Rauch- oder Brandgeruch wird von unserer Nase zuverlässig erkannt. Nun gibt es auch Sensoren, die das können.

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Gefährliche Signalmuster

Eigentlich ist auf unsere Nase immer noch Verlass: Sie erkennt rechtzeitig Gerüche, die für unseren Organismus Gefahren bedeuten – zum Beispiel brennendes Feuer oder verdorbenes Fleisch. Wissenschafter des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben aber einen Sensor namens "Smelldetect" entwickelt, der solche unangenehmen Gerüche noch schneller bemerkt als unser angeborener Zinken.

Der gerade einen Zentimeter große Sensor erkennt eingelernte Muster in nur wenigen Sekunden: Nanofasern reagieren hier auf komplexe Gasgemische und erzeugen daraus Signalmuster, auf die der Sensor anschlägt.

Ziel der weiteren Entwicklung ist nun ein Gerät, das günstig und massentauglich ist, sodass die Technologie bald von möglichst vielen Menschen genutzt werden kann – beispielsweise, um im Supermarkt faulen Fisch zu erkennen.

Eine Herausforderung für die Forscher bleibt aber derzeit noch, dass nicht jeder Gegenstand ständig gleich riecht — Feuchtigkeit und andere Umgebungsfaktoren spielen auch eine Rolle. Dass dem Sensor auch beizubringen, daran tüftelt man in Karlsruhe aber derzeit noch.

www.kit.edu

Schnuppernd auf der Spur von Corona

Covid-19 beschäftigt leider weiterhin jeden — also auch Forscher auf dem Gebiet der elektronischen Geruchssensoren. So wird derzeit in Israel, einem der Vorreiter bei der Bekämpfung der Pandemie, daran geforscht, ob und wie solche Sensortechniken auch eine Infektion mit dem Coronavirus erkennen können. Insbesondere das Weizmann-Institut für Wissenschaften in Rechovot, südlich von Tel Aviv gelegen, widmet sich derzeit dieser Frage.

Anstatt aber nur im Labor zu forschen, wie es derzeit viele Wissenschafterinnen und Wissenschafter tun, sammelten die Forscher ihre Proben im Feld: In Kooperation mit dem Israelischen Roten Kreuz wurden Geruchsproben zahlreicher Testteilnehmer zusammengetragen, die nun als Unterrichtsmaterial für bereits bestehende Sensortechnologie dienen.

Studienleiter Noam Sobel, Professor für Neurobiologie am Weizmann-Institut, sieht die Untersuchung als Testballon und ist selbst skeptisch, ob ein nutzbares Ergebnis herauskommt. Im Erfolgsfall wäre es aber ein großer Durchbruch: Dann ist nämlich eine Covid-Diagnose in 80 Sekunden möglich.

www.weizmann.ac.il

Geruchsanalyse in der Abfallentsorgung

Wäre ein Mistkübel mit Augen und Nase ausgestattet, er hätte wohl einiges über seinen Inhalt zu erzählen. Derzeit versuchen österreichische Forscher aber tatsächlich, Mülltonnen eine Art Riechorgan zu verpassen: Das Austrian Institute of Technology (AIT) in Wien arbeitet derzeit an einem digitalen Geruchssensor, der Prozesse in der Abfallentsorgung vereinfachen soll.

Das Projekt namens Smell (Smarte Müllentsorgungslogistik-Lösung) wird in Kooperation mit dem auf intelligente Behälter spezialisierten Unternehmen Sloc aus Graz durchgeführt und vom Land Niederösterreich sowie vom Europäischen Fond für regionale Entwicklung gefördert. Ziel der Wissenschafter ist es, eine Tonne zu konstruieren, die neben dem Füllstand und der Temperatur (was dem Brandschutz dient) auch die Zusammensetzung des Abfalls ermitteln kann.

Dazu soll der Sensor auch den Geruch analysieren. Diese Informationen sind via Internet-of-Things-Technologie in Echtzeit abrufbar, was dabei helfen soll, das Entleeren der Tonnen und die Entsorgung noch effizienter zu managen.

www.ait.ac.at

Duftsuche mit dem Mottensinn

Der Smellicopter kann gezielt nach Gerüchen fahnden.
Foto: University of Washington / Mark Stone

Drohnen erreichen Orte, die für Menschen nur schwer oder unter Lebensgefahr zu erreichen sind: Das macht sie zu nützlichen Kundschaftern in Krisengebieten aller Art. In solchen Gegenden kann aber auch der Geruchssinn dienlich sein, etwa um Gasaustritte oder Sprengstoffe rechtzeitig zu bemerken. Eine solche feine Nase fehlte Drohnen jedoch bislang — ihre olfaktorischen Fähigkeiten waren bisher nicht präzise genug.

Der Smellicopter, eine Entwicklung der University of Washington in Seattle, hat dieses Handicap nicht. Die Forscher bedienten sich dafür in der Natur – genauer bei den Motten: Anstatt mit einem mechanischen Sensor verbanden sie den betreffenden Schaltkreis mit der Antenne des Tabakschwärmers (Manduca sexta), die offenbar nach der Amputation vom Tier noch stundenlang physisch und chemisch funktioniert. Motten nehmen mit ihren Antennen feinste chemische Signale wahr, wozu elektrische Sensoren derzeit nicht in der Lage sind. Dazu wurde eine Software programmiert, die die Duftsuche der Motten nachahmt. So kann der Smellicopter nicht nur Gerüche erkennen, sondern auch gezielt nach ihnen fahnden.

www.washington.edu

Fingerabdrücke der Krankheiten

Ein Chip soll helfen, Erkrankungen per Luftanalyse zu erkennen.
Foto: Fraunhofer IPMS

Unser Atemgeruch verrät manchmal mehr als bloß die letzte Mahlzeit: Je nachdem, wie der Atem riecht, kann das auch ein Indiz für eine Krankheit sein. Viele Krankheiten verändern die Zusammensetzung und Konzentration der Spurengase in der Atemluft — und alle auf ihre charakteristische Weise. Erkrankte Gewebe setzen nämlich flüchtige organische Verbindungen – sogenannte VOC – frei, die sich dann durch Gerüche bemerkbar machen.

