2018 hatte ich die Gelegenheit, im Rahmen der Recherchen zu dem Buch "55 Jahre WWF Österreich" mit Winfried Walter zu sprechen, dem ehemaligen Geschäftsführer, der den WWF in Österreich maßgeblich mit aufgebaut hat. Er wusste einige Geschichten über Prinz Philip zu erzählen, denn er hat ihn mehrmals in kritischen Momenten bei Verhandlungen mit der österreichischen Politik um Hilfe gebeten – mit Erfolg. Oder, um Winfried Walter direkt zu zitieren: "Manchmal muss man mit einem Prinzen wacheln, damit was weitergeht. Gerade in Österreich."

Jeder hat seine Sicht auf Prinz Philip, Herzog von Edinburgh. Den aus den Gazetten, den aus den Verfilmungen des englischen Königshauses wie der Serie "The Crown", den, der offiziell als Mann der englischen Königin Elizabeth II präsentiert wurde. Es gibt die Erzählungen über seine wilde Familiengeschichte, über seinen Witz, seine rhetorischen Fehltritte, und zum Schluss sollte er wohl nicht mehr Auto fahren. Und Bizarres wie die Prinz-Philip-Bewegung, einen Cargo-Kult, der von den Einwohnern der Insel Tanna betrieben wird. Sie verehren ihn als eine Gottheit.

Prinz Philip bei einem Besuch der Stopfenreuther Au (späterer Nationalpark Donauauen) im Gespräch mit dem deutschen Naturfilmer Heinz Sielmann.
WWF Austria

Es gab aber auch den Mann, der seine Position als Präsident des WWF International auszunutzen wusste für den Naturschutz in vielen Ländern. Und der mit profundem Fachwissen, Diplomatie, medienwirksamen Auftritten auch hier in Österreich geholfen hat, dass zum Beispiel das Vogelparadies Lange Lacke erhalten blieb, dass der Kampf gegen das Kraftwerk Hainburg in den Donauauen gewonnen werden konnte. Und dass Österreich heute stolz auf seine Nationalparks sein kann.

WWF in der Schweiz gegründet

Um feststellen zu können, wie der WWF – der World Wildlife Fund – vor allem in seinen Anfangstagen funktionierte und warum es für seine Arbeit Prinzen bedurft hat, muss man sich ein wenig mit seiner Gründungsidee beschäftigen. Der WWF hat sich in London formiert und 1961 in der Schweiz gegründet, initiiert von ein paar Visionären rund um den Ornithologen und Wissenschafter Sir Peter Scott, Sohn des des legendären Antarktisforschers Robert Falcon Scott, und den damaligen Londoner Zoodirektor Sir Julian Huxley, der wiederum übrigens der Bruder des Schriftstellers Aldous Huxley war. Die Experten haben befunden, dass die Welt nicht mehr zusehen darf, dass bereits ein beispielloses Artensterben begonnen hat.

Prinz Philip mit Hans Frey (mit Bartgeier) vom WWF Österreich und einem unbekannten Herrn in der Mitte.
WWF Austria

Der WWF in Österreich gründete sich dann 1963, aus der Schweiz hat sich der Idee ein gewisser Luc Hoffmann angeschlossen, der erste Industrielle, der sich der Organisation aktiv widmete. Der Spross der gewichtigen Hoffmann-La-Roche-Dynastie war auch promovierter Zoologe, dessen Hauptinteresse zeitlebens dem Naturschutz galt. Und dessen Visionen und finanzielle Großzügigkeit unter anderem durch seine Verbindung zu dem bekannten Verhaltensforscher Antal Festetics für den WWF in Österreich bis heute wichtig sind.

Der elitäre Club 1001

Der Plan der Dachorganisation des WWF war also, den Artenschutz zu einer noblen Errungenschaft zu erheben, um ihn damit prestigeträchtig zu machen, damit Geld von denen geholt werden konnte, die sich das leisten können und wollen: den Reichen. Hier kommen die Prinzen ins Spiel. Im Sinne der Vernetzung in der obersten Liga ernannte der WWF zunächst Bernhard, Prinz der Niederlande, zum Präsidenten des WWF International. Dieser erfand 1970 den Club 1001. Die Idee war elitär, aber effizient. Er forderte 1000 andere Reiche dieser Erde auf, je 10.000 Dollar für den WWF zu spenden. Das brachte über Nacht zehn Millionen Dollar ein und ein mächtiges, hochrangiges Netzwerk an Kommunikatoren. Man beschloss explizit, keine Wissenschafter in die Organisation zu holen. Die sollten sich um die Naturschutzprojekte kümmern, die der WWF finanzierte.

