchen.

Sie gibt ihr die Schuld

Als ihr gemeinsames Kind bereits über ein Jahr ist, tut sie es dennoch, heimlich. Ihr Kind wird auf der Fahrt von den aus der Gepäckablage fallenden Ajvar-Gläsern verletzt, die sie extra für ihre Mutter eingemacht hat, und als sie diese schnarchend vorfindet, ekelt sie sich vor ihr und gibt ihr die Schuld für das, was passiert ist: "Ich wünschte mir damals, meine Mutter wäre tot, damit das hier nie geschehen wäre."

Ihrem Mann erzählt sie nichts von alldem – auch nicht, als das Kind wenig später stirbt. Die Frauen in diesen Erzählungen sind kein bisschen besser als ihre Männer, sie sind kalt, berechnend, unfähig zu emotionalen Beziehungen. Stattdessen sind es manchmal die Männer, die nachts aufstehen und ihrer Frau den Säugling an die Brust legen.

Es geht Bužarovska eben nicht um das Behaupten geschlechtsimmanenter Eigenschaften, sondern um gesellschaftliche Mechanismen und wie diese das Zusammenleben von Menschen überformen und gestalten.

Nicht alle Kapitel sind traurig. Manche, allen voran jenes mit dem Titel "8. März", sind sogar ausgesprochen lustig, was nicht zuletzt an der trockenen, lakonischen Sprache liegt (stimmig aus dem Mazedonischen übersetzt von Benjamin Langer), in der Bužarovska die Frauen erzählen lässt.

In "8. März" feiern ein paar Universitätsangestellte den Frauentag. Die "Kollegen vom starken Geschlecht" übernehmen zur Feier des Tages die Rechnung, und die Erzählerin empört sich darüber, dass die junge Kollegin Irena aus dieser netten Geste "einen Skandal" macht.

Unverwirklichte Frau

Überhaupt ist ihr Irena ein Dorn im Auge, nicht nur weil sie sich keine Mühe mit ihrem Aussehen gibt ("Und dabei könnte sie so sympathisch sein"), sondern auch weil sie mit 31 Jahren nicht verheiratet und Mutter und folglich "eine unverwirklichte Frau" ist.

Während die Erzählerin gemeinsam mit Kollegen Toni darum bemüht ist, "aus Verantwortungsgefühl für unsere junge, vielversprechende Kollegin" dafür zu sorgen, dass aus dieser "eine schöne und auch gesellschaftlich erfolgreiche Frau werden konnte", ist sie längst dabei, mit besagtem Toni anzubandeln. Schon lange denkt sie darüber nach, ihren Mann zu betrügen.

Der Seitensprung mit Toni jedoch endet recht jäh in beiderseitigem Brechdurchfall – die Leber im Restaurant war verdorben. Dieses letzte Kapitel zeigt nicht nur exemplarisch, wie bitterböse und lustig Bužarovska sein kann, es kristallisiert sich hier auch die Essenz des Bandes heraus: wie sich Menschen von gesellschaftlichen Normen und (vermeintlichen) Erwartungen treiben lassen – und dass ihr Unglück allzu oft schlicht aus Sprachlosigkeit resultiert.

Die Erzählerin im letzten Kapitel etwa ist seit 22 Jahren glücklich verheiratet, sie liebt ihren Mann. Aber statt ihm zu sagen, dass sie sich im Bett etwas anderes wünscht als "warm, aber langweilig", betrügt sie ihn. Bužarovskas Erzählband ist ein elegant und differenziert geschriebener, zutiefst feministischer und emanzipatorischer Blick auf eine (unsere!) patriarchale Gesellschaft – unbedingt zu empfehlen. (Andrea Heinz, ALBUM, 18.4.2021)