Nicht zuletzt den Errungenschaften der Materialwissenschaft ist es zu verdanken, dass die Bezeichnung "Wundermaterial" mittlerweile inflationär verwendet wird. Auch die Materialklasse der sogenannten MXene (sprich: Maxene) bekam schon häufig dieses Schild umgehängt. Und tatsächlich zeigt das zweidimensionale Nanomaterial vielversprechende Eigenschaften etwa für den Einsatz in der Energiespeicherung. Wiener Forscher berichten nun im Fachjournal "ACS Nano", dass sich MXene auch als hervorragende Schmierstoffe erwiesen haben, die extrem haltbar sind und auch unter schwierigsten Bedingungen funktionieren.

Wie das Kohlenstoff-Material Graphen zählen auch die MXene zu den sogenannten 2D-Materialien: Ihre Eigenschaften werden wesentlich dadurch bestimmt, dass es sich um ultradünne Schichten handelt, um einzelne Atomlagen, ohne starke Bindungen nach oben oder unten.

Die atomaren Schichten von MXenen können sich gegeneinander verschieben, das verringert die Reibung.
Illustr.: TU Wien

Der Trick mit der Säure

"Man beginnt zunächst mit sogenannten MAX-Phasen, das sind spezielle Schichtsysteme, die etwa aus Titan, Aluminium und Kohlenstoff bestehen", sagt Carsten Gachot, Leiter der Tribologie-Gruppe am Institut für Konstruktionswissenschaften und Produktentwicklung der TU Wien. "Der entscheidende Trick ist, das Aluminium mit Flusssäure heraus zu ätzen." Übrig bleibt dann ein Stapel von atomar dünnen Schichten aus Titan und Kohlenstoff, die ähnlich wie Papierblätter lose aufeinanderliegen. Jede Schicht für sich ist relativ stabil, die Schichten können sich aber gegeneinander problemlos verschieben.

Diese Verschiebbarkeit der atomaren Schichten untereinander macht das Material zu einem hervorragenden Trockenschmiermittel: Ohne Abrieb zu erzeugen wird ein extrem widerstandsarmes Gleiten ermöglicht. Die Reibung zwischen Stahloberflächen konnte damit auf ein Sechstel reduziert werden – und das mit außergewöhnlich hoher Verschleißbeständigkeit: Auch nach 100.000 Bewegungszyklen funktionierte die MXene-Schmierschicht noch problemlos.

Einsatz unter erschwerten Bedingungen

Das ist perfekt für den Einsatz unter erschwerten Bedingungen: Während Schmieröl etwa im Vakuum bei Weltraummissionen sofort verdampfen würde, lassen sich MXene in Form von feinem Pulver auch dort einsetzen. "Man hat Ähnliches auch schon mit anderen Dünnschicht-Materialien versucht, etwa mit Graphen oder Molybdändisulfid", sagt Gachot. "Aber sie reagieren empfindlich auf Feuchtigkeit in der Atmosphäre. Wassermoleküle können die Bindungskräfte zwischen den einzelnen Schichten verändern. Bei MXenen spielt das hingegen eine geringere Rolle."

Ein weiterer, entscheidender Vorteil ist die Hitzebeständigkeit von MXenen: "Viele Schmiermittel oxidieren bei großer Hitze und verlieren dabei ihre Schmierfähigkeit. MXene hingegen sind viel stabiler, man kann sie sogar in der Stahlindustrie einsetzen, wo mechanisch bewegte Teile schon mal eine Temperatur von mehreren hundert Grad Celsius erreichen können", erklärt Gachot. "Auch von Seiten der Industrie gibt es bereits großes Interesse an diesen Materialien. Wir gehen davon aus, dass solche MXene schon bald in größerem Maßstab hergestellt werden können", ist Gachot überzeugt. (red, 21.4.2021)