Ebenfalls bei einer Bootsfahrt in der Stopfenreuther Au. Am Ruder sitzt Oberförster Josef Wimmer von den Österreichischen Bundesforsten.
WWF Austria

Es gab durchaus ein kritisches Auge auf den WWF. Er war vor allem in den Anfangsjahren als elitär verschrien, als Großwildjäger-Organisation, deren Mitgliedern nachgesagt wurde, dass sie sich um den Erhalt von schützenswerten Gebieten aus gewissem Eigeninteresse sorgten. Die Welt wäre ohne diese Verbindung von Leuten mit Geld, die etwas tun wollten, Wissenschaftern, die Visionen dazu hatten, und den Naturschützern, die unermüdlich dafür kämpften, wohl ärmer an bewahrten Gebieten und geretteten Arten – und dem Wissen darum. Heute ist der WWF in über hundert Ländern mit eigenen Büros vertreten und wird von fast sechs Millionen Menschen unterstützt.

Kompetenter Prinz

Man konnte also etwas bewegen, auf höchster Ebene. Prinz Bernhard trat 1981 zurück, ihm folgte schließlich Prinz Philip nach. Er war, so erzählt Winfried Walter, inhaltlich firmer als so mancher Projektleiter. Immer wieder ließ er sich einspannen, um für die Initiativen des österreichischen WWF zu werben. Sein Deutsch war gut, und er nutzte es – wenn er es wollte. Sein gewichtigstes Engagement in Österreich war rund um den geplanten, heißdiskutierten Kraftwerksbau in Hainburg.

Prinz Philip mit Winfried Walter über einer Karte der Donauauen.
WWF Austria

Anfang 1984 stand es Spitz auf Knopf, dass der damalige Bundeskanzler Fred Sinowatz das endgültige Okay dafür gibt, die Au roden zu lassen und ein Donaukraftwerk zu bauen. Der WWF Österreich beschloss spontan, im Mai 1984 einen Besuch von Prinz Philip in den Donauauen zu planen, um öffentliche Aufmerksamkeit zu generieren. In Windeseile schrieb Geschäftsführer Winfried Walter eine flammende Rede, die der Prinz dann vor Ort halten konnte. Philip war zu der Zeit irgendwo in indischen Gewässern unterwegs, auf dem Schiff seiner Frau, Königin Elizabeth II. Dort gab es sogar ein Faxgerät, eine Sensation damals. Also konnte der Prinz recht bequem Botschaften aus aller Welt erhalten.

Ein Fax aus Indien

Winfried Walter faxte dem Prinzen seinen Text zu und bekam ihn nach kurzer Zeit mit der Anmerkung zurück: "Sollte man nicht auf die Ramsar-Konvention zum Schutz der Donauauen aufmerksam machen? Immerhin hat Österreich 1983 dieses internationale Vertragswerk zum Schutz der Feuchtgebiete unterschrieben!" Der zuständige Geschäftsführer des WWF Österreich bekam glühende Ohren, Prinz Philip hatte natürlich recht, wichtiges Argument, hatte er vergessen. Winfried Walter war beeindruckt, dass Prinz Philip bei all den gesellschaftlichen Verpflichtungen in der Tiefe wusste, worum es ging im Rahmen seiner Tätigkeit für den WWF.

Sitzend von links Manfred Mautner Markhof (ehemaliger Präsident des WWF Österreich), Prinz Philip und Burgenlands Landeshauptmann Theodor Kery. Hinten links stehend Winfried Walter, ehemaliger WWF-Geschäftsführer, über den Tisch gebeugt Gustav Harmer.
WWF Austria

Schließlich gondelte der Prinz am 3. Mai 1984 in einer Zille durch die Stopfenreuther Au. Das gab schöne Bilder, im Fernsehen und vor allem auch in der "Kronen Zeitung", die damals einen sehr engagierten Zugang hatte, was den Umweltschutz betraf. Aber gab auch wichtige Fotos für die internationalen Medien, die so auf die prekäre Situation bei uns aufmerksam machen konnten. Viele Menschen in Österreich haben damals begonnen, stolz zu sein auf ihr Naturjuwel an der Donau.

Philip, so sind sich die Experten einig, trug viel dazu bei, dass öffentlicher Druck entstehen konnte. Und dass es Ende des Jahres schließlich zur legendären Besetzung der Au kam. Schließlich wurde durch die Kampagnisierung der "Kronen Zeitung" und den Protest der Bevölkerung, initiiert durch die Studentenbewegung, der Bau des Kraftwerks in Hainburg verhindert.

