Der Breitbandausbau fällt in den Arbeitsbereich von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Egal ob Homeoffice, Homeschooling oder einfach nur ein Videostream am Abend: Das vergangene Corona-Krisenjahr hat das Leben in Österreich zunehmend digitalisiert. Die Basis dafür ist aber eine entsprechende Infrastruktur, und die ist vor allem im ländlichen Raum vielerorts– gelinde gesagt – ausbaufähig.

So sind Gigabit-fähige Anschlüsse – also jene, die schneller als 1000 MBit/s sind – aktuell nur für 43 Prozent der Haushalte verfügbar, wie Bundeskanzler Sebastian Kurz am Donnerstag auf einer Pressekonferenz ausführt. Auch für Anschlüsse mit über 100 MBit/s besteht keine umfassende Versorgung, hier liegt der Anteil bei 80 Prozent.

1,4 Milliarden für den Breitbandausbau

Die Regierung wird daher im Rahmen eines als "Breitband-Turbo" bezeichneten Programms bis 2026 neue Mittel in der Höhe von 1,4 Milliarden Euro für den Breitbandausbau zur Verfügung stellen. Das Ausbaupaket wurde im Rahmen des Ministerrats bei der Regierungsklausur beschlossen.

Der Großteil der 1,4 Milliarden Euro – nämlich 891 Millionen Euro – stammen aus dem Resilienzfonds der EU. Weiteres Geld kommt von den Telco-Unternehmen, also aus der Zweckbindung der Erlöse der Frequenzvergaben – davon 187 Millionen Euro aus der Auktion 2019 und 202 Millionen Euro aus der Auktion 2020. Weitere 166 Millionen Euro waren bereits im aktuellen Budget vorgesehen.

Die nächsten Schritte

Die neuen Förderrichtlinien würden noch Donnerstag in die Konsultation geschickt, wie Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger sagt. Im Rahmen dessen haben verschiedene Stakeholder die Möglichkeit, sich dazu zu äußern. Anschließend soll das Vorhaben zur Notifikation nach Brüssel übermittelt werden.

Parallel dazu wird weiterhin an der Novelle des Telekommunikationsgesetzes gearbeitet. Ziel dessen ist es, die Vorgaben der EU in nationales Recht zu überführen und "möglichst investitionsfreundliche Rahmenbedingungen" für den privatwirtschaftlichen Ausbau von festem und mobilem Internet zu schaffen. Zuletzt hieß es, dass nur wenige EU-Staaten das TKG richtig umsetzen – auch an Österreich gab es Kritik.

Wie schnell bin ich?

Bei Ausbau der Infrastruktur sollen bisher unterversorgte Gemeinden prioritär behandelt und zügiger mit moderner Infrastruktur versorgt werden. Als Basis für die Entscheidungen soll der vor drei Monate überarbeitete Breitbandatlas dienen: Auch Privatpersonen können hier sehen, wie gut ausgebaut die Internet-Infrastruktur in ihrer Region ist.

Foto: WIGeoGIS GmbH, geolad.at, RTR-GmbH, AMA

Die Förder-Calls werden ausgeschrieben und von der FFG vergeben. Köstinger betont in diesem Kontext, dass man bewusst nur neue Technologien – und dabei vor allem die gigabit-fähigen – fördern werde. Neben festem Internet soll auch dem Ausbau des 5G-Netzes eine besondere Bedeutung zukommen.

Erste Reaktionen

In ersten Reaktionen haben sich Wirtschaftskammer, Gemeindebund, Wirtschaftsbund und Landwirtschaftskammer wohlwollend gegenüber den präsentierten Plänen geäußert. "Ein flächendeckendes Breitbandnetz ist die Basis für einen erfolgreichen und zukunftsweisenden Wirtschaftsstandort und schafft neben der digitalen Grundversorgung der heimischen Unternehmen auch Anreize zur Betriebsansiedlung internationaler Unternehmen in Österreich", heißt es etwa seitens des WKÖ-Präsidenten Harald Mahrer.

Auch der Telekomregulator sieht das Breitbandfördermodell als "Turbo für den Breitbandausbau": Ein zügiger und flächendeckender Breitbandausbau mit Glasfaser und 5G sei für Österreich wichtiger denn je, um die negativen ökonomischen Auswirkungen der Corona-Pandemie rasch und nachhaltig überwinden zu können, heißt es in einer Aussendung.

