Sorgenfalten auf den Gesichtern der Regierungsspitze. Das liegt nicht nur an der Pandemie, sondern auch an der Ökoreform, die gelingen muss.

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Wien – Die großen Themen brennen unter den Nägeln, mitten in der dritten Welle der Pandemie sind konkrete Rezepte gefragt. Bei einem historischen Höchststand von knapp 500.000 Arbeitslosen sind Qualifizierungs- und konjunkturankurbelnde Maßnahmen Fixstarter auf der Agenda der Regierung, die sich am Montagnachmittag in Klausur begibt.

In diese Kategorie fallen auch die im Regierungsprogramm vereinbarte stufenweise Senkung der Körperschaftsteuer ab 2022 und die ökosoziale Steuerreform mit ihren Kernpunkten CO2-Abgabe/-Bepreisung – sprich: der zweite Teil der Steuerreform. Womit eines der wichtigen Themen angesprochen ist, auf die die EU-Kommission nicht nur bei der Ausgestaltung der Aufbau- und Resilienzprogramme der Mitgliedsstaaten großen Wert legt, sondern grundsätzlich.

Vage und unbestimmt

Im österreichischen Aufbauplan, der bis dato nur in einer vorläufigen Version und das auch nicht öffentlich vorliegt, finden sich diese Punkte sehr wohl, allerdings klingt alles noch eher unbestimmt. Aus der Anhebung des Pensionsantrittsalters, zu der Österreich seitens der Industriestaatenorganisation OECD immer wieder motiviert wird, dürfte diesmal wieder nichts werden. Zwar sind Frauen aufgrund von Teilzeitarbeit nach wie vor massiv von Altersarmut bedroht, eine frühere Anhebung als vorgesehen (von 2024 bis 2032 ziehen die Frauen mit Männern gleich auf 65 Jahre) sei aber in der derzeitigen Arbeitsmarktsituation schlicht das falsche Signal. So begnügt man sich im Aufbauplan mit der Anhebung des "faktischen Pensionsalters".

Weitere Corona-Hilfen

Weitere Maßnahmen zur Stärkung der von der Corona-Krise gebeutelten Wirtschaft gehören ebenfalls zu den Themen der Klausur im Kanzleramt, erste konkrete Projekte des "Comebackpakets" dürfen erwartet werden, möglicherweise sogar etwas mehr als Überschriften. Die Schlagworte "Arbeit", "Ökologisierung und Digitalisierung" und "Standort" versprechen alles und nichts. Die Devise "aktive Arbeitsmarktpolitik" lässt immerhin starke Maßnahmen für Ältere und Langzeitarbeitslose erwarten.

"Wir werden massiv in Zukunftsbereiche wie Digitalisierung und Ökologisierung investieren und die Menschen und den Standort weiter entlasten", bekräftigte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Vorfeld. "Investieren und Reformieren", nannte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) mit Verweis auf Weichenstellungen in Wirtschaft und Arbeitsmarkt. "Ökologisierung, Digitalisierung und Regionalisierung sind dabei wichtige Schwerpunkte, auch im Sinne der Beschäftigung in Österreich."

Wie viel Geld Österreich aus dem insgesamt 750 Milliarden Euro schweren, aus Krediten, Haftungen und Zuschüssen bestehenden Aufbaufonds der gesamten Europäischen Union tatsächlich zugeteilt bekommt, wird erst im Juni 2022 feststehen – entsprechend vage sind die Ankündigungen des doch recht kurzfristig gezimmerten Comebackplans. Das liegt wohl auch daran, dass Österreich – wie andere EU-Länder auch – Teile der Öko-Steuerreform, der Energie- und Verkehrswende gleichsam in einem Aufwaschen mit dem Aufbauplan macht. Rechnen darf Österreich mit 3,3 bis 3,5 Milliarden Euro.

Viele Pläne und Projekte

Bisher waren die Ankündigungen zum "Comeback" äußerst vage. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) trommelt seit Monaten für den Bahnausbau und das 1-2-3-Klimaticket im öffentlichen Verkehr, fertig ist das finanziell hochkomplizierte Einheitsbilligticket allerdings noch lang nicht. Der Bund hat gesetzlich nur für die österreichweite Stufe die Kompetenz, und die Länder und Städte legen sich angesichts programmierter Einnahmenausfälle in ihren Verkehrsverbünden quer. Im ständig steigenden Straßengüterverkehr hingegen sind die Möglichkeiten begrenzt, solang sich die EU-Länder nicht auf eine neue Wegekostenrichtlinie einigen, bei der Gesundheits-, Umwelt- und Folgekosten stärker berücksichtigt werden.

Digitalisierte Schulen und Ämter

Ein weites Feld hingegen ist Digitalisierung insbesondere an Schulen und in der Verwaltung. Beide Sektoren sind deshalb mit Projekten im Volumen jenseits der 200 Millionen Euro dotiert, was zumindest einen ordentlichen Anfangsschub darstellen sollte.

Am Sonntag rief Industrie-Präsident Georg Knill noch ein aufgrund von Kurzarbeit und Corona-Hilfen fast in Vergessenheit geratenes Problem in Erinnerung: die Lohnnebenkosten, also die vergleichsweise hohe Belastung des Faktors Arbeit durch Steuern und Abgaben. Hier haben Österreichs Betriebe nachweislich Wettbewerbsnachteile. (Luise Ungerboeck, 19.4.2021)