In ebendiesem Mai 1984 war Prinz Philip auch für einen weiteren Naturschutzpatienten in Österreich im Einsatz: die Lange Lacke, die größte von über 40 salzhaltigen Lacken im Seewinkel im Burgenland – ein Paradies für Wasservögel. Der WWF bemühte sich in diesen Tagen um eine Lösung wegen des drohenden Endes des 20-jährigen Pachtvertrags für die Lange Lacke, der 1985 auszulaufen drohte. Die Bauern der Gegend wollten das Gebiet nun endlich bewirtschaften, Vögel hin oder her.

Besuch am Opernball

Schon im Februar 1982 versuchte Philip persönlich guten Wind für die Sache zu machen. Er besuchte da sogar den Opernball, um dort vor dem gewichtigen Publikum eine Rede zu halten und um Spenden zu bitten. Die Sache mit den Spenden ging auf, man sammelte in einer halben Nacht an die 30.000 Euro. Die Medienberichte am nächsten Tag jedoch rankten sich zum Leidwesen des WWF eher um das Benehmen des betrunkenen Richard Burton, der auch am Opernball war und den man wegen Randalierens entfernen musste.

Prinz Philip bei einem Besuch der Marchauen, links von ihm der Wiener Limnologie-Professor Heinz Löffler, rechts von ihm Manfred Mautner Markhof.
WWF Austria

1984 also war Prinz Philip wieder an der Langen Lacke, mit Presse und Politikern. Und es war ihm schelmisch zumute. Er wurde bei der Besichtigung des Gebiets nicht müde, dem damaligen Landeshauptmann Theodor Kery vor Augen zu führen, wie wenig Ahnung er als Landesherr von den Naturschätzen des Burgenlands habe. Zu dessen Leidwesen noch dazu nicht auf Deutsch. So fragte er ihn recht spezifische Dinge, etwa nach dem Grund des merkwürdigen Ansetzens der Jagdzeit für Gänse, die ja so gar nicht im Einklang mit dem Naturschutz sei, und der Wasserbewegungen der rein regengespeisten Salzlacken. Theodor Kery hatte alle Hände voll zu tun, mit seinem mangelhaften Englisch in Würde zu kontern.

"Ridiculous paper"

In einem Vertrag sollten schließlich die Verpflichtungen des Landes für die Erhaltung der Langen Lacke festgelegt werden. Der Entwurf der burgenländischen Landesregierung war jedoch so vage, so voll von selbstverständlichen Plattitüden und frei von jeglicher Zusage seitens der Politik, dass Philip seine Unterschrift unter das "ridiculous paper" einfach verweigerte. Aber er machte zumindest vor den Medien gute Miene zum bösen Spiel. Er ließ Kery unterschreiben und auch die Vertreter des WWF Österreich – und schüttelte dann für die Fotografen alle Hände. Am Ende konnte doch genug lobbyiert werden, um die Lange Lacke zu schützen. Sie ist heute Teil der österreichischen Nationalparks, genauso wie die Stopfenreuther Au.

Der letzte offizielle Besuch des Prinzen in Österreich in seiner Funktion als Präsident des WWF International fand im Oktober 1993 anlässlich des 30-jährigen Bestehens des WWF Österreich statt. Zu diesem Anlass kritisierte er lautstark die ewigen Kraftwerkspläne, die immer noch auf dem Tisch lagen, und die enormen Gelder, die neuerlich investiert werden sollten. Man solle das letzte Stück freier Donau in Ruhe lassen. Er pochte auch direkt dem damaligen Kanzler Franz Vranitzky gegenüber auf die Einhaltung des Ramsar-Abkommens, das weltweit den Schutz von Feuchtgebieten regelte. Philip meinte, es gebe einfach keine Kraftwerksvariante, die mit einem Nationalpark oder mit Naturschutz zu vereinbaren wäre.

Ein wahrer Champion

1997 übergab Philip altersbedingt seinen Job als Präsident des WWF International an den Pakistaner Syed Babar Ali, war aber dem WWF zeitlebens weiter persönlich verbunden. In über 50 Jahren Engagement für den WWF besuchte er tausende Projektorte auf der ganzen Welt und sammelte viele Spendenmillionen. Und er reiste später noch in seiner Eigenschaft als Ehrenpräsident zu verschiedenen Gelegenheiten in Naturschutzgebiete, auch nach Österreich. Prinz Philip blieb, wie der WWF International in seinem Nachruf schreibt, "a champion for the environment". (Heidi List, 17.4.2021)