Schlecht gedämmte Gebäude sind im Winter kalt und kühlen im Sommer nicht ab. Das wird besonders für ältere Menschen zum Problem.

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Zwar stiehlt ihr derzeit die Corona-Krise die Show. Aber auf die Klima-Krise darf nicht vergessen werden, war man sich jüngst beim digitalen Symposium des Vereins für Wohnbauförderung (vwbf) zum Thema "Klimawende im Wohnbau. Ist das zu schaffen?" einig.

Der Wohnbau ist einer der großen Hebel auf dem Weg zur Klimaneutralität. Das bedeutet, dass Bestandsgebäude im großen Stil saniert werden. Außerdem braucht es den Umstieg auf erneuerbare Energien für immer noch 600.000 Öl- und über 900.000 Gasheizungen. Die Kosten für das hehre Ziel werden nicht alle Haus- und Wohnungsbesitzer stemmen können. Sie dürfen auch nicht einfach auf Mieterinnen und Mieter abgewälzt werden.

Mehr Sanierungen

Der Staat macht 2021/22 rund 650 Millionen für eine Sanierungsoffensive locker und sieht 100 Millionen Euro für "Raus aus Öl und Gas" vor. Derzeit gebe es Diskussionen mit den Bundesländern, eine niederschwellige Förderschiene für besonders einkommensschwache Haushalte zu entwickeln. Ihnen sollen die Vollkosten des Heizungsumstiegs finanziert werden, berichtete Jürgen Schneider vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation, Technologie.

Besonders große Hoffnungen legen viele auf die Fernwärme. Allerdings sei auch hier eine Dekarbonisierung nötig, weil noch 50 Prozent davon aus fossilen Brennstoffen stammen. Und noch etwas führte Schneider ins Treffen: "Die Energiewende funktioniert nicht, indem man fossile Energie eins zu eins mit erneuerbarer Energie ersetzt." Der Energieverbrauch müsse insgesamt gesenkt werden.

Die gemeinnützigen Bauträger hätten zwar schon viele ihrer Aufgaben erfüllt, resümierte Michael Gehbauer, Obmann des Vereins für Wohnbauförderung. Wohnbauten mit einem Baujahr bis 1980 seien mittlerweile beinahe lückenlos saniert. "Trotzdem müssen diesem Schritt weitere folgen."

Hohe Sanierungskosten

Zwar scheint 2040 noch weit weg zu sein. Vieles muss aber jetzt auf Schiene gebracht werden. "Es strömt genug Geld in die Immobilienwirtschaft, aber man muss es kanalisieren, damit es in die Sanierung geht", sagte Hans Jörg Ulreich, Bauträgersprecher in der Wirtschaftskammer, bei der Veranstaltung. Derzeit geschehe das nicht. Das führt Ulreich auf das Mietrecht zurück, das die Mieten im Altbau deckelt.

Über sieben Euro Miete komme man so im Altbau nicht hinaus, dem gegenüber stehen laut Ulreich aber Kosten von 3500 Euro pro Quadratmeter bei einer durchgreifenden Sanierung. Daher plädiert der Bauträgersprecher für "ehrliche Anreize": Eine thermisch sanierte Wohnung in einem thermisch sanierten Haus sollte bei Neuvermietungen marktüblich vermietet werden dürfen. "Dann würde ein Sanierungsboom ausbrechen, den wir noch nie hatten", so Ulreich.

Vwbf-Obmann Gehbauer sieht den Ansatz kritisch: Es sei niemandem geholfen, wenn sich das Wohnen im sanierten Gründerzeithaus dann viele nicht mehr leisten können und sie so aus den Vierteln verdrängt werden.

Rechtliche Änderungen

Nicht nur im Mietrecht, auch im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) sieht Peter Kraus von den Wiener Grünen viel Verbesserungspotenzial für den Klimaschutz. Und er machte auch gleich eine Ankündigung: "Es wird im Moment mit guten Erfolgsaussichten daran gearbeitet", so Kraus, demnächst werde Türkis-Grün diesbezüglich auch etwas vorlegen.

Allerdings darf nicht auf Einfamilienhäuser vergessen werden, die einen beträchtlichen Teil des Gebäudebestands ausmachen. Auch hier braucht es finanzielle Unterstützung, betonte Renate Hammer, Geschäftsführerin der Building Research & Innovation ZT-GmbH: "Ich kenne viele wirklich dramatische Fälle von alten Menschen in Einfamilienhäusern", berichtete sie. "Das sind oft arme Menschen, die in einem Immobilienschatz sitzen."

Sie plädiert auch dafür, das Potenzial der Außenräume zu erkennen und diese in die Sanierung einzubeziehen. Die Nutzung des öffentlichen Raums sei hierzulande nicht so weit verbreitet. Grünen-Politiker Kraus wusste von einer betagten Nachbarin zu berichten, die im Sommer zur Abkühlung in den Supermarkt geht. Nicht alle Wohnräume seien für Hitzesommer geeignet, die Möglichkeit zur Abkühlung werde zur sozialen Frage.

Beim Bauträger WBV-GPA denkt man mittlerweile darüber nach, Gemeinschaftsräume in Wohnhausanlagen zu kühlen, berichtete Michael Gehbauer: "Das sind konkrete Überlegungen, die nun knapp vor einer Umsetzung stehen." Denn der nächste Hitzesommer steht schon vor der Tür. (Franziska Zoidl, 30.4.2021)