Spitzenräuber, Superstar: T. Rex ist wohl der bekannteste Karnivore der Kreidezeit.

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Er zählte zu den größten landlebenden Fleischfressern aller Zeiten und gilt als Innbegriff des Spitzenraubtiers: Tyrannosaurus Rex. Kein anderer Dinosaurier brachte es posthum zu einer solchen Berühmtheit wie dieser Vertreter der Theropoda, der mit einer Körperlänge von zwölf Metern, einem Gewicht von bis zu neun Tonnen und einer Beißkraft von mindestens 35.000 Newton zweifellos ein äußerst furchteinflößender Jäger war. Selbst seine verkümmert anmutenden Ärmchen, die T. Rex heute immer wieder zur popkulturellen Zielscheibe von Spott machen, waren tödliche Werkzeuge. Sie konnten nicht nur an die 200 Kilogramm stemmen, sondern waren auch effektive Schlitzwerkzeuge.

Vermutlich ist T. Rex in Kinderzimmern rund um den Globus der präsenteste aller Dinosaurier. Wie viele dieser mächtigen Tiere aber einst die kreidezeitliche Erde unsicher machten, ehe sie vor rund 66 Millionen Jahren verschwanden, ist unklar. Fossilienfunde stammen vorwiegend aus dem westlichen Nordamerika, doch sie zeigen nur einen kleinen und zufälligen Ausschnitt der Populationsgeschichte dieser Giganten. Wissenschafter um Charles Marshall von der University of California in Berkeley haben nun eine statistische Abschätzung versucht, um herauszufinden, wie viele Tyrannosaurier es gegeben haben könnte.

21.000 Zeitgenossen

Für ihre Studie im Fachblatt "Science" nutzten Marshall und Kollegen das sogenannte Damuth-Gesetz, das nach dem US-amerikanischen Ökologen John Damuth benannt ist und eine Ableitung der Bevölkerungsdichte von Tieren aus physiologischen Informationen und ihrer ökologischen Stellung erlaubt. Je größer ein Tier ist und je höher sein Energiebedarf, desto weniger Exemplare können auf gleichem Raum ihr Auskommen finden. Bei Fleischfressern fällt die nachhaltige Populationsdichte im Vergleich zu Vegetariern noch geringer aus, wie sich auch an rezenten Tierarten (Homo sapiens inklusive) beobachten lässt: Um an genug Beute zu kommen, brauchen Karnivoren deutlich mehr Platz.

Das Ergebnis klingt auf den ersten Blick beeindruckend: An die 2,5 Milliarden Exemplare könnte es demnach im Verlauf der späten Kreide gegeben haben. Verteilt über das gesamte Verbreitungsgebiet des T. Rex und über 127.000 Generationen dürften aber im Schnitt nie mehr als 21.000 Individuen zeitgleich existiert haben. Man hätte demnach also schon Pech haben müssen, einem T. Rex zu begegnen.

Die Wissenschafter werteten zahlreiche Studien zur Physiologie der Raubsaurier aus und ließen die Daten in ihr Berechnungsmodell einfließen. So wurde etwa die Geschlechtsreife der Tiere auf 15,5 Jahre eingeschätzt, die maximale Lebensdauer auf etwa 30 Jahre. Die durchschnittliche Körpermasse der Dinosaurier wurde mit 5,2 Tonnen angegeben, für Tiere, die ihre Geschlechtsreife erlebten, mit sieben Tonnen. In ihrem Modell errechneten Marshall und Kollegen eine durchschnittliche Generationszeit von etwa 19 Jahren – und kamen auf eine Verbreitung von einem T. Rex pro 110 Quadratkilometer. Auf der Fläche Wiens hätten demnach keine vier Exemplare ausreichend Lebensraum gefunden.

Große Unsicherheiten, spannender Anfang

Hochgerechnet auf das gesamte bekannte Verbreitungsgebiet von T. Rex, das etwa 2,3 Millionen Quadratkilometer umfasst, würde sich die Koexistenz von knapp 21.000 dieser Raubsaurier ausgehen. Über die Zeitspanne von rund 2,4 Millionen Jahren, in der T. Rex den fossilen Daten zufolge lebte, könnte es demnach 127.000 Generationen und insgesamt rund 2,5 Milliarden Individuen gegeben haben.

Die Betonung liegt bei allen genannten Zahlen auf "könnte": Die Wissenschafter merken ausdrücklich an, dass ihre Berechnung mit großen Unsicherheiten verbunden ist und vor allem eine Grundlage für weitere Untersuchungen bilden soll. Die Forscher hoffen jedenfalls, mit ihrer Studie eine Diskussion über das Potenzial von Populationsmodellen auf Grundlage des Damuth-Gesetzes für die Paläontologie anzustoßen. "Das könnte ein Weg sein, zu quantifizieren, was wir nicht wissen", sagte Marshall. (David Rennert, 17.4.2021)