Länder wie Griechenland setzen schon lange auf den Kühlungseffekt von Weiß.

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Die Idee ist nicht neu: Schon seit Jahrhunderten sollen weiße Fassaden und Dächer Gebäude kühlen. In Griechenland sind die weiß-gestrichenen Häuser längst zum Nationalsymbol und zur Touristenattraktion geworden. Speziell in Zeiten des Klimawandels nimmt die Idee, durch Weiß Sonnenstrahlen zu reflektieren und damit Gebäude und Städte zu kühlen, in immer mehr Ländern und Städten Fahrt auf.

Eine neue Innovation könnte der Entwicklung weiter Antrieb verschaffen. Wissenschaftler der US-amerikanischen Purdue Universität stellten kürzlich eine Farbe vor, die weißer sein soll als alle bisherigen Weißs. Laut der Studie sei die Farbe in der Lage, 98 Prozent des Sonnenlichts und Infrarotwärme aus der Atmosphäre ins Weltall zu reflektieren. Auch bei starkem Sonnenlicht sollen dadurch Oberflächen um 4,5 Grad im Vergleich zur Umgebungstemperatur gekühlt werden können. Damit sollen künftig wesentlich mehr CO2-Emissionen gespart werden, die derzeit etwa für Klimaanlagen ausgestoßen werden und insgesamt der gesamte Planet gekühlt werden.

Andere Pigmente

Laut den Studienautoren würde ein circa 93 Quadratmeter großes Dach, das mit der Farbe bestrichen ist, einen Kühlungseffekt von zehn Kilowattstunden liefern. Ausschlaggebend für den Effekt seien laut den Wissenschaftlern die Pigmente, die für die Farbe verwendet werden. Statt gewöhnlichem Titanoxid komme Bariumsulfat zum Einsatz, das kein UV-Licht absorbiere. Zudem sei der Pigmentanteil höher als bei konventionellen Farben und die Größe der Pigmentpartikel variiere, um die höchste Lichtreflektion hervorzurufen.

Co-Autor der Studie Xiulin Ruan präsentiert ein Beispiel der weißen Farbe. Laut den Wissenschaftlern soll sie etwas weißer als Schnee wirken, Passanten aber nicht blenden.
Foto: Purdue University/Jared Pike

Laut den Forschern könnte die Farbe in den nächsten ein bis zwei Jahren auf den Markt kommen. Sie könne ähnlich hergestellt werden wie konventionelle Farben und soll am Ende nicht mehr kosten. Einige andere Experten sind allerdings skeptisch: Sie gehen davon aus, dass durch den hohen Pigmentanteil in der Farbe auch der Preis nach oben gehen würde.

Einige Fragen offen

Zudem stellt sich für einige die Frage, in welchen Mengen das Bariumsulfat zur Verfügung stehen könnte, das für die Produktion gebraucht wird. Bariumsulfat wird durch den Abbau des Minerals Baryt in Ländern wie China und Indien gewonnen. Demnach müssten zuerst die Emissionen, die beim Abbau verbraucht werden, mit den CO2-Einsparungen der Farbe gegengerechnet werden. Auch zur Frage, wie widerstandsfähig die Farbe gegenüber verschiedenen Wettereinflüssen ist, müssen noch Test gemacht werden.

Das Potenzial für die Technologie wäre jedenfalls groß. Würden dunkle Flächen systematisch mit weißere ersetzt werden, könnten so Temperaturmaximums während Hitzewellen in Städten um zwei Grad oder mehr reduziert werden, heißt es in einer Studie. Ob die Farbe auch eine Auswirkungen auf die Kühlung des gesamten Planeten hätte, ist noch unklar. Bisher kamen Studien zu dem Ergebnis, dass die breite Einführung "kühlender Dächer" kaum einen Einfluss auf die globale Temperatur hätte. (Jakob Pallinger, 16.4.2021)