Roswitha Schuller und Markus Hanakam lernten einander 2002 kennen und arbeiteten dann bald und bis heute im Duo.

Foto: Elsa Okazaki

"Das ist doch Design!", haben Roswitha Schuller und Markus Hanakam schon öfters als Reaktion auf ihre Arbeiten gehört. "Wir hatten einmal eine Solopräsentation, bei der wir riesige Tapetenmuster gezeigt haben. Die Galeristen haben die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Das war so grell, das hat sie in ihrem ästhetischen Empfinden gestört", schmunzelt Markus Hanakam. Dabei waren und sind Herren aus den Vorgängergenerationen wie Wurm und Nitsch doch auch mit Kunst, die "Peng!" macht, erfolgreich, ergänzt Schuller. "Das ist wie bei diesem Mückstein und seinen Turnschuhen. Die hatte Joschka Fischer doch auch schon vor Jahren an. Die Leute können sich einfach immer wieder über dasselbe aufregen."

Kunst, die "Peng!" macht: "Oikos Gradient Blue", 2020, Digitale Daten und Fine Art Print, 46,5 x 60 cm
Foto: Hanakam & Schuller, Bildrecht

Seit fast 20 Jahren sind der aus Essen stammende Hanakam (41) und die gebürtige Kärtnerin Schuller (37) sowohl beruflich als auch privat ein Paar. Sie lernten einander im Rahmen des Lehramtsstudiums Kunst- und Designpädagogik auf der Universität für angewandte Kunst kennen, bei dem stark auf Teamarbeit gesetzt wurde – etwas, was beiden zusagte. Mit dem konzeptionellen Zugang zur Kunst, mit dem L’art pour l’art, das in ihrer Generation in den freien künstlerischen Klassen an der Uni vorherrschte, konnten die beiden wenig anfangen, wie sie erzählen. Als sie dann in die Bildhauereiklasse wechselten und bei Wurm himself zu studieren begannen, blieben sie ein Team.

Sammeln und arrangieren

Klassische Bildhauer sind Hanakam & Schuller nicht. Video ist das Medium, in dem sie am meisten arbeiten. Bekannt sind sie für ihren Objektfetisch: Die Zutaten für ganze Hundertschaften kleiner zusammengesteckter Gegenstände haben sie über die Jahre gesammelt.

"Pink Thoughts", 2016, Digitale Daten und Fotografie, 120 x 180 cm
Foto: Hanakam & Schuller, Bildrecht

Es sind diverse Verschlusskapseln, Drehteile aus der Industrie, die sie quasi wie 3D-Puzzle zusammenstecken, bis etwas passt. "Die Verschlüsse von teurer Luxuskosmetik haben dieselben Radien wie jene vom Kloreiniger", sagt Schuller und steckt damit gewissermaßen das Feld ab, in dem das Duo sich austobt.

Denn Hanakam & Schuller sind Trickster, die auf der einen Seite voraussetzungsreiche Inhalte und groß angelegte Recherchen niederschwellig in knallige Farben und Formen übersetzen können. Auf der anderen Seite stilisieren sie zusammengesteckte Verschlusskapseln – also etwas völlig Banales – durch die Gegenüberstellung mit "echten" Kultgegenständen in ihren Videos zu ebensolchen hoch. Auratische Warenoptik? Irgendwie ja.

Digitale Ästhetiken

Darüber hinaus arbeiten Hanakam & Schuller sich an Sehgewohnheiten ab und bringen digitale Ästhetiken auch mal in einen Kirchenraum. Kürzlich hing im Klagenfurter Dom eine Fastentuch-Installation, die mit dem Phänomen der optischen Unschärfe spielt und auf Bildern wie eine Fotomontage aussieht. Eine faszinierende Arbeit, bei der man den eigenen Augen nicht traut.

"Bokeh ", Experimentelles Fastentuch im Klagenfurter Dom, 2021
Foto: Hanakam & Schuller, Bildrecht

Auch wenn sie bereits Instagram-Filter gestaltet haben, geht es ihnen in ihrer Beschäftigung mit Digitalität nicht darum, jedem Trend hinterherzujagen.

Hanakam & Schuller treten auch als Künstler in verschiedenen Formen in Erscheinung. Sie wollen Kunst machen, die für jeden zugänglich ist – sei es im Kirchenraum oder auf Instagram –, nehmen aber auch gewisse designlastige Auftragsarbeiten, wie zum Beispiel gerade die Sujetgestaltung für das Weltmusikfestival "Glatt und Verkehrt" an oder erarbeiteten im Auftrag der Vienna Design Week mit Lobmeyr Glasgefäße, die auch als Spielfiguren dienen.

Auch der klassische Kunstmarkt ist ihnen wohlvertraut. Sie werden seit circa zehn Jahren von der Galerie Krinzinger vertreten, davor waren sie bereits auf der Art Basel. "Man muss sich mit den Strukturen arrangieren. Ich finde die Art Basel nicht spannend, aber es ist wichtig, dass wir da sind. Deswegen verteufel ich das auch nicht", sagte Hanakam. "Es ist schon schräg, etwas herzustellen, von dessen Erwerb man mit den eigenen ökonomischen Mitteln fast ausgeschlossen ist", so Schuller.

Sujet für das Glatt-&-Verkehrt-Festival 2021
Foto: Hanakam & Schuller, Glatt & Verkehrt

Die Ökonomie des Duos

Die Arbeit als Duo – wobei Schuller daneben noch als Wissenschafterin tätig ist – hat den Nachteil, dass Hanakam & Schuller nur ein Einkommen haben. Dazu kommt, dass man mit Videoarbeiten auf institutionelle Ankäufe angewiesen ist, da sie viel weniger privat gesammelt werden. "Nur vom Verkauf der Videoarbeiten könnten wir nicht leben", sagt Schuller. Hanakam ist über die Außenwirkung oftmals amüsiert, wenn er gefragt wird, wie viele Mitarbeiter das Studio denn habe (Antwort: keine). Auch mit einer namhaften Galerie im Rücken und – gerade zu Beginn ihrer Karriere – internationaler Präsenz blieb der große Hype noch aus.

"Wir sind zufrieden, dass wir von unserer Kunst leben und die Dinge umsetzen können, die wir wollen. Vielleicht kommt es noch dazu, dass es so einen Hype gibt. Erzwingen kann man das nicht", sagt Hanakam. "Ich hoffe jedenfalls, dass das nicht erst passiert, wenn wir 80 sind! Diese Tendenz in Österreich, 80-Jährige auszugraben, ist schon schlimm. Wenn uns der Hype erwischt, dann bitte früher!", lacht Schuller. (Amira Ben Saoud, 21.4.2021)