Am Fraunhofer-Projektzentrum Mikroelektronische und Optische Systeme für die Biomedizin (MEOS) in Erfurt arbeitet man derzeit an einem Ionenmobilitätsspektrometer, das in der Atemluft frühzeitig Krebserkrankungen, vor allem Lungenkrebs, erkennen soll.

Die VOC werden in das Spektrometer gepumpt, wo sie mit UV-Licht ionisiert und anschließend in einen miniaturisierten Chip weitergeleitet werden, wo eine alternierende Spannung angelegt wird. Daraus ergibt sich der "Fingerabdruck" der jeweiligen Krankheit.

In Zukunft soll das Messsystem auch für das Aufspüren von Atemwegsinfektionen genutzt werden.

meos.fraunhofer.de

Parfumkreation per künstliche Intelligenz

Eine KI-Anwendung greift auf einen Datensatz von Düften zu.
Foto: Symrise

Auch die Privatwirtschaft versucht inzwischen Künstliche-Intelligenz-Technologien im Bereich des Geruchs produktiv zu machen: So hat sich das deutsche Unternehmen Symrise, eines der weltweit führenden Unternehmen von Duft- und Geschmacksstoffen, mit dem Tech-Riesen IBM zusammengetan: Die Forschungsabteilung der amerikanischen EDV-Größe entwickelte für den Konzern aus dem deutschen Holzminden eine KI-Anwendung, mit der sich Parfums auf Basis von digitalen Duftmodellen kreieren lassen.

Das Programm "Philyra" greift dazu auf eine große Datenbank von Duftformeln, Duftfamilien und historischen Daten zurück und soll so schneller und effektiver Parfums für spezielle Zielgruppen konzipieren können.

Auch Google arbeitet derzeit daran, einer künstlichen Intelligenz das Riechen beizubringen. Forschern des firmeneigenen "Brain Team" gelang das bereits mit einem Programm: Ausgehend von einem Datensatz von 5000 Molekülen konnte der Software durch maschinelles Lernen beigebracht werden, die jeweilige Molekularstruktur dem entsprechenden Geruch zuzuordnen.

www.symrise.com

Der Sensor mit der kalten Schnauze

Ein Sensor soll den sensitiven Geruchssinn von Hunden erzielen.
Foto: Medical Diagnostic Dogs

Bekannt für ihre gute Nase sind im Tierreich vor allem Hunde. So spüren sie schnell Dinge auf, nach denen ohne sie die Menschen lange suchen müssen. Daher ist es naheliegend, dass sich die Forschung auf der Suche nach künstlichen Riechtechnologien an diesen Vierbeinern orientiert — etwa bei der "Nano Nose". So heißt das Gerät, das Forscher des Massachusetts Institute of Technology (MIT), der University of Texas in El Paso und der Johns Hopkins University entwickeln.

Ursprünglich wurde der Sensor genutzt, um Landminen und Sprengstoffe aufzuspüren. Nun soll die Technologie aber vor allem eingesetzt werden, um Krankheiten zu erkennen, da Hunde auch das sehr gut erschnüffeln können: Studien zeigten, dass Hunde etwa beim Riechen von Urinproben eine Erfolgsquote von bis zu 99 Prozent beim Erkennen von Prostatakrebs erzielten.

Es braucht Zeit, um Hunde entsprechend darauf zu trainieren. Die Nano Nose dagegen soll idealerweise auf Knopfdruck dazu bereit sein. Laut den Forschern soll die Technologie irgendwann auch in Smartphones integriert werden können.

www.mit.edu

Gerüche der Vergangenheit

Künstliche Intelligenz soll helfen, historische Gerüche aufzudecken.
Foto: Amsterdam Reijksmuseum, Digital Himanities, FAU Erlangen-Nürnberg

Wir wissen inzwischen von vielen vergangenen Epochen, wie sie ausgesehen haben. Über ihre Gerüche wissen wir aber immer noch wenig. Das möchte das interdisziplinäre Forschungsprojekt "Odeuropa" ändern.

Beteiligt sind an dieser vom EU-Forschungsprogramm "Horizon 2020" geförderten Studie Wissenschafter der königlichen Niederländischen Akademie der Wissenschaften in Amsterdam, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, der Fondazione Bruno Kessler in Trient, des Institut Eurécom in Sophia Antopolis, des Jožef-Stefan-Instituts in Ljubljana und des University College London. Da Gerüche jedoch schnell verfliegen, ist man auf die Beschreibungen von Zeitgenossen und auf kulturelle Artefakte angewiesen.

Somit analysieren die Forscher mithilfe von KI-Technologien zahlreiche Bilder und Texte aus vier Jahrhunderten, um herauszufinden, wie Gerüche in einzelnen Sprachräumen beschrieben wurden und mit welchen Emotionen verbunden waren. Daraus soll eine umfangreiche Datenbank erstellt werden, die uns mehr über die Gerüche der Vergangenheit verrät.

www.odeuropa.eu

(Johnannes Lau, 7.5.2021)