Ich weiß es einfach nicht. Zugegeben, das ist ein ungewöhnlicher Beginn, vielleicht sogar ein historischer. Mit dem Satz hat noch kein STANDARD-Kommentar angefangen. Keine Ahnung, ob es höchste Zeit ist, aber vielleicht sollten sich generell mehr Menschen trauen, manchmal eine Unsicherheit oder ihr Nichtwissen einzugestehen – und nicht immer eine Meinung zu haben und kundzutun. Schließlich wissen garantiert alle viel mehr nicht, als sie wissen.

Was ich, neben vielem anderen, nicht weiß? Ob die Olympischen Spiele in Tokio ab 23. Juli stattfinden sollen. Sie waren 2020 geplant und mussten Corona-bedingt auf heuer verlegt werden. Doch es bleibt ungewiss, ob der Plan aufgehen wird. In Japan befinden sich die Corona-Infektionszahlen im Steigflug, das Land steht vor einer vierten Pandemiewelle. Zuletzt wurde der Fackellauf in Osaka unterbrochen. Mediziner warnen, die Spiele könnten zum Superspreader-Ereignis werden und neue Virusvarianten hervorbringen.

Die Olympischen Spiele in Tokio waren 2020 geplant und mussten Corona-bedingt auf heuer verlegt werden. Doch es bleibt ungewiss, ob der Plan aufgehen wird.
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Da kann man verstehen, dass fast drei Viertel der japanischen Bevölkerung für eine Absage oder eine nochmalige Verschiebung der Spiele plädieren. Und ich würde oder will mich gerne solidarisch erklären und dagegen verwehren, dass Zehntausende aus aller Welt für zwei, drei Wochen nach Japan reisen – noch dazu, wo dort bis dato nicht einmal ein Prozent der Bevölkerung eine Erstimpfung erhalten hat.

Ich bin aber auch Sportjournalist. Deshalb zerreißt es mich förmlich. Eine Absage der Spiele, das ist mir klar, hätte weitreichende Folgen für viele Sportlerinnen und Sportler, die sich mittlerweile fünf Jahre lang vorbereitet haben, sowie für Verbände und selbst kleinere Vereine in Österreich. Sie sind auch auf Förderungen angewiesen, die im Zusammenhang mit jenem großen Geldtopf stehen, der sich vor allem aus TV- und Werbeeinnahmen bei Großevents füllt.

Das Tolle an Olympischen Spielen ist, dass dort einmal nicht der Fußball dominiert, sondern sich alles um so faszinierende Sportarten dreht wie Bogenschießen, Wasserspringen, Badminton, Fechten, Segeln, Hockey, Turnen, Rudern und, und, und, und, und. Für all diese Disziplinen wäre ein Ausfall der Spiele besonders schade. Klar ist, dass Tokio auf ausländische Fans und also Flair verzichten müsste. Das ist schon beschlossene Sache, und dennoch wackeln die Spiele immer mehr. Ob sie stattfinden können? Das weiß heute niemand. (Fritz Neumann, 17.4.2021)