Man ist ja sehr bescheiden geworden nach einem Jahr Pandemie. Raus ins Grüne, irgendwo mit Freunden etwas essen, vielleicht ein Konzert hören im Freien. Mehr muss es gar nicht sein für den Anfang. Im Sommer, wenn es warm wird, dann vielleicht mit Familie ein paar Tage an den See fahren oder hinauf auf den Berg. Vielleicht geht sich irgendwann sogar ein Abstecher ans Meer aus, wer weiß. Apropos – wie schmeckt das Meer eigentlich?

Es ist tatsächlich lange her, dass wir ungehindert reisen und Urlaub machen konnten, wo immer und wann immer uns danach war. Wird das im heurigen Sommer wieder der Fall sein?

Im Sommer, so die Hoffnung, könnte grenzüberschreitendes Reisen ohne Quarantäneverpflichtung wieder möglich werden in Europa – dem grünen Pass sei Dank.
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Ja, es sieht ganz danach aus. Die Hotels, so hört man, könnten nach mehr als einem halben Jahr verordneter Sperre um Pfingsten herum wieder aufsperren. Im Sommer, so die Hoffnung, könnte dann auch grenzüberschreitendes Reisen ohne Quarantäneverpflichtung wieder möglich werden in Europa – dem grünen Pass sei Dank. Dafür hat sich Österreich stark ins Zeug gelegt und eine Allianz mit anderen tourismusintensiven Ländern geschmiedet. Die am Handy installierbare App soll Corona-Impfung, Negativtest oder eine überstandene Erkrankung dokumentieren und wieder freie Fahrt durch Europa ermöglichen.

Aber nein, einen normalen Sommer wie vor Corona mit all den Freiheiten, die es gab, das wird es auch im Jahr zwei der Pandemie nicht spielen. Aber das erwartet ohnedies niemand ernsthaft.

Wir alle sind inzwischen konditioniert darauf, keine Hände zu schütteln, gehörig Abstand zu halten und Maske zu tragen, neuerdings sogar im Freien, wenn zu viele Menschen beisammen sind. Wir haben uns vielem Nötigen untergeordnet und viel Unnötiges mitgetragen. Das ist der Preis, um physisch möglichst unbeschädigt durch die Pandemie zu kommen.

Lust aufs Reisen

Die Lust aufs Reisen jedenfalls scheint ungebrochen. Darauf deuten sämtliche Umfragen hin. Einfach wieder raus und weg: Dieser Wunsch ist durch die lange Abstinenz offenbar noch viel stärker geworden. Und dennoch wird heuer kein Supersommer werden, wie ihn viele erhoffen, weder für die Hoteliers noch für die Gäste. Das liegt unter anderem an der mangelnden Planbarkeit, was mittlerweile fast ebenso an den Nerven zehrt wie die Pandemie selbst.

Gut ein Jahr nach Verhängung des ersten Lockdowns hat es die Politik in Abstimmung mit der Wissenschaft noch immer nicht geschafft, nachvollziehbare, transparente Kriterien für das Aufsperren von Hotellerie, Gastronomie und Handel zu formulieren. Es gibt keine Zahl, keine Farbe, an der sich Betroffene orientieren und entsprechend disponieren könnten. Mitarbeiter in Tourismusbetrieben flüchten in andere Branchen, weil sie nach monatelangem Hinhalten mit der Geduld und manchmal auch mit dem Geld am Ende sind. Selbst Gäste verlieren allmählich die Nerven, wenn sie nach dreimaliger Verschiebung ihrer Buchung ein viertes Mal um Geduld gebeten werden, weil entgegen Zusagen doch nicht aufgesperrt werden kann.

Natürlich könnten die politisch Verantwortlichen solche Kriterien benennen und statt eines Datums eine Inzidenzzahl als Maß definieren, ab wann unter üblichen Sicherheitsauflagen aufgesperrt werden kann. Dazu bräuchte es aber Leadership. Und die ist offenbar in diesem Punkt nicht vorhanden. (Günther Strobl, 17.4.2021)