Nawalny war vor zwei Wochen in den Hungerstreik getreten, seine Ärzte durften ihn nicht behandeln.

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Moskau – Der in einem Straflager erkrankte Kreml-Gegner Alexej Nawalny ist in ein Krankenhaus für Gefangene verlegt worden. Das teilte die russische Gefängnisbehörde am Montag mit. Sein Gesundheitszustand wurde als "zufriedenstellend" bezeichnet. Nawalny ist bereits seit mehr als zweieinhalb Wochen im Hungerstreik, um so medizinische Behandlung durchzusetzen. Eine ärztliche Versorgung seines Vertrauens steht ihm nach russischem Recht zu, wird ihm bisher von der Leitung des Straflagers, in dem er einsitzt, vorenthalten.

Die Oppositionelle klagt seit längerem über Schmerzen und Lähmungserscheinungen in den Beinen und im Rücken, die nicht angemessen behandelt würden. Um dagegen zu protestieren, verweigert er seit Ende März die Nahrungsaufnahme. Am Wochenende veröffentlichten Mitstreiter Nawalnys dann ein Blutbild, das eine unmittelbare Gefährdung durch Organversagen oder einen Herzstillstand nahelegte.

"Vitamintherapie" für dem Kreml-Kritiker

Im Krankenhaus wird der 44-Jährige nun den Behörden zufolge jeden Tag von einem Allgemeinmediziner untersucht. "Mit Zustimmung des Patienten wurde ihm eine Vitamintherapie verschrieben", heißt es in der Mitteilung. Das Krankenhaus in der Region Wladimir östlich von Moskau sei auf "die laufende Beobachtung" solcher Patienten spezialisiert.

Nawalnys persönliche Ärztin Anastassija Wassiljewa widersprach auf Twitter den Behörden. Nawalny sei nicht in ein Krankenhaus gebracht worden, sondern in ein anderes Straflager, in dem auch an Tuberkulose erkrankte Häftlinge behandelt werden könnten. "Dies ist überhaupt kein Krankenhaus, in dem sie eine Behandlung für seine Probleme diagnostizieren können", schrieb sie. Sie forderte am Montag erneut, dass sie Nawalny im Straflager untersuchen dürfe.

USA drohten mit Konsequenzen

Die USA, die EU, Deutschland und Österreich hatten am Sonntag die russische Führung aufgefordert, dem Gegner von Präsident Wladimir Putin medizinischen Zugang zu gewähren. Washington drohte sogar mit Konsequenzen, sollte Nawalny in Haft sterben.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell machte die russischen Behörden für Nawalnys Gesundheitszustand verantwortlich. Die Situation sei sehr besorgniserregend. Russland müsse für eine Behandlung sorgen, forderte Borrell vor einer Videokonferenz der 27 EU-Außenminister.

Haft nach Mordanschlag

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte dazu der Agentur Interfax, der Gesundheitszustand von Gefangenen in Russland habe im Ausland niemanden zu interessieren.

Nawalny hatte im August in Russland einen Mordanschlag mit einem Nervengift aus der Nowitschok-Gruppe überlebt und war monatelang in Deutschland behandelt worden. Knapp zwei Wochen nach seiner Rückkehr nach Russland im Februar wurde er von einem Moskauer Gericht zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. Das Urteil wurde mit Verstößen gegen seine Bewährungsauflagen begründet – Nawalny hatte seine Auflagen nicht erfüllen können, während er in Deutschland in intensivmedizinischer Behandlung war. (red, APA, 19.4.2021)