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Das Opernhaus Teatro Real in Madrid spielt seit Monaten mit 60 Prozent Sitzplatzauslastung.

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Wie heißt es so schön im Lied Major Tom? "Der Countdown läuft". "Völlig losgelöst" wird man zwar noch nicht sein, aber doch einigermaßen erleichtert. Wie Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) letzte Woche angekündigt hat, wird die Regierung bis Ende dieser Woche erneut etwas ankündigen: Öffnungen nämlich, für alle Branchen in ganz Österreich, also auch für den Kulturbereich.

Wie das konkret aussehen wird, dazu halten sich die zuständigen Stellen noch bedeckt. Klar ist der Zeitraum: Ab Mitte Mai oder allerspätestens Pfingsten (23. Mai) sollen Veranstaltungen wieder stattfinden, Theater, Kinos, Konzerthäuser öffnen können. Für die teilweise geschlossenen Museen dürfte es bereits früher wieder zu einer Öffnung kommen, nämlich dann, wenn der Ost-Lockdown, der aktuell noch Wien und Niederösterreich betrifft, zurückgenommen wird.

Comeback des Schachbretts

Fix ist auch, dass der Besuch von Kulturveranstaltungen nur mit negativem Covid-Test, Maske und dem gebotenen Abstand möglich sein wird. Ein Meter dürfte dem Vernehmen nach ausreichen, was die Rückkehr des Schachbrettmusters bei der Saalbelegung bedeuten würde.

Erste Infos sickern auch durch, was die erlaubten Kapazitäten betrifft: Diese sollen nicht wie im Feldversuch Vorarlberg bei 100 Personen gedeckelt werden, sondern durchaus mutig großzügiger ausfallen. Bis zu 800 oder 1000 Menschen im Publikum könnten möglich werden, heißt es. Gedacht wurde dabei an die großen Bundestheater Staatsoper, Volksoper und Burgtheater, die mit einer 100-Personen-Deckelung freilich wenig anfangen könnten.

Im Fall der Staatsoper, die bis zu 2000 Menschen fasst, aber auch in kleineren Theatern dürfte es ungefähr auf eine 50-Prozent-Belegung hinauslaufen. Gerüchte, wonach die Bundestheater bis zum Sommer geschlossen bleiben könnten, sind falsch, wie dem STANDARD von mehreren Seiten bestätigt wurde. Einzig das Haupthaus des Burgtheaters, nicht aber das Akademietheater, könnte aufgrund eines Umbaus – neue Bestuhlung und Klimaanlage – weiter geschlossen bleiben.

Sobald aber "geöffnet wird, wird auch gespielt", heißt es aus dem Kulturstaatssekretariat. Dem pflichtet Bundestheater-Holding-Chef Christian Kircher, der für die großen Häuser spricht, bei. Auch er rechnet mit einer 50-Prozent-Belegung.

Teatro Real als Vorbild

Der Regierung schwebt als ein Vorbild das Teatro Real in Madrid vor, das seit Monaten mit 60 Prozent Auslastung spielt und trotz des immer wieder prekären Infektionsgeschehens in Spanien keine Cluster produziert haben soll – positive Fälle gab es zuletzt zwar im Ensemble, die hat man mit engmaschigen Tests schnell unter Kontrolle gebracht, im Publikum sei es aber zu keinen Übertragungen gekommen.

Die Stadt Wien dürfte dem Vernehmen nach bei der Öffnung noch etwas auf der Bremse stehen. So sind dem Intendanten des Theaters an der Wien, Roland Geyer, die spärlichen Infos "für eine Detailplanung noch zu vage". Er warte ab, "bis es eine offizielle Entscheidung der Bundesregierung gibt, die von der Stadt bestätigt wird". Geyer kann sich vorstellen, "dass ab Anfang Juni vor Publikum gespielt wird".

Musikverein-Chef Stephan Pauly hingegen freut sich "auf die für Mai angekündigten Öffnungsschritte". Er wolle im Musikverein so viele Konzerte wie nur möglich bis zum Ende der Saison anbieten. Sein Kollege Matthias Naske vom Wiener Konzerthaus stimmt in den Optimismus ein: Man werde die laufende Saison sogar um weitere vier Wochen bis Ende Juli ausweiten. Auch Naske geht von 50-Prozent-Belegung "als Rahmen für die ersten Wochen" aus. "Das macht uns tatsächlich sicher. Jeder Tag, den wir früher starten können, ist ein gewonnener Tag oder besser Abend."

Schutz- und Stehbedürfnis

Im Jazzclub Porgy & Bess glaubt man an Öffnungen noch nicht recht, zu oft sei man kulturpolitisch schon enttäuscht worden. "Seit Lockdown-Beginn mit 3. November haben wir 300 Konzerte gestreamt und dabei reguläre Musikergagen ausbezahlt", heißt es trotzig. "Kommt jetzt die Öffnung, machen wir auf, kommt sie nicht, tun wir weiter wie bisher."

Und natürlich hofft man in der körpernah arbeitenden Theaterszene auf eine baldige Durchimpfung. Bis es so weit ist, fordert die IG Freie Theater mehr Anstrengungen, um die Künstler zu schützen: Gerade in beengten Räumen müsse die Politik Unterstützung für bauliche Adaptierungen anbieten. Beim Outdoor-Bereich wirbt Ulrike Kuner von der IG für Gelassenheit: "Die Regeln sollten nicht absurd werden", es solle "möglich sein, dass das Publikum auch einmal stehen darf, wenn Platz ist." (Stefan Weiss, Ljubiša Tošić, 20.4.2021)