Peter Schröcksnadel gibt sein Amt auf, nicht seine Ambition.

Foto: APA/Gindl

Götschls Kandidatur ist "lang und reiflich überlegt".

Foto: APA/Scheriau

Walchhofer hat sein Konzept "sehr detailliert dargelegt".

Foto: APA/Gindl

Das sieht, man kann es nicht anders sagen, nach einem klugen, wenn nicht genialen Schachzug des Peter Schröcksnadel aus. Am Sonntagabend hat die frühere Skirennläuferin Renate Götschl verkündet, dass sie Präsidentin des Skiverbands (ÖSV) werden und Schröcksnadel (79) nachfolgen will. Es wäre keine Überraschung, wenn sie gewählt wird, die 45-jährige Steirerin weiß die großen Landesverbände Tirols, der Steiermark, Vorarlbergs und das kleine Wien hinter sich. Vor allem aber hat sie Schröcksnadels Sanctus, man könnte sogar sagen, sie war die Idee ihres Vorgängers in spe.

"Damit kann eine neue Ära beginnen", macht der seit 1990 amtierende Schröcksnadel im Gespräch mit dem STANDARD gar kein Hehl aus seiner Freude über Götschls Kandidatur und seiner Zuversicht, dass Götschl tatsächlich gewählt wird. Dabei ist seit Monaten auch Michael Walchhofer als Kandidat im Rennen. Der frühere Schul- und Jahrgangskollege Götschls, der in Zauchensee drei Hotels führt, ist seit sechs Jahren ÖSV-Vizepräsident. Er war nach der Absage des Kitzbüheler Skiclub-Präsidenten Michael Huber als vermeintlich einziger Anwärter verblieben, musste aber feststellen, dass Schröcksnadel ihn nicht unterstützte.

Wieso Pekarek absagte

Der scheidende Präsident bestreitet, dass er Walchhofer, den er "einen ordentlichen, netten Burschen" nennt, verhindern will. Freilich wäre Schröcksnadel auch eine andere Kandidatur genehm gewesen, jene von Klaus Pekarek, dem Ehrenpräsidenten des Kärntner Landesverbands. Pekarek (64) war Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank Kärnten und ORF-Stiftungsratsvorsitzender, er sitzt im Uniqa-Vorstand und sagte Schröcksnadel schon vor einer Woche ab. "Mir ist klar geworden, dass es sich bei der ÖSV-Präsidentschaft um einen Fulltime-Job und keine ehrenamtliche Nebenfunktion handelt. Das lässt sich nicht mit meinem Job vereinbaren."

Was Götschl vorhat

Dann also Götschl. Ihre Kandidatur will Schröcksnadel, wie er dem STANDARD sagt, "völlig überrascht" haben. Ja, im Sommer habe er die dreimalige Weltmeisterin (Kombi 1997, Abfahrt 1999, Team 2007) darauf angesprochen, da habe sie ihm abgesagt. Nun freut sich Götschl auf "eine neue Herausforderung", und Schröcksnadel freut sich mit. Ob sie genug mitbringt, um den erfolgreichsten heimischen Sportfachverband, ein 1100 Vereine und 140.000 Mitglieder starkes Unternehmen mit gut 40 Millionen Jahresbudget, zu führen? "Sie hat Empathie und ein großes Herz", sagt Schröcksnadel. "Und sie hat eine Nähe zu den Sportlerinnen und Sportlern." In wirtschaftlichen Belangen wäre "nur Pekarek ein echter Kapazunder" gewesen. "Aber die einen haben solche Qualitäten, und die anderen haben solche Qualitäten."

Die Gesamtweltcupsiegerin der Jahrtausendwendesaison hat sich seit ihrem Rücktritt (2009) vor allem ihrer Familie gewidmet, ihre Töchter sind elf und neun Jahre alt und Skirennlauftalente. "Ich traue mir zu, den ÖSV in eine gute Zukunft zu führen", hält Götschl fest. "Ich habe mir das sehr lang und reiflich überlegt." Zwei Punkte sind der Vizepräsidentin des steirischen Verbands besonders wichtig – die Nachwuchsarbeit und "die Gleichstellung der Sportlerinnen, auch was Budgetaufteilung und Preisgelder betrifft", mit den Sportlern.

Wie Walchhofer reagiert

Das Match heißt also, so es keinen Rückzieher und keine weitere Kandidatur mehr gibt, Götschl gegen Walchhofer. Der Abfahrtsweltmeister 2003 reagierte gelassen darauf, dass er Konkurrenz bekam. "Das ändert für mich grundsätzlich nichts. Ich habe den Landesverbänden mein Konzept und meine Vorstellungen sehr detailliert dargelegt, jetzt haben diese die Möglichkeit zu entscheiden."

Bei der ÖSV-Länderkonferenz mit acht Präsidenten und einer Präsidentin (Claudia Strobl, Kärnten) Ende Juni in Villach soll die neue Führung präsentiert werden. Vorgesehen ist aber, dass sich die Landesverbände schon Mitte Mai beim Wahlausschuss auf eine Kandidatin oder einen Kandidaten einigen.

Was hat Schröcksnadel gegen Walchhofer, warum macht er sich für Götschl stark? Klar ist, dass er sich keineswegs völlig zurückziehen will. Mag sein, ihm erscheint es ungewiss, welchen Spielraum ihm Walchhofer lassen würde. Der ÖSV ist gerade dabei, seine Gesellschaften (Veranstaltungen, Marketing) unter ein Holdingdach zu bringen. Und wer wäre in Schröcksnadels Augen geeigneter als Schröcksnadel, dieser Holding als Aufsichtsratsvorsitzender zu dienen? So viel lässt er sich entlocken: "Natürlich stelle ich mein Know-how und meine Erfahrung jedem oder jeder, die das will, gern zur Verfügung." Das gilt garantiert auch für anstehende Verhandlungen über TV-Rechte.

Dass eine Frau Schröcksnadels Erbe antritt, galt bis vor kurzem "so wahrscheinlich wie eine Umfärbung des Goldenen Dachls". Doch nicht nur die Oberösterreichischen Nachrichten könnten sich da getäuscht haben. Schröcksnadel: "Wenn ich mich daran erinnere, wie mich in dieser MeToo-Sache alle durch den Kakao gezogen haben, würde mir das sogar sehr gut gefallen." (Fritz Neumann, 20.4.2021)