Im Streit um die Kanzlerkandidatur der Union wächst in der CDU-Spitze der Unmut über CSU-Chef Markus Söder.

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Im Streit um die Kanzlerkandidatur der Union wächst in der CDU-Spitze der Unmut über CSU-Chef Markus Söder. Die frühere CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer warf Söder mangelnden Respekt vor der großen Schwesterpartei und deren Gremien vor. Sowohl CDU-Präsidiumsmitglied Daniel Caspary als auch die Vorsitzende der Frauen-Union (FU), Annette Widmann-Mauz, sprachen sich für CDU-Chef Armin Laschet aus.

Drohung nach Bayern

Der Europapolitiker Dennis Radtke brachte sogar eine Ausdehnung der CDU nach Bayern ins Spiel, womit beide Parteien um dieselben Wählerstimmen konkurrieren würden. "Wenn Söder die Kanzlerkandidatur erzwingen will, wenn er die CDU zerstören will, dann darf die Gründung der CDU in Bayern kein Tabu mehr sein", sagte der stellvertretende Vorsitzende des Arbeitnehmerflügels der Union (CDA) dem ZDF.

Mit dieser Drohung hatte 1976 der damalige CDU-Vorsitzende Helmut Kohl einen Machtkampf mit CSU-Chef Franz Josef Strauß für sich entschieden. Auch im Streit der Schwesterparteien in der Flüchtlingskrise 2016 hatte es Überlegungen gegeben, die CDU nach Bayern auszudehnen.

Einigung nach wie vor offen

Am Samstagabend zeichnete sich noch keine Einigung zwischen Laschet und Söder ab. Beide beharrten auf ihrem Anspruch auf die Kanzlerkandidatur für beide Unionsparteien. Ein Gespräch zwischen Laschet und Söder war einem "Welt"-Bericht zufolge in der Nacht auf Samstag ohne Einigung zu Ende gegangen. In CDU-Kreisen hieß nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters, dass Laschet und Söder in "guten Gesprächen" seien. In der CSU war von "konstruktiven" Gesprächen die Rede.

Warnung vor Spaltung

Das thüringische CDU-Bundesvorstandsmitglied Mike Mohring warnte vor einer anhaltenden Spaltung der Partei – und sprach sich ebenfalls für Laschet aus. "Mit jedem weiteren Tag verfestigen sich an der Basis, in den Vorständen und Fraktionen die unterschiedlichen Positionen", sagte Mohring zu Reuters mit Verweis darauf, dass vor allem die CDU in der Frage gespalten sei.

Der rheinland-pfälzische Vize-Landesvorsitzende Christian Baldauf forderte eine Konferenz der CDU-Kreisvorsitzenden. Diese würden "eher (ein) repräsentatives Bild der Stimmung im Land und in der Partei" abbilden, sagte das Mitglied im CDU-Bundesvorstand. Im Vorstand seines Kreises Rheinhessen-Pfalz habe es eine deutliche Mehrheit für den CSU-Chef gegeben.

Laschet und Söder hatten eine Klärung der K-Frage bis zum Wochenende angekündigt. Wann und wie eine Einigung zustande kommen könnte, blieb aber zuletzt unklar. In CDU-Kreisen wird vermutet, dass Söder auf eine Entscheidung in der Unions-Bundestagsfraktion kommenden Dienstag spekulieren könnte. Dort hätte der bayerische Ministerpräsident wohl eine deutliche Mehrheit. Unter seinen Anhängern wird bereits eine Unterschriftenliste vorbereitet, mit der Abgeordnete eine Abstimmung erzwingen wollen, sollte es am Wochenende nicht zu einer Einigung kommen.

Sowohl Laschet als auch andere CDU-Spitzenpolitiker hatten aber bereits abgelehnt, dass die Fraktion die Entscheidung treffen soll. Zum einen scheiden etliche Abgeordnete aus dem Bundestag aus. Zum anderen wies der nordrhein-westfälische Ministerpräsident darauf hin, dass es viele Kandidaten für den Bundestag gebe, die der derzeitigen Fraktion gar nicht angehörten.

Unmut gegenüber Söder wächst

In der CDU meldeten sich immer mehr Politiker zu Wort, die Söder kritisierten. "Umfragewerte schwanken. Auf sie lässt sich nicht fest bauen, auf feste Grundsätze und Überzeugungen kommt es an", sagte Integrations-Staatsministerin Widmann-Mauz der "Rheinischen Post". Der CSU-Chef solle nun zu seinem Wort stehen und zu einer gemeinsamen Entscheidung kommen.

Am Freitag hatten sich neben CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak auch die Ministerpräsidenten von Hessen und Schleswig-Holstein, Volker Bouffier und Daniel Günther, Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble sowie Spitzenpolitiker aus mehreren Landesverbänden wie Bremen, Hessen und Nordrhein-Westfalen hinter Laschet gestellt. "Fakt ist, dass die CSU-Kanzlerkandidaten immer Steigbügelhalter für SPD-Kanzler waren", sagte die frühere Bundesforschungsministerin Annette Schavan der "Bild am Sonntag".

Allerdings setzte sich Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff und Saarlands Landeschef Tobias Hans indirekt von Laschet ab und betonte wie Söder die Bedeutung von Umfragewerten bei der Auswahl des Kandidaten. Laut dem neuen ZDF-Politbarometer halten 72 Prozent der Unions-Anhänger Söder für den geeigneteren Kanzlerkandidaten und nur 17 Prozent Laschet. Widerstand könnte neben der Bundestagsfraktion auch aus der Jungen Union kommen. Dort sollen sich zwölf der 18 JU-Landesverbände für Söder aussprechen wollen. (Reuters, 17.4.2021)