Sie war Anfang der Nullerjahre der Schrecken des Schulhofs, regelmäßig sprachen Schulen Warnungen aus: Tiefsitzenden Hüfthosen erging es wenig anders als bauchfreien T-Shirts. Was Paris Hilton, Christina Aguilera, Britney Spears in Hollywood mit und ohne Tätowierungen und hervorblitzenden String rauf- und runtertrugen, wurde auf so manchem Schulhof verboten. Die Hüfthose, oh Schreck, endete schließlich eine gute Handbreit unter dem Bauchnabel. Oder, um es mit Wikipedia zu sagen: "Im Unterschied zu einer 'normalen' Hose reicht eine Hüfthose nicht bis zum Bauchnabel, sondern sitzt auf der Hüfte."

Da saß sie bei dem Modedesigner Alexander McQueen schon Mitte der Neunzigerjahre. Damals erfand das Londoner Enfant terrible der Modewelt die Bumster, jene tiefsitzenden Hosen, die das Gesäß zum Dekolleté erklärten und den Weg frei machten für "Size Zero": Hüftig getragene Hosen, heute werden sie mit dem Attribut "Low Rise" versehen, gehörten damals auch zu den Katalysatoren des mageren Schönheitsideals.

Die Hosen saßen damals auf den Hüften: Nikki und Paris Hilton 2003 während einer Jeremy-Scott-Show in L.A.
Foto: imago stock&people

Daran denken jene Millennials, die sich damals in die Hosen quälten, mit Schrecken zurück. Wer keinen flachen Bauch und Hüftknochen vorweisen konnte, war raus. Die Hüfthose, sie stand immer auch für Ausgrenzung von Körperformen, die nicht dem dünnen Ideal entsprachen. Das machte sie irgendwann untragbar.

Die Generation Z, die Hüfthosen vor allem aus Familienalben und aus alten Britney-Spears-Videos kennt, kann hingegen unbedarfter an die Sache rangehen. Auf Tiktok, wo Trends der 2000er-Jahre unter "Y2K-Fashion" gefeiert werden, stehen "Low Rise Jeans" hoch im Kurs – vielleicht auch, weil ohne "crop Top" kein Video zu drehen ist. Das sei wirklich die einzige Sache, die man sich von den Millennials abschauen könne, heißt es in so manchem Beitrag.

Während der Skinny Jeans eine Absage erteilt wird, schwört man hier schon länger auf Baggy Jeans. Vielleicht machen ja jetzt die tiefsitzenden weiten Hosen das Rennen – und vielleicht wagen sich dann auch ein paar Millennials dran. (Anne Feldkamp, 22.4.2021)