Bald könnten Ausgangssperren in Kraft treten, falls es nach Ansicht der deutschen Bundesregierung nötig wird.

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Vor dem Berliner Reichstag machten bis zu 8.000 Gegnerinnen und Gegner der Corona-Politik der deutschen Bundesregierung ihrem Ärger Luft: "Friede, Freiheit, keine Diktatur", "Widerstand" und "Wir sind das Volk" war dort am Mittwochnachmittag wie so oft auf einschlägigen Kundgebungen zu hören.

Drinnen, im Plenum des Bundestages, war die Stimmung ebenfalls hitzig: Mit den Stimmen der Regierungskoalition aus Union und SPD – und gegen die emotional vorgebrachte Ablehnung durch Teile der Opposition – beschloss das Parlament nach einem Jahr der Pandemie erstmals eine bundeseinheitliche Notbremse gegen die dritte Corona-Welle.

Dafür bediente sich die Regierung einer mitunter anschaulichen Sprache. Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus erinnerte vor der mit Spannung erwarteten Abstimmung an die 80.000 Menschen, die in Deutschland bisher an oder mit Covid-19 gestorben sind. Die Pandemie, sagte Brinkhaus zu den Abgeordneten, bringe ihn um den Schlaf. Denn er denke "an die Menschen, die krank geworden sind, an die Menschen, die sterben".

"Notbremse" soll Kontakte einschränken

Mit der entsprechenden Änderung des Infektionsschutzgesetzes bekommt die Bundesregierung nun erstmals ein Mandat auf Durchgriffsrechte in den – bisher oftmals zögerlichen – Ländern, sobald die Sieben-Tage-Inzidenz von über 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner überschritten wird. Diese sogenannte Notbremse soll zwischen Kiel und Kiefersfelden verbindliche Regeln für schärfere Corona-Gegenmaßnahmen festlegen. In Kreisen oder Städten mit hohen Infektionszahlen sollen dann weitgehende Ausgangsbeschränkungen ab 22 Uhr greifen. Auch ein Stopp von Präsenzunterricht in Schulen und strengere Bestimmungen für Geschäfte sollen dem Eindämmen der Neuinfektionen dienen.

Heterogene Klientel demonstrierte vor dem Reichstag.
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Anders als CDU-Mann Brinkhaus hält die Opposition nicht viel davon: Vor allem FDP und AfD ärgern sich über die geplanten Ausgangssperren, die "nichts bringen" und bloß "Grundrechte einschränken". Die Grünen enthielten sich ihrer Stimmen. Am Ende setzte sich die Koalition freilich durch. In namentlicher Abstimmung votierten in dritter Lesung schließlich 342 Abgeordnete für das Gesetz. Es gab 250 Nein-Stimmen und 64 Enthaltungen.

Bundeseinheitliche Regeln für den Notfall

Die Vorschriften könnten frühestens ab Samstag greifen. Bevor das geschehen kann, müssen sie am Donnerstag noch den Bundesrat passieren. Zudem muss Präsident Frank-Walter Steinmeier das Gesetz noch unterzeichnen – danach muss es noch verkündet werden. Die Maßnahmen sind bis 30. Juni befristet. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass spätestens dann die Pandemie durch die Impfungen stark zurückgedrängt ist. (red, APA, 21.4.2021)