Am Anfang ist die Euphorie groß: Wir kaufen eine Wohnung! Doch dann gesellt sich zu dem Hochgefühl meist ein kleiner und doch schwerer Klumpen in der Magengegend. Denn in den meisten Fällen muss dafür über Jahrzehnte ein Kredit bei der Bank abgestottert werden. Auf diese Erkenntnis folgt meist die erste schlaflose Nacht. Damit es bei der einen Nacht bleibt, ist eine fundierte Vorbereitung essenziell.

Um bei der Wohnungssuche nicht zu viele Kompromisse einzugehen, empfiehlt es sich, bereits im Vorhinein festzulegen, was eine Wohnung leisten muss.
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  • Finanzierung: Wer von den eigenen vier Wänden zu träumen beginnt, sollte einen Realitätscheck machen. Und nichts holt Träumende so schnell auf den Boden der Tatsachen zurück wie ein Besuch bei der Hausbank. Sie besitzt Informationen über aktuelle Einkünfte und Ausgaben sowie Ersparnisse und gibt einen ersten Einblick über mögliche Kredithöhen. Wichtig ist, nicht das erste Angebot anzunehmen, sondern verschiedene Kreditanbieter zu vergleichen. Auch über fixe und variable Zinssätze sollte aufgeklärt werden. Immobilienexperte Paul Zödi erklärt zudem: "Ohne Eigenkapital wird es schwierig. Im Idealfall bringen Käufer 20 Prozent des Kaufpreises plus Nebenkosten mit."

  • Nebenkosten: Bevor der Gesamtkaufpreis für eine Wohnung festgelegt werden kann, sollten auch die Nebenkosten eingerechnet werden. Diese machen rund zehn Prozent des Kaufpreises aus. Zödi schlüsselt auf: "Ausgehend vom Kaufpreis sind 3,5 Prozent Grunderwerbsteuer und 1,1 Prozent Grundbucheintragungsgebühr zu bezahlen. 1,5 Prozent Umsatzsteuer verrechnet der Vertragserrichter im Schnitt." Dieser kümmert sich um die gesetzlich vorgeschriebene treuhändische Abwicklung. Sebastian Kampf vom Maklerbüro Newline empfiehlt, an dieser Stelle frühzeitig nach den Notarkosten zu fragen und Preise zu vergleichen. Sollte der Verkauf zudem über einen Immobilienmakler stattfinden, kann dieser zusätzlich 3,6 Prozent des Kaufpreises in Rechnung stellen – auch hier empfiehlt es sich zu verhandeln. Bei Fremdfinanzierung fällt zu guter Letzt eine Pfandrechteintragungsgebühr von 1,2 Prozent an, wenn sich die Bank als Kreditgeber ins Grundbuch eintragen lässt.

  • Wohnungssuche: Am unkompliziertesten verläuft die Wohnungssuche via Internet. "Auf einschlägigen Portalen ist das Angebot groß. Die Filtersuche hilft bei konkreten Wünschen", weiß Kampf. Da sich die meisten Menschen am Preis orientieren müssen, empfiehlt er, klar festzulegen, was die Wohnung unbedingt leisten muss und was nicht notwendig ist. Lage, Anbindung, Größe, Stockwerk, Außenfläche und Raumaufteilung sind individuelle Entscheidungen. "Tendenziell sollten die Kompromisse nicht zu groß werden." Wer, wie Kampf selbst, nur im Altbau glücklich ist, sollte nicht aus taktischen Gründen in einen Neubau ziehen.

  • Preisspiegel: geben Auskunft über Quadratmeterpreise in verschiedenen Bezirken Österreichs. Wer sich ein fundiertes Bild machen will, sollte Statistiken mit tatsächlich erzielten Preisen vergleichen – und nicht Angebotspreise.

  • Steigerungswert: "In erster Linie muss eine Wohnung die eigenen Emotionen und den eigenen Bedarf abdecken. Trotzdem soll sie auch perspektivisch werterhaltend und -steigernd sein", sagt Zödi. Eine Standortanalyse ist daher von Vorteil. Fragen, wie sich das Grätzel entwickeln wird, wie die Infrastruktur aufgebaut ist und ob sich Grünflächen in der Nähe befinden, sind essenziell. Zödi: "Wien ist die lebenswerteste Stadt der Welt, trotzdem sind manche Lagen unterbewertet. Für Wasser- oder Parklagen werden in anderen Städten doppelt bis dreimal so hohe Preise bezahlt. Das wird auch hier anziehen." Ein moderner Grundriss ist zudem von Vorteil, Außenflächen für eine Wertsteigerung unverzichtbar.

