Wien – Weil in der Pandemie immer mehr Menschen in Not geraten, gelte es bei Missbrauch nun noch genauer hinzusehen: Am Donnerstag präsentierte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) mit Andreas Holzer, Chef des Bundeskriminalamts, die Jahresbilanz seiner Taskforce zu Sozialleistungsbetrug, seit 2018 im Einsatz: Konnte diese in Kooperation mit anderen Ministerien, Ländern und Behörden im Jahr 2019 rund 2.255 derartige Fälle ausmachen, waren es im Vorjahr schon etwa 3.800 Anzeigen, die erstattet wurden. Summa summarum habe man dabei eine Schadenssumme von mehr 20,1 Millionen Euro ausgemacht.

Sozialleistungsbetrug ist "kein Kavaliersdelikt", mahnte Innenminister Nehammer (ÖVP) am Donnerstag.
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Erschleichen der Grundversorgung, unrechtmäßiges Beziehen von Mindestsicherung oder Notstandshilfe, das Stellen von Pensionsansprüchen, die einem gar nicht zustehen: Die Palette an möglichem und tatsächlichem Sozialbetrug ist breit, meist spielt dabei auch Urkundenfälschung eine Rolle. Wegen der steigenden Armut sei hier Missbrauch moralisch verwerflich und unsolidarisch, erklärte Nehammer, und: Der Staat sei "kein Selbstbedienungsladen, und Sozialbetrug ist kein Kavaliersdelikt".

Mehr Kontrollen, mehr Anzeigen

Die Erfahrung zeige: Je mehr kontrolliert werde, desto mehr Anzeigen hagle es auch, deswegen will der Innenminister nun etwa auch auf Bezirksebene und in Zusammenarbeit mit den Pensionsversicherungen die Kontrollen intensivieren. Rund 4.800 Tatverdächtige wurden 2020 ausgeforscht, darunter fänden sich doppelt so viele Männer wie Frauen, eine Häufung gebe es auch in der Altersgruppe der über 45-Jährigen. Die meisten Anzeigen setzte es im Vorjahr in Wien, nämlich 1.995, gefolgt von Niederösterreich und Oberösterreich mit 364 bzw. 337.

Holzer vom Bundeskriminalamt illustrierte die jüngste Statistik mit einigen Fällen, die für Aufsehen sorgten: So habe ein Mann in der Steiermark sechs Jahre lang die Pension seiner längst verstorbenen Mutter kassiert. In Kärnten wiederum flog mithilfe der Finanzpolizei eine Securityfirma mit mehr als 500 Beschäftigten auf, in der Mehrzahl geringfügig beschäftigt: Heraus stellte sich im Zuge der Kontrollen, dass viele Mitarbeiter Vollzeit tätig waren und auch noch Arbeitslosengeld bezogen. (Nina Weißensteiner, 22.4.2021)