Seit Jahren setzt sich Hayley Hasselhoff (Mitte) für Diversität auf Laufstegen und im Modelbusiness ein. Hier protestierte sie 2018 mit Kolleginnen vor der Londoner Fashion Week gegen die kleinen Größen den Mainstream-Models.

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Die Schlagzeilen über das aktuelle deutsche "Playboy"-Cover sind teilweise an Dramatik kaum zu überbieten. Das Model Hayley Hasselhoff habe mit dem Cover der Mai-Ausgabe "Geschichte" geschrieben, heißt es unter anderem. Nicht weil sie sich dort teilweise nackt zeigt, sondern weil die 28-Jährige deutlich mehr Gewicht hat als alle anderen bisherigen "Playboy"-Covermodels, zumindest jene der deutschen Ausgabe. In der US-Ausgabe des Männermagazins bekam bereits Molly Constable als erstes Curvy Model eine Fotostrecke. Als Curvy Model oder auch Plus-Size-Model werden Models bezeichnet, die eine größere Konfektionsgröße als die für Models übliche tragen, also jenseits der Größe 32 oder 34. Als Plus-Size-Model gilt schon, wer Größe 40 oder 42 trägt, was in vielen Ländern allerdings die Durchschnittsgröße bei Frauen ist.

Hayley Hasselhoff (28) modelt, seit sie 14 ist.
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Plus-Size-Models weichen – abgesehen von mehr Gewicht – meist auch kaum von den üblichen Schönheitsidealen ab. Auch das betreffende "Playboy"-Cover macht hier keine Ausnahme. "In einem patriarchal-kapitalistischen System wird weibliche Sexualität so lange gefeiert, solange man mit einer stark kontrollierten, normierten Form dessen Produkte verkaufen kann", sagt die Kulturwissenschafterin Elisabeth Lechner auf die Frage des STANDARD, wie sie das politische Potenzial dieser Bilder einschätzt. Kann damit das herkömmliche Schönheitsideal gebrochen werden, unter dem auch Hayley Hasselhoff selbst massiv gelitten hat?

Mobbing und Bodyshaming

Die Tochter der Schauspieler*innen David Hasselhoff ("Baywatch", "Knight Rider") und Pamela Bach ("The Young and the Restless") begann schon mit 14 Jahren ihre Karriere als Plus-Size-Model. In Interviews erzählt sie, dass sie jahrelang Mobbing und Bodyshaming ausgesetzt gewesen sei. Als Teenager habe sie teils Angst davor gehabt, in die Schule zu gehen. Als nunmehr erfolgreiches Model setze sie sich heute für diversere Körperbilder ein, auch die "Playboy"-Fotos würden Diversität und Body Positivity befördern. Sie seien "für all die Frauen da draußen, die kurviger sind und ihre Körper oder ihre Lust infrage gestellt haben", sagt Hasselhoff im dazugehörigen "Playboy"-Interview. In einem anderen Interview sprach sie davon, dass sie anderen Frauen mit Bildern wie diesen einen Weg ebne. Es sei eine "fantastische Chance für Frauen, um sich begehrt zu fühlen und ihren eigenen Körper zu feiern".

Allerdings weichen die Bilder kaum von herkömmlichen "Playboy"-Bildern ab. Es sind somit sehr konventionelle Vorstellungen davon, wie ein Körper aussieht, der als begehrenswert gilt. Die Proportionen weichen im Grunde nur ein paar Kilos von dem ab, was seit vielen Jahrzehnten als "sexy" verkauft wird.

Es tut sich somit eine sichtliche Kluft auf: Auf der einen Seite spricht man von "Selbstermächtigung" der Frauen durch Bilder wie diese, auf der anderen erscheinen sie in einem Magazin, das wie kein anderes für rückschrittliche Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit steht, in einem Magazin, für das Frauen in erster Linie "Pin-ups" sind.

Offene Fragen zur Machtverteilung

"Das feministische Engagement einer Person ist nicht im Grad ihrer An- oder Ausgezogenheit messbar", schickt Elisabeth Lechner voraus. Sie befasst sich seit Jahren intensiv mit Körperpolitiken, soeben ist ihr Buch "Riot, Don't Diet! Aufstand der widerspenstigen Körper" erschienen. "Nacktheit mag für die eine empowernd sein, während die andere durch ihren Hijab Selbstbestimmung ausdrückt", meint Lechner. Doch der Aussage Hayley Hasselhoffs, dass dieses Cover eine große Bedeutung für Inklusivität und die Stärkung von Frauen habe, stimmt Lechner nur sehr bedingt zu. "Ein absolut normschöner, etwas rundlicherer, auf den hetero-männlichen Blick zugerichteter weiblicher Körper, der sehnsüchtig in die Kamera blickt, und mit dem ein Magazin verkauft wird, das traditionell nicht viel von Frauenrechten hielt, wird das Patriarchat nicht zu Fall bringen."

Vielmehr sollte es um Inhalte, Positionen und Rechtsdebatten gehen als um eine Politik, die einzig durch die Sichtbarkeit des eigenen Körpers definiert ist, ist die Kulturwissenschafterin überzeugt. Diese Debatte zeigt für Lechner auch die Grenzen von Sichtbarkeit als feministischer Politik auf.

Elisabeth Lechner, "Riot, Don't Diet. Aufstand der widerspenstigen Körper". € 22, 238 Seiten, Kremayr & Scheriau, 2021.
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In Bezug auf das "Playboy"-Cover interessieren Lechner andere Fragen: Wer sitzt in der Redaktion und im Vorstand? Wer profitiert von der Sichtbarkeit ihres Körpers? "Es wäre höchste Zeit, über Machtverteilung und echte Teilhabe von Menschen in als 'anders' positionierten Körpern zu sprechen."

Die Debatten dürften nicht bei Fragen nach Sichtbarkeit von Körpern aufhören. "Was braucht es für eine wahrhaftig inklusive Gesellschaft, und wie können wir sicherstellen, dass wirklich alle gleichwertig teilhaben können?" – das seien die zentralen Fragen, die uns beschäftigen sollten, sagt Lechner. "Ein 'Playboy'-Cover wird diese Fragen nicht lösen können." (Beate Hausbichler, 19.4.2021)