  • Neubau: Die Vorteile einer neu errichteten Wohnung: Die Wohnung ist auf dem neuesten Stand (smarte Grundrisse, geringer Energieverbrauch), und nach der Übergabe besteht eine Gewährleistung von drei Jahren. Wobei nach sechs Monaten eine Beweislastumkehr stattfindet und der Käufer fortan nachweisen muss, dass Mängel bereits bestanden haben. Die Nachteile: Neubauten sind meist teurer als gebrauchte Wohnungen, und da häufig während der Bauphase gekauft wird, besteht ein gewisses Risiko. Hilfreich ist, im Vorhinein zum Bauträger zu recherchieren und bei diesem Ansprechpartner für Mängel oder Sonderwünsche ausfindig zu machen. "So ist schnell klar, ob sich jemand zuständig fühlt", sagt Kampf. Außerdem: Zeit lassen bei der Übergabe und eine zweite Person mitnehmen. "Das muss kein Baumeister sein, aber vier Augen sehen mehr als zwei."

  • Bestandswohnung: Die Vorteile: "Österreichweit sind gebrauchte Wohnungen laut jüngsten Auswertungen um 38 Prozent billiger als Neubauten", weiß Zödi. Die Nachteile: Hier ist in der Regel eine Gewährleistung ausgeschlossen. Daher gilt: Augen auf! Kauf ist Kauf. Heizung, Elektrik und Bausubstanz sind unter die Lupe zu nehmen. Zödi empfiehlt vor Kauf eine Prüfung durch einen Sachverständigen sowie eine Evaluierung der Unterlagen, vor allem in Hinblick auf etwaigen Sanierungsrückstau des Gebäudes. Kampf: "Von einem etwaigen Sanierungsrückstau muss man sich keinesfalls abschrecken lassen. Wichtig ist aber das Wissen darüber. Niemand mag Überraschungseier." Auch das Baujahr zu kennen ist wesentlich. Denn Wohnungen, die vor dem 8. Mai 1945 bewilligt wurden, fallen jedenfalls in den Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes und unterliegen damit einem Mietendeckel. Die Höhe ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, in Wien liegt sie bei 5,81 Euro pro Quadratmeter. Dazu können aber noch Zu- und Abschläge kommen. "Auch danach gibt es für gewisse Bauten Einschränkungen, was die Miete betrifft, das ist individuell mit der zuständigen Behörde abzuklären, auch wenn nicht geplant ist, die Wohnung je zu vermieten", so Kampf. Ausschließen solle man diese Option nie.

  • Grundbuch: Ein Blick zeigt, ob die Immobilie mit Schulden belastet ist, und auch, wie sie gewidmet ist. "Das ist ein echtes Bauchwehthema", weiß Kampf. Er kenne Räumlichkeiten, die seit Jahren als Wohnung genutzt werden und auch so aussehen. De facto sind sie aber als Lager gewidmet. "Somit besteht keine Rechtssicherheit, und bei Umwidmung muss jeder einzelne Wohnungseigentümer des Hauses um Einverständnis gebeten werden." Auch die Baubehörde muss die Umwidmung genehmigen. Die Widmung ist auch im Wohnungseigentumsvertrag und Nutzwertgutachten zu lesen.

  • Wohnungseigentumsvertrag: Neben der Widmung findet sich hier Information, wer wofür wie viel bezahlen muss. Generell gilt: Fenster, Balkone und Terrassen sind Teil der Außenhaut des Gebäudes. Für Reparaturen muss die gesamte Eigentümergemeinschaft aufkommen, sofern keine Sondervereinbarungen bestehen.

  • Checkliste: Eigentum zu kaufen kostet Nerven. Damit nichts vergessen wird, ist eine Checkliste, die alle Punkte umfasst, hilfreich. (Julia Beirer, 21.4.2021)