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Real Madrid gegen Liverpool: Statt Champions League bald Super League?

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Kurz vor dem Beschluss einer tiefgreifenden Reform für die Champions League erschüttern Pläne von Topklubs aus Italien, Spanien und England den europäischen Fußball. Mit abgestimmten Presseaussendungen gaben zwölf Klubs am Montag um 0.30 Uhr MESZ die geplante Gründung einer Super League bekannt.

Aus England sind Manchester City, Manchester United, Liverpool, Arsenal, Chelsea und Tottenham an Bord, dazu kommen die italienischen Klubs AC Milan, Juventus und Inter Mailand sowie Atletico Madrid, der FC Barcelona und Real Madrid aus Spanien. Die Liga soll "so bald wie praktikabel" beginnen.

Zwölf Topklubs gaben um 0.30 Uhr ein Pressestatement ab.

Zwei Zehnergruppen

Drei weitere Klubs sollen laut den Plänen die Gruppe der 15 "Gründungsmitglieder" komplettieren. Sie alle sollen einen fixen Dauerplatz in der Liga haben. Fünf zusätzliche Qualifikanten sollen die Liga vervollständigen. Der Bewerb soll mit zwei Zehnergruppen mit Hin- und Rückspiel stattfinden – das wären 18 garantierte Matches pro Team. Die drei besten Teams pro Gruppe würden sich für das finale K.-o.-Turnier qualifizieren. Die Gruppenvierten und -fünften spielen um die zwei letzten Plätze in der K.-o.-Phase, in der über vier Wochen der Titel ausgespielt werden soll.

Die Matches sollen laut den Plänen unter der Woche stattfinden, die Beteiligten sollen weiterhin an ihren nationalen Meisterschaften teilnehmen. Beginnen soll der Bewerb im August, das Finale wäre Ende Mai. Nach dem Start soll auch eine ähnliche Frauenliga folgen.

Die Uefa teilte mit, die Vereine würden von allen weiteren Wettbewerben ausgeschlossen, ihre Spieler dürften nicht mehr für Nationalteams auflaufen. Die Gründungsmitglieder der Super League sollen indessen bereits rechtliche Schritte eingeleitet haben, die sicherstellen sollen, dass es zur neuen Eliteliga kommt.

Gigantische Summen

Laut der Super-League-Aussendung sollen die Gründungsklubs insgesamt 3,5 Milliarden Euro erhalten, über die Dauer der nun unterzeichneten Abmachung erwartet man sich Auszahlungen von über zehn Milliarden. "Wir werden Fußball auf jedem Level helfen und ihm seinen rechtmäßigen Platz in der Welt verschaffen", wurde Real-Präsident Florentino Perez zitiert. Er ist auch erster Vorsitzender der Liga. Seine Vizevorsitzenden sind Juventus-Präsident Andrea Agnelli und Joel Glazer von ManUnited.

Laut Medienberichten soll auch der Streamingdienst Dazn involviert sein, dieser bezeichnete entsprechende Berichte am Sonntag als "falsch". Laut dem "Corriere dello Sport" soll Dazn den Plan verfolgen, eine Liga für 16 Teams mit Europas Topklubs zu formen.

Die Serie A hielt laut Medienberichten am Sonntag ein Notfallmeeting ab, die erste Reaktion der Fifa fiel zahm aus. Der Weltverband brachte sein "Missfallen zum Ausdruck". Die Fifa stehe für Einigkeit im Weltfußball und fordere alle Parteien zu einem konstruktiven Dialog auf.

"Ein schlechter Witz"

Der FC Bayern München war dem ersten Vernehmen nach nicht an den Plänen beteiligt – wie auch der französische Meister Paris Saint-Germain. Laut Medienberichten sollen sich die zwölf Ligagründer aber um ihre Teilnahme bemühen, auch Porto soll ein Kandidat sein.

"Wir danken den Klubs in anderen Ländern, insbesondere den französischen und deutschen Klubs, die sich geweigert haben, sich dem anzuschließen", hieß es in einer Uefa-Mitteilung am Sonntag. "Dieses zynische Projekt basiert auf dem Eigeninteresse einiger Klubs in einer Zeit, in der die Gesellschaft mehr denn je Solidarität braucht", teilte die Uefa gemeinsam mit den Verbänden und Ligen aus England, Spanien und Italien mit.

Ablehnung

Deren Vertreter meldeten sich mit teils harschen Aussagen zu Wort. Aus Frankreich gab sogar Staatspräsident Emmanuel Macron ein Statement ab. Er "begrüße die Position der französischen Klubs", ließ er via Reuters ausrichten. Die Super League bedrohe das Prinzip der Solidarität und sportlicher Verdienste.

Auch die EU-Kommission sparte nicht mit Kritik. "Wir müssen ein werteorientiertes europäisches Sportmodell verteidigen, das auf Vielfalt und Inklusivität basiert", twitterte der griechische Kommissions-Vizepräsident Margaritis Schinas.

Die englische Premier League warnte ihre Klubs vor dem Beitritt zu einer solchen Liga und verwies auf die Statuten, die genau das verhindern sollen. Gary Neville, ein ehemaliger Kapitän von Manchester United, ging mit seinem Ex-Klub scharf ins Gericht. "Manchester United, Arsenal, Tottenham sind nicht einmal in der Champions League. Haben sie das Recht, dort teilzunehmen? Sie sind ein schlechter Witz", sagte der TV-Experte in einer emotionalen Rede auf Sky. Neville sprach von einer "unglaublichen Zumutung" und "reiner Gier".

Der letzte Nagel im Sarg

Scharfe Kritik gab es auch vom europäischen Fan-Netzwerk Football Supporters Europe (FSE). "Dieser geschlossene Wettbewerb wird der letzte Nagel im Sarg des europäischen Fußballs sein und alles zerstören, was ihn so beliebt und erfolgreich gemacht hat", heißt es in einer Erklärung. "Diese Pläne sind von Grund auf illegitim, unverantwortlich und gegen jeglichen Wettbewerb. Mehr noch, sie werden ausschließlich aus Gier vorangetrieben." Auch führende Fanklubs der beteiligten Teams sprachen sich klar gegen das Projekt aus.

Die Uefa hat sich einen neuen Modus für die Champions League überlegt, der Großklubs ohnehin schon bevorzugen würde.
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Uefa-Pläne

Das Uefa-Exekutivkomitee will während seiner Sitzung am Montag die Aufstockung der Königsklasse von 32 auf 36 Teilnehmer und die Einführung eines neuen Modus beschließen. Zwei der vier neuen Plätze sollen dabei nicht mehr wie bisher üblich aufgrund von Leistungen aus der vorigen Saison vergeben werden. Stattdessen sollen die Platzierungen der Vereine in der Uefa-Fünfjahreswertung ausschlaggebend sein. Dies war ein Wunsch der mächtigen Klubvereinigung ECA gewesen, die mit zwei Vertretern in der Exekutive des Kontinentalverbands sitzt.

Am Freitag war von einem Konsens zwischen der ECA und der Uefa-Kommission für Klubwettbewerbe (CCC) über die Details berichtet worden. Der Beschluss schien deshalb Formsache. Der "Times" zufolge will die Uefa von ihrem Plan auch nicht abrücken. Die Gründung einer Superliga war in den vergangenen Jahren immer dann ins Gespräch gebracht worden, wenn es um die Verteilung der TV-Gelder im Europacup ging. (red, APA, Reuters, 18.4.2021)