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Von Pandemie keine Spur: Containerladungen made in China gehen am laufenden Band in alle Welt.

Foto: Reuters / Aly Song

Die Zahlen sind selbst für chinesische Verhältnisse und ihren ständigen Hang zu Superlativen beeindruckend: Um 18,3 Prozent ist die chinesische Wirtschaft im ersten Quartal dieses Jahres gewachsen. Es ist der größte Anstieg, seitdem man vor 30 Jahren begann, das BIP-Wachstum in Quartalen zu messen. Das ist umso erstaunlicher, da die Weltwirtschaft unter der Pandemie ächzt.

Bei genauerem Hinsehen relativiert sich die Zahl jedoch wie so oft etwas. Der Anstieg bezieht sich auf das Vorjahresquartal, also nicht auf die letzten drei Monate 2020, sondern auf den Zeitraum von Jänner bis April 2020. Just zu dieser Zeit war China von der Corona-Pandemie und dem ultraharten Lockdown in Wuhan betroffen, während ein Großteil der Welt gerade erst begann, das Coronavirus ernst zu nehmen.

Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt war damals fast völlig zum Stillstand gekommen, die Provinz Hubei mit der Hauptstadt Wuhan von der Außenwelt abgeriegelt. Die Maßnahmen führten damals zum stärksten Wirtschaftseinbruch seit 30 Jahren – einem Minus von 6,8 Prozent. Bis zu 70 Millionen Chinesen waren zu dieser Zeit vorübergehend ohne Arbeit.

Strenge Maßnahmen

Doch nach dem Missmanagement in den ersten Wochen der Pandemie reagierte die Kommunistische Partei, so wie sie es am besten kann: radikal, autoritär und totalitär. Ende März schloss Peking faktisch seine Grenzen. Wer seitdem trotzdem noch in die Volksrepublik will, muss sich einer strikten zweiwöchigen Quarantäne in einem staatlich ausgesuchten Hotelzimmer und mehreren Corona-Tests unterziehen. Damit ist es Peking gelungen, die Pandemie unter Kontrolle zu bringen – zumindest, wenn man den offiziellen Zahlen Glauben schenkt. Zwar kommt es trotz dieser Kontrollen immer wieder zu lokalen Ausbrüchen (die, folgt man dem Regierungsnarrativ, eigentlich nicht zu erklären sind), aber die chinesische Wirtschaft läuft wieder.

Wer derzeit in Schanghai, Peking oder Guangzhou lebt, könnte glatt vergessen, dass im Rest der Welt eine Pandemie wütet. Die Restaurants, Bars, Cafés, Kinos und vor allem Shoppingmalls sind seit Monaten geöffnet. Die Chinesen konsumieren und kurbeln die heimische Wirtschaft an. So stiegen die Umsätze im Einzelhandel im März im Vergleich zum Vorjahresmonat um 34,2 Prozent. Für die Kader in Peking ist dies auch ein willkommener Testfall für die neue Strategie "der zwei Kreisläufe". In den kommenden Jahren soll die Binnenwirtschaft unabhängiger vom Handel mit dem Ausland werden. Gleichzeitig soll ein zweiter Wirtschaftskreislauf weiterhin mit den globalen Handelsströmen verflochten bleiben. Damit bereitet sich die Volksrepublik auf das von Washington propagierte "Decoupling", die Entflechtung des Handels mit China und das Umleiten der globalen Lieferketten auf andere Länder Asiens vor.

Starkes Jahresplus erwartet

Der neue Aufschwung Chinas dürfte nachhaltig sein, wenn auch nicht in diesem Tempo weitergehen. Für das zweite Quartal erwartet man ein moderates Wachstum von sieben Prozent, für das Gesamtjahr sollen es rund acht Prozent werden. Die im Fünfjahresplan anvisierten Wachstumsziele der Partei liegen bei sechs Prozent. Das Wachstum aber kommt zu einem hohen Preis. Während die chinesische Staatsverschuldung relativ niedrig ist, gelten die Verschuldung privater Unternehmen und die lokaler Regierungen als höchst problematisch.

Die asiatischen Börsen haben nach Bekanntgabe der beeindruckenden Konjunkturdaten aus Peking zugelegt, konnten die Verluste der Woche aber nicht wettmachen. (Philipp Mattheis aus Peking, 17.4.2021)