Tödliche Explosion im Oktober des Vorjahrs auf dem Gelände der Energie AG in Hörsching.

FOTOKERSCHI.AT/BAYER

Linz – 10. Oktober 2019. Ein Tag, den Florian G. wohl zeit seines Lebens nicht vergessen wird. Ein Tag, an dem der 39-Jährige eine Fehlentscheidung trifft und in der Folge bei einer tödlichen Explosion in einer Müllsortieranlage der Energie AG ein Mitarbeiter stirbt und zehn Kollegen zum Teil schwer verletzt werden. Für das Inferno musste sich Florian G. als damaliger Betriebsleiter am Dienstag vor Richter Gerhard Nathschläger am Landesgericht Linz verantworten.

Explosive Geschenkboxen

Und die Anklage wog schwer: Staatsanwältin Doris Fiala ortete die fahrlässige Herbeiführung einer Feuersbrunst mit Todesfolge und die fahrlässige Umweltgefährdung. Das Drama nimmt im Oktober des Vorjahrs mit einem Auftrag einer großen Kosmetikfirma seinen Lauf. In die Anlage in Hörsching, die großteils Abfälle aus dem Gelben Sack sortiert, werden 19 Paletten mit Geschenkboxen geliefert. Die noch originalverpackten Sets enthielten jeweils ein Deo, ein Duschgel und einen Bluetooth-Lautsprecher. Da der Lautsprecher Probleme machte, wurden die Boxen entsorgt. Die Einzelteile hätten in Hörsching eigentlich nur sortiert und dann zur weiteren Behandlung nach Steyr und Wien gebracht werden sollen.

6.500 Dosen in die Presse

Florian G. nimmt dann eine Spraydose aus einer Verpackung, begutachtet das Material und fällt, nach Rücksprache mit dem Schichtleiter, eine folgenschwere Entscheidung: 6.500 volle Dosen landen in der Ballenpresse. Treibmittel, Alkohol und andere Stoffe treten aus, es kommt zu einer Verpuffung, einem Feuerball und einem Großbrand. Der Mitarbeiter an der Presse wird so schwer verletzt, dass er später in einer Spezialklinik in Bayern stirbt. Der Angeklagte selbst und ein weiterer Mitarbeiter werden ebenfalls schwer verletzt, weitere zehn Leute leichter. Drei Hallen und einige Fahrzeuge brannten nieder, der Schaden beträgt mehr als 15 Millionen Euro. Laut Energie AG Umwelt Service ist die Sortieranlage seither nicht mehr in Betrieb.

Aussage unter Tränen

"Wenn ich erkannt hätte, dass etwas passieren könnte, hätte ich diese Entscheidung nicht getroffen", sagte der Angeklagte am Dienstag unter Tränen aus. Er habe nur das Material der Dosen geprüft. Staatsanwältin Fiala setzt nach: "Die Sicherheitshinweise auf den einzelnen Dosen sind eigentlich kaum zu übersehen. Und jedes Kind weiß, dass die Dosen unter Druck stehen."

Florian G. beschreibt dann im Verfahren eine Verkettung unglücklicher Umstände. Auch auf mehrfache Nachfrage beim zuständigen Außendienstmitarbeiter habe er keine näheren Auskünfte zu den Paletten bekommen. "Und die Ware ist auch nicht als gefährlicher Abfall angeliefert worden."

Auch der Laufzettel, den er bei solchen Aufträgen bekomme, habe keinen Hinweis auf die Gefahr enthalten, und er sei mit dem zuständigen Außendienstmitarbeiter so verblieben, dass er sich die Abfälle "einmal ansieht". Er sei auch überzeugt, dass der getötete Kollege die Dosen nicht gepresst hätte, wenn er Zweifel gehabt hätte.

Schwere Verletzung als Milderungsgrund

Der Schuldspruch erfolgte dann im Sinne des Strafantrags wegen fahrlässiger Herbeiführung einer Feuersbrunst und umweltgefährdenden Behandelns und Verbringens von Abfällen. Bei einer Strafdrohung von bis zu drei Jahren wurde Florian G. zu einem Jahr teilbedingt verurteilt. Mildernd war, dass der Beschuldigte selbst verletzt wurde, nach dem Unfall Erste Hilfe geleistet und die Einsatzkräfte eingewiesen habe, zudem seine Unbescholtenheit und das reumütige Geständnis. Das Urteil ist rechtskräftig. (Markus Rohrhofer, 20.4.2021)