"Das kann nur gelingen, wenn neben privaten Investitionen auch ein zielgerichtetes, effektives staatliches Fördermodell entsprechende Impulse setzt, um Infrastrukturinvestitionen in die Fläche zu bringen", sagt Klaus M. Steinmaurer, Geschäftsführer der RTR-GmbH für den Fachbereich Telekommunikation und Post: Das heute vorgestellte neue Fördermodell sei "ein essenzieller Baustein, um die Wettbewerbsfähigkeit und damit den wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes in naher Zukunft maßgeblich und wirksam zu pushen".

Hutchison Drei: "Nachhaltige Gefährdung des Wirtschaftsstandorts"

Andere Töne hört man aus den Unternehmen. So heißt es auf Anfrage des STANDARD aus der Pressestelle von Hutchison Drei Austria, dass die vorgeschlagene Förderung nicht reiche: "Sie ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein und wird keineswegs reichen, um Österreich zur Gigabit-Nation zu machen," heißt es dort wörtlich.

Der Fokus von Drei liege auf einem investitionsfreundlichen TKG, heißt es weiter aus der Pressestelle. Denn ohne private Investitionen seitens der Betreiber werde Österreich die angestrebte 5G-Pole-Position nicht erreichen. "Fakt ist, dass die von der Politik in Aussicht gestellte Verbesserung der Rahmenbedingungen die Basis für die jüngste Frequenzauktion bildet – und damit für unsere Verpflichtung, mehr als 700 der entlegensten Orte mit schnellstem Internetzugang zu versorgen", heißt es abschließend bezüglich des TKG: "In der aktuellen Fassung würde das Gesetz eine Kehrtwende beim raschen 5G-Ausbau bedeuten und damit die Wettbewerbsfähigkeit des digitalen Wirtschaftsstandorts nachhaltig gefährden."

Bei Magenta heißt es wiederum, dass man die Fortsetzung der Fördermaßnahmen für den Breitbandausbau begrüße – es gebe im internationalen Vergleich immer noch Aufholbedarf. Die Förderrichtlinien werde man sich ansehen, wenn diese vorliegen – danach könne man endgültig beurteilen, ob die Maßnahmen ausreichend sind und ob Magenta sie in Anspruch nehmen wird. "Generell braucht es in Österreich mehr Investitionsanreize für den Ausbau von Infrastruktur als Basis der Digitalisierung. Der Ausbau ist im internationalen Vergleich in Österreich noch sehr teuer," heißt es hier.

Bei A1 heißt es, dass man die die präsentierten Vorschläge erst analysieren müsse. Erst danach könne man sie beurteilen.

SPÖ: "Kein Turbo, bestenfalls Starthilfe"

Die SPÖ-Sprecherin für Forschung und Digitalisierung, Petra Oberrauner, bezeichnet die von Kurz und Köstinger demonstrierte Freude als überzogen. "Damit geben Kurz und Köstinger zu, dass sie bisher die Unwahrheit verbreitet haben und der Topf für die Breitbandförderung entgegen ihren Behauptungen bislang leer war", sagt sie.

Denn das Geld für den Breitbandausbau stamme – wie eingangs erwähnt – größtenteils aus dem EU-Wiederaufbaufonds. "Nur dank der EU-Gelder, gegen die sich Kurz und Blümel so lange gewehrt haben, kommt jetzt ein bisschen Bewegung in den Breitbandausbau", sagt Oberrauner: "Der Kurz-Köstinger-Plan ist kein Breitband-Turbo, sondern bestenfalls eine Starthilfe für ein liegen gebliebenes Vehikel."

Insgesamt vergebe die Regierung eine große Chance beim Wiederaufbauplan: "Die EU-Milliarden sollten zusätzlich investiert werden, um die Konjunktur zu beleben, nicht dazu verwendet werden, um Budgetlücken auszufüllen", so Oberrauner.

IV fordert mehr Investitionen

Und bei der Industriellenvereinigung sieht man das Förderpaket ebenfalls als "richtige und wichtige Prioritätensetzung", betont aber zugleich die Wichtigkeit weiterer Investitionen und Maßnahmen.

In diesem Zusammenhang verweist die Industrie auf Berechnungen des Breitbandbüros des Bundes. Demnach liege der gesamte Investitionsbedarf für eine nahezu flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Gigabit-fähigen Anschlüssen bei etwa zehn bis zwölf Milliarden Euro. "Damit Österreich seine Breitbandziele 2030 erreichen kann, sind Investitionen durch die bestehenden privaten Infrastrukturbetreiber entscheidend", so IV-Präsident Georg Knill. (Stefan Mey, 22.4.2021)

Anmerkung: Die Reaktionen von SPÖ und IV wurden nachträglich hinzugefügt.