Grabstelle des Massenmörders Franz Bodmann in Lend.

foto: alpine peace crossing

Sein Name war Franz Bodmann. In der an Mördern wahrlich nicht armen Geschichte des NS-Terrors nimmt er eine besondere Stellung ein. Franz Bodmann war der Mord-Arzt von Auschwitz.

Der 1909 in München geborene Mediziner schloss sich früh der NSDAP an, 1934 trat er der SS bei und brachte es dort bis zum Obersturmführer. Seine "Karriere" in der Mordmaschinerie startete er im Jänner 1942 als Lagerarzt im KZ-Auschwitz, schon im Mai avancierte er zum mit beachtlichen Kompetenzen ausgestatteten Standortarzt.

"Initiative beim Morden"

Bodmann habe in dieser Funktion "Initiative beim Morden" gezeigt, halten die Historiker Robert Obermair und Antonia Winsauer in einem Beitrag für die von der Gedenkorganisation Alpine Peace Crossing herausgegebene Zeitschrift Alpendistel fest. Auf Bodmann soll – laut Augenzeugenberichten – die Praxis des Tötens von Häftlingen mit Phenolinjektionen direkt in den Herzmuskel zurückgehen.

Bodmanns weitere Stationen nach Auschwitz repräsentieren die schlimmsten Stätten des NS-Terrors: Majdanek, Neuengamme, Natzweiler-Struthof, Vavaria. In Neuengamme dürfte er aktiv an der Vergasung sowjetischer Kriegsgefangener mit Zyklon B mitgewirkt haben.

Grabpflege beenden

Sein Ende fand der Mörder mit dem Doktortitel in US-Gefangenschaft im Pongauer St. Johann. Bodmann hat am 25. Mai 1945 im Gefangenenlazarett Suizid begangen. Warum er ausgerechnet im mehrere Kilometer entfernten kleinen Pinzgauer Lend bestattet wurde, ist ebenso unklar wie die Herkunft des mit Bodmann im selben Grab liegenden Oberwachtmeisters Andreas Staudacher.

Dass Bodmanns Grab plötzlich ins öffentliche Interesse rückt, geht auf eine Initiative der Partei Die Linke im Deutschen Bundestag zurück. Diese hatte einen Antrag gestellt, die "öffentlich finanzierte Grabpflege für KZ-Kommandanten und andere NS-Verbrecher" zu beenden, und war bei der Recherche auch auf Bodmanns Grabstelle am Ehrenfriedhof von Lend gestoßen.

Geschmücktes Grab

Wobei das Grab nicht völlig in Vergessenheit geraten sein dürfte. Bei einem Lokalaugenschein in Lend sei sofort aufgefallen, dass von den rund 30 Kriegsgräbern nur jenes von Bodmann und dem bis dato den Historikern unbekannten Staudacher geschmückt gewesen sei, erzählt Historiker Obermair.

Wie man mit der Grabstelle umgehen soll, ist seit rund einem Jahr Gegenstand intensiver Debatten. Ein Schleifen oder Umbetten kommt für die Historiker wie auch für Bürgermeisterin Michaela Höfelsauer (SPÖ) nicht infrage.

Die lokalen Zeithistoriker Rudi Leo und Michael Mooslechner plädieren wortgleich für eine Kontext-Tafel beim Grab, die Bodmanns Verbrechen erklärt und einordnet. Obermair, er ist auch Vorsitzender des Vereins Alpine Peace Crossing, geht einen Schritt weiter und kann sich eine künstlerische Überbauung des Grabes mit Plexiglas vorstellen. Auf dem Glas könnten dann die NS-Gräuel und Bodmanns Beteiligung erläutert werden.

Zahlreiche Gräber

Die in der Erinnerungsarbeit selbst engagierte Bürgermeisterin Höfelsauer könnte beiden Vorschlägen etwas abgewinnen. Sie hat freilich ein ganz anderes Problem: Die Kriegsgräber würden dem Innenministerium unterstehen, die Gemeinde dürfe nichts verändern, sei ihr auf Anfrage mitgeteilt worden.

Dass das Ministerium einer Umgestaltung zustimme, sei nicht zu erwarten, sagt dazu Historiker Obermair. In Folge würden dann wohl zahlreiche Gräber von Kriegsverbrechern in Österreich zur Disposition stehen. (Thomas Neuhold, 20.4.2021)