Die Umfragen waren zuletzt weniger schmeichelhaft für die Koalition, die Kritik an der Regierungsarbeit wurde lauter. Vor diesem Hintergrund startete die zweite Regierungsklausur.

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Wie der türkis-grüne Plan für das wirtschaftliche Comeback Österreichs im Detail aussehen wird, ist Thema der zweitägigen Arbeitsklausur, zu der sich die Bundesregierung am Montag traf. Eine Maßnahme kündigte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zum Auftakt der Beratungen aber sehr wohl an: Die Mittel für die Investitionsprämie werden von drei Milliarden auf fünf Milliarden Euro aufgestockt.

Das Ziel: sich aus der Krise rausinvestieren. Dies gelinge mit Ökologisierung und Digitalisierung, sagte dazu der grüne Vizekanzler Werner Kogler am Montag. Die Prämie von sieben Prozent – oder 14 Prozent, wenn die Investition im Zusammenhang mit Digitalisierung, Ökologisierung, Gesundheit und Life-Science steht – soll dabei helfen, dass Unternehmen ihre Investitionen trotz der Corona-Krise tätigen.

Die zweite Klausur seit Beginn der Pandemie steht im Zeichen des Ziels, innerhalb eines Jahres eine halbe Millionen Menschen, die derzeit arbeitslos oder in Kurzarbeit sind, wieder in reguläre Beschäftigung zu bringen. Die finalen Ergebnisse der Klausur präsentiert die Regierung am Dienstag.

Arbeitsmarktservice-Vorstand Johannes Kopf hält dieses Ziel in der "ZiB2" am Montagabend für "erreichbar, von allein geht's aber nicht". Wenn die Impfungen gut weiterlaufen würden, Gastronomie und Tourismus wieder öffnen könnten und die Maßnahmen greifen würden, kann er sich vorstellen, dass die Arbeitslosigkeit Anfang 2023 das Niveau von vor der Corona-Zeit erreichen könnte.

Multiplikator

Unternehmen würden Arbeitsplätzen schaffen, nicht die Regierung, stellte Kurz klar. Die Regierung könne aber gute Rahmenbedingungen schaffen. Die Investitionsprämie sei eine solche Maßnahme. Sie solle zudem den Standort Österreich digitaler und ökologischer machen. Rund 600 Millionen der Zusatzmittel für die Prämie sollten aus dem EU-Aufbaufonds stammen. Wofür die restlichen EU-Mittel verwendet werden – Kurz rechnet mit insgesamt rund 3,5 Milliarden an Zuschüssen –, sei noch zu besprechen.

Die Investitionsprämie ist unter Experten umstritten. In ihrer Frühjahrsprognose stellten die Experten vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) dem Instrument ein ganz gutes Zeugnis aus. Von ihr würden wichtige ökonomische Impulse für die wirtschaftliche Erholung ausgehen. Die Prämie wirke sich nämlich in zweifacher Weise auf die Konjunktur aus, heißt es in dem Papier: "Zum einen führt sie zu Mehrinvestitionen, die ohne Prämie nicht getätigt worden wären. Zum anderen bewirkt sie, dass erst später geplante Investitionen vorgezogen werden und demnach in den Folgejahren entfallen."

Skepsis im Sommer

Noch im Sommer war das Wifo deutlich skeptischer und ging in einer Schätzung davon aus, dass die Prämie zum heimischen Wirtschaftswachstum gerade einmal in einer Höhe von 0,17 Prozent beitrage. Berechnet war das Volumen damals mit einer Milliarde Euro.

Laut Wifo-Umfrage vom vergangenen Oktober sei aber auch mit Mitnahmeeffekten zu rechnen, wenn die Prämie für Investitionen beansprucht wird, die ohnehin planmäßig umgesetzt würden.

Kurz gab sich am Montag zudem optimistisch, dass die Prämie ausländische Unternehmen dazu motiviere, Investitionen in Österreich zu tätigen statt andernorts.

Die Prämie konnte ab September bei der staatlichen Förderbank Austria Wirtschaftsservice (aws) auch rückwirkend beantragt werden und lief bis Ende Februar. Bis Ende der Frist gingen rund 258.600 Ansuchen ein, 94 Prozent davon von kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs). Klimaschädliche Projekte sind explizit von der Förderung ausgeschlossen. Ansonsten ist praktisch alles förderbar, vom Traktor bis zur Elektrolyseanlage.

Erst die Pressekonferenz, dann die Klausur.
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Was ausgespart wurde

Im Vorfeld des Gipfels war darüber spekuliert worden, ob sich die Regierung zu weiteren Maßnahmen für Standort und Arbeitsmarkt durchringt. So hatte der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Knill, vom Comeback-Plan eine Senkung der Lohnnebenkosten verlangt. Das würde Österreich bei der Wettbewerbsfähigkeit helfen und die Zahl der Arbeitslosen verringern, so Knill. Davon war zumindest am Montag keine Rede.

Eine ökosoziale Steuerreform, die auch im Regierungspakt zwischen Türkis und Grün vereinbart wurde und mit einer weiteren Steuersenkung einhergehen soll, könnte in der zweiten Jahreshälfte diskutiert werden. An dieser Debatte hängen viele für die Regierung heikle, weil umstrittene Punkte wie eine CO2-Bepreisung, die Abschaffung der Pendlerpauschale oder die geplante Senkung der Körperschaftssteuern, auf die vor allem die ÖVP gedrängt hat.

Neue Impulse

Neue Impulse gab es auch bei anderen zentralen Fragen rund um den Arbeitsmarkt zum Auftakt der Klausur noch nicht: Die vorübergehende Erhöhung des Arbeitslosengeldes war Ende 2020 ausgelaufen und nicht verlängert worden, obwohl die Grünen große Sympathie dafür gehegt haben. Auch ein mögliches Unterstützungsprogramm für Langzeitarbeitslose, deren Zahl ja in der Krise stark gestiegen ist, dürfte noch in einiger Ferne liegen.

Von allen Regierungsvertretern gelobt wurde dafür erneut der Aufbauplan, der schon bei der EU-Kommission eingereicht wurde und der ebenfalls eine Stütze des Comeback-Plans bildet. Der Plan liegt noch nicht öffentlich vor, bisher gibt es nur einen Entwurf, der nach Brüssel verschickt wurde. Auch im Wiederaufbauplan geht es viel um Ökologisierung. Die Regierung will sich dabei vor allem bereits untereinander fixierte Projekte von der EU-Kommission unterstützen lassen, was zu Kritik seitens der Opposition geführt hat. (András Szigetvari, Aloysius Widmann, 19.4.2021)