Erste Reihe fußfrei: Clemens Horak wundert sich, welche Vorteile eine "erhoffte" große Teilnahme am Impftermin für den Verein hätte.

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Wien – In einem dem STANDARD vorliegenden Brief an die Führung der Wiener Philharmoniker nimmt Clemens Horak, Oboist und aktives Orchestermitglied der Philharmoniker, Stellung zu vorgezogenen Impfterminen der Orchestermitglieder. Damit bezieht sich der Musiker allerdings nicht auf die am Wochenende publik gewordene und anschließend medial kritisierte Vorreihung (der STANDARD berichtete) bei der Covid-Impfung des Vereins, sondern auf eine interne E-Mail, die darüber vorab informierte. Datiert ist seine Reaktion bereits auf den 11. April. Die Tageszeitung "Die Presse" veröffentlichte in ihrer Montagsausgabe Passagen aus dem Brief.

In seinem "offenen Brief an das Orchester" und "alle aktiven Mitglieder" kritisiert Horak die Tatsache, dass mit dem proaktiven Vorantreiben und dem Interesse für einen frühen Impftermin etwas Zustimmung findet, "das im öffentlichen Bewusstsein eigentlich als Vordrängen wahrgenommen wird". Und er erinnert an jüngere Berichte zu "Bürgermeistern, die sich bei Impfterminen rücksichtslos vorgedrängt haben".

Zu dem Aspekt, dass in der Informationsmail der philharmonischen Führung um "absolute Diskretion und Verschwiegenheit" gebeten wurde, fragt Horak: "Impliziert das nicht den Beigeschmack des Unrechts, der Freunderlwirtschaft usw.? Das stinkt, also bitte lieber nicht darüber reden? Habt ihr tatsächlich vergessen, wie unglaublich schnell sich unvorteilhafte Nachrichten (Jurythemen und Versammlungsbeschlüsse in wenigen Minuten online!) in diversen Kanälen verbreiten und sich nicht unter der Decke verstecken lassen?"

Erhoffter Vorteil?

Horak selbst soll bereits in einer internen Onlineversammlung am 15. Februar vorgeschlagen haben, eine "Informationsveranstaltung bezüglich Pro und Contra der Impfung für Orchestermitglieder durchzuführen", ein Vorschlag, der auch angenommen wurde. Laut eigenen Angaben soll ihm zugesichert worden sein, dass solch ein Event vor einem möglichen Impftermin stattfinden würde. Das ist nicht passiert. "Sieht so das Halten Eures Versprechens aus?", fragt er.

Weiters wundert sich das Orchestermitglied in seinem Brief, welche Vorteile eine "erhoffte" große Teilnahme am Impftermin für den Verein hätte. Dessen öffentliches Ansehen somit aufs Spiel zu setzen halte er "für eine vereinsschädigende, kurzsichtige und unfassbare Fehlentscheidung". Solch weitreichende Entscheidungen sollen seiner Meinung nach erst nach "ausgiebiger Diskussionen und Meinungsanhörung" im Plenum demokratisch entschieden werden. Horaks Schlusssatz: "Eurer Bitte um absolute Diskretion und Verschwiegenheit kann und will ich nicht nachkommen – als Teil dieses Vereines möchte ich keinesfalls in solche Vorgehensweisen einbezogen werden." (red, 20.4.2021)