Der Lubjanka-Platz, 500 Meter Luftlinie vom Roten Platz entfernt, und Sitz des Geheimdienstes.

Foto: Alexander NEMENOV / AFP

Moskau/Kiew – Inmitten der wachsenden bilateralen Spannungen hat der russische Inlandsgeheimdienst FSB einen ukrainischen Diplomaten in Sankt Petersburg festgenommen und am Samstag des Landes verwiesen. Die Ukraine reagierte mit der Ausweisung eines in Kiew tätigen russischen Diplomaten.

Ukraine: "Provokation"

Der FSB erklärte, der ukrainische Konsularbeamte habe versucht, an geheime Informationen aus den Datenbanken der russischen Strafverfolgungsbehörden zu gelangen. Das sei unvereinbar mit dem Status eines Diplomaten. Russlands Außenministerium teilte mit, der Mann müsse das Land bis zum 22. April verlassen. Das ukrainische Außenministerium sprach von einer Provokation und wies die Vorwürfe zurück.

Konflikt spitzt sich zu

Die Spannungen im Konflikt zwischen der Regierung in Kiew und von Russland unterstützten Separatisten im Osten der Ukraine haben zuletzt zugenommen. Russland hat nach ukrainischen Angaben an der Grenze mehr als 40.000 Soldaten zusammengezogen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am Freitag mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel darüber beraten und sich zu Friedensgesprächen mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin bereiterklärt.

In dem seit 2014 andauernden Konflikt mit pro-russischen Separatisten in der Ost-Ukraine wurden mehr als 13.000 Menschen getötet. Im Juli vergangenen Jahres hatten sich die Konfliktparteien auf einen Waffenstillstand geeinigt. Seit Mitte Februar gibt es aber verstärkte Kampfhandlungen, die den ohnehin fragilen Waffenstillstand untergraben. Moskau und Kiew machen sich gegenseitig dafür verantwortlich.

Nato-Kritik an Russlands Plänen

Die Nato kritisierte am Freitagabend russische Pläne, die Schifffahrt im Schwarzen Meer teilweise einzuschränken. Dies sei ein "ungerechtfertigter Schritt und Teil eines größeren Musters von destabilisierendem Verhalten durch Russland", erklärte eine Sprecherin und verlangte von Russland eine freie Schiffsdurchfahrt zu den ukrainischen Häfen am Asowschen Meer.

Die Erklärung der NATO erfolgte kurz nach der Ankündigung Russlands, ab dem 24. April bis Ende Oktober die Durchfahrt ausländischer Militärschiffe durch drei Wasserstraßen in der Nähe der Krim-Halbinsel einzuschränken. Dies gelte auch für andere Schiffe in staatlichem Besitz, zitierte die Nachrichtenagentur Ria Nowosti das russische Verteidigungsministerium. Russland hatte die Krim im März 2014 annektiert.

Zudem schickte Russland 15 Kriegsschiffe für ein Manöver ins Schwarze Meer. Sie hätten am Samstag die Meerenge von Kertsch an der Halbinsel Krim passiert, teilte die Marine der Agentur Interfax zufolge mit. Wie lange die Übungen dauern werden, wurde zunächst nicht gesagt. Zuvor hatten die USA nach Beschwerden Russlands die Entsendung zweier Kriegsschiffe ins Schwarze Meer türkischen Angaben zufolge abgesagt.

EU-Mitarbeiter: "Besorgniserregend"

Ein hochrangiger EU-Mitarbeiter, der anonym bleiben wollte, nannte die Entwicklung "sehr besorgniserregend". "Das ist ein weiterer Schritt der russischen Regierung, der in die falsche Richtung geht", sagte er. Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, erklärte, Russland begründe die Pläne mit der Vorbereitung von Militärübungen. Allerdings sei Russland immer wieder "aggressiv" gegen ukrainische Schiffe vorgegangen und behindere den internationalen Schiffsverkehr im Schwarzen Meer, vor allem an der Straße von Kertsch.

Die Pläne des russischen Verteidigungsministeriums beziehen sich auf die westliche Spitze der Krim, den Abschnitt von Sewastopol bis Hursuf und ein "Rechteck" vor der Halbinsel Kertsch. Dieser Bereich ist besonders umstritten, weil die Meerenge von Kertsch das Schwarze Meer mit dem Asowschen Meer verbindet. Über diesen Schifffahrtsweg wickelt die Ukraine ihre Getreide- und Stahlexporte ab.(APA, 17.4.2021)