Wohnbaustadträtin Katrin Gaál mit Bürgermeister Michael Ludwig (beide SPÖ).

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Die ÖVP Wien will fast alle Geschütze auffahren, um fragwürdige Vorgänge in der Stadt Wien zu beleuchten: Den Startschuss macht am Donnerstag ein Sondergemeinderat, Ende Mai soll dann ein Sonderausschuss folgen, und auch der Rechnungshof soll eingeschaltet werden. Auch die FPÖ Wien hält mit ihrer Kritik nicht hinter dem Berg, Parteichef Dominik Nepp prüft sogar eine Anzeige. Mehrere Themen liegen der Opposition im Magen, oftmals stützt sich ihre Kritik auf Gerichtsentscheidungen oder Berichte unabhängiger Prüfer des Rechnungshofs. Ein Überblick:

1. Gekippte Vergabe

Das Verwaltungsgericht Wien sorgte bereits im Jänner für helle Aufregung: Es erklärte eine Ausschreibung für CT-Geräte für nichtig, weil bestimmte einengende Vorgaben nicht ausreichend begründet worden waren. CT-Geräte von Siemens waren die einzigen Produkte, die in dieser Ausschreibung gewinnen konnten – etwa wegen der Art und Weise, wie sie sich kühlen. Doch für die Qualität der Geräte spielt es keine Rolle, ob sie sich – wie Siemens – durch Wasser oder – wie andere Hersteller – durch Luftzufuhr kühlen. Auch andere in der Ausschreibung angegebene Spezifikationen seien zu unkonkret; teils bediente man sich Siemens-eigener Wordings. Aus dem Büro des politisch zuständigen Stadtrats Peter Hacker (SPÖ) hieß es, man sei in die Ausschreibung nicht involviert gewesen. Seine Vorgängerin Sonja Wehsely war nach Ende ihrer Amtszeit zu Siemens gewechselt, dort dementiert man politische Einflussnahme. Um die Vergabe soll es am Donnerstag im Sondergemeinderat gehen, Nepp kündigte eine Sachverhaltsdarstellung an.

2. Fragwürdige Direktvergabe

Ein weiterer Beschaffungsvorgang von Medizingeräten empört die Opposition: So wurden Ultraschall-Geräte für Schwangere direkt beim US-Hersteller GE gekauft, wie "Profil" berichtete. "Diese Systeme hätten unbedingt ausgeschrieben werden müssen", sagte ein Branchenkenner dem Wochenmagazin. Der Wiener Gesundheitsverband (Wigev) sprach davon, dass die Anschaffung dieser speziellen Geräte nötig sei – das AKH, wo sogar Risikoschwangerschaften untersucht werden, setzt aber auf andere Hersteller.

3. Opposition vermutet "Versorgungsposten"

Die langjährige Vizebürgermeisterin Renate Brauner (SPÖ) ging nach ihrem Abschied aus der Landesregierung nicht zu Siemens, sondern in das neu geschaffene "Büro für Daseinsvorsorge und Kommunalwirtschaft". Einen "Versorgungsposten" witterte die Opposition, darunter damals noch die Neos. Vom Start im Mai 2018 bis zum Juni 2020, als der Stadtrechnungshof untersuchte, machten die Personalkosten rund 750.000 Euro aus: Für Brauner selbst und zwei weitere Mitarbeiter. Die Einrichtung werde zwar "zweckmäßig" geführt, es fehle jedoch an Zielwerten, mit denen man die Wirkung des Büros messen könne.

Auf der Webseite des Büros findet sich unter "Aktuelles" ein Beitrag der Zeitung des roten Pensionistenverbands; die Homepage wurde angemeldet von einer Person, die früher beim SPÖ-Pressedienst gearbeitet hat. "Factsheets" gibt es von der Österreichischen Gesellschaft für Politikberatung und Politikentwicklung, deren Vorsitzender der einstige langjährige Stadtrat und Klubobmann Rudolf Schicker (SPÖ) ist.

4. Die Geschäfte der Wohnbauträger

Der Commerzialbank-Super-GAU im Burgenland, wo Ermittler dem Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) gerade kurzzeitig das Handy abgenommen hatten, erreichten in den vergangenen Monaten auch Wien. Zwei Wohnbauträger – konkret Gesiba und Sozialbau AG – hatten ihr Geld bei der Commerzialbank veranlagt und verloren. Die Opposition fragt nun, warum zwei so große Wiener Bauträger ihr Geld in der doch eher kleinen Commerzialbank deponiert hatten. Die Gesiba bangt um 17,2 Millionen Euro; die Sozialbau AG Berichten zufolge um rund 70 Millionen Euro. Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál hält es allerdings für eine "Täter-Opfer-Umkehr", hier die Veranlager verantwortlich zu machen. "Es handelt sich ganz sicher nicht um eine Wohnbauaffäre, sondern um einen Bankenskandal und einen Bankenaufsichtsskandal", sagte Gaál dem "Kurier". Die Wohnbaufirmen verweisen auch auf die geringe Risikobewertung der Commerzialbank durch Kreditprüfer. (Fabian Schmid, 21.4.2021)