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EZB-Direktorin Christine Lagarde hält an der lockeren Geldpolitik fest. Zu unsicher seien die Zeiten, um davon abzugehen.

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In Österreich blickt man dieser Tage genau nach Frankfurt, denn am Donnerstag verkündete die Europäische Zentralbank (EZB), wie es mit der Geldpolitik für die Eurozone weitergehen soll. Immerhin waren hierzulande die Verbraucherpreise im März um zwei Prozent gestiegen, das liegt knapp über dem Ziel der Währungshüter. Die Inflation der gesamten Eurozone lag zwar nur bei 1,3 Prozent, das war aber ein markanter Sprung im Vergleich zum Vormonat. Handlungsbedarf sieht die EZB deswegen nicht: An der Zinsschraube wird nicht gedreht, wie Direktorin Christine Lagarde am Donnerstag bekanntgab. Die Anleihekäufe werden in bisherigem Ausmaß fortgeführt.

Das war zu erwarten, befindet sich der Kontinent ja noch in der dritten Welle – und die Wirtschaft nimmt erst langsam an Fahrt auf. Frühindikatoren würden sogar darauf hindeuten, dass die Wertschöpfung in der Eurozone im ersten Quartal leicht schrumpfte, begründete Lagarde die Entscheidung: Der Weg über die "Pandemiebrücke" sei noch weit.

Selbst in guten Zeiten blieb der Leitzins seit Jahren bei rekordtiefen null. Das jüngste Aufflackern der Inflation hängt mit dem im vergangenen März abgestützten Ölpreis zusammen. Die Pandemie hat vor einem Jahr einige Märkte durcheinandergewirbelt, das erklärt die jüngsten Preissignale, betont man seitens der Währungshüter. Experten debattieren trotzdem, wie ein Exitszenario aussehen könnte.

Geldpolitik mit PEPP

Wenn es darum geht, die geldpolitischen Zügel anzuziehen, steht der Zins derzeit hinten in der Schlange. Im Rampenlicht ist das Corona-Notkaufprogramm für Staatsanleihen und Wertpapiere von Unternehmen (PEPP). Die EZB bestätigte am Donnerstag, das Programm mit einem Volumen von 1,85 Billionen Euro bis mindestens Ende März 2022 fortzuführen. Bei der letzten EZB-Sitzung im Vormonat kündigten die Währungshüter an, die Käufe zu beschleunigen, das werde im zweiten Quartal nun geschehen. Sollte sich die Lage verbessern, könnte das PEPP-Programm im dritten Quartal gedrosselt werden, blieb Lagarde vage. Das Kaufprogramm soll Unternehmen und Staaten helfen, sich weiterhin günstig zu verschulden.

Kurz erklärt: Die Zentralbank kauft Schuldscheine von Staaten und Unternehmen bei Finanzdienstleistern. Das Geld dazu tippt sie in den Computer, wodurch es für Banken real wird. Weil die Staatspapiere mit der EZB einen sicheren Käufer haben, gehen Anleger kein großes Risiko ein, wenn sie den Euroländern Geld borgen. Dafür müssen die Länder keine hohen Zinsen versprechen, sie können sich also günstig verschulden. Mit dem geborgten Geld werden Konjunkturpakete finanziert. Das soll Konsum und Investitionen ankurbeln, wodurch auch die Preise steigen sollten und die Notenbanker sich zufrieden zurücklehnen können, bis es Zeit ist, in die andere Richtung gegenzusteuern. Doch die EZB wartet seit der Eurokrise auf steigende Preise, bisher vergebens.

Die Hoffnung bleibt, dass die Notenbanker in der Corona-Krise mehr Handlungsspielraum haben. In der letzten Krise fühlten sie sich von der Fiskalpolitik alleingelassen. Das sei heute anders, wie Isabel Schnabel, Mitglied des EZB-Direktoriums, zuletzt im STANDARD-Interview gesagt hat. Mit dem Sonderkaufprogramm reagierte man diesmal im Takt mit nationalen milliardenschweren Hilfspaketen.

An einem Strang

Dass die Eurofinanzminister mit den Notenbankern an einem Strang ziehen, liegt auch an der Art der Krise: Anders als Investoren, die während der Eurokrise den Südländern das Vertrauen entzogen und den nördlichen Mitgliedern der Währungsunion schenkten, unterscheidet das Coronavirus nicht nach Deutschen und Italienern. Alle sitzen in einem Boot, darum fällt die Antwort europaweit gleich aus.

Zumindest galt das für das erste Jahr der Pandemie. Nunmehr stehen die Weichen auf Erholung. Im EZB-Rat wird darüber debattiert, wann das Corona-Kaufprogramm abgewickelt werden soll. So plädierte der niederländische Zentralbankchef Klaas Knot dafür, die Anleihenkäufe mit März 2022 auslaufen zu lassen. Mit der Ansicht spaltete er den EZB-Rat und Experten. Die einen fürchten, dass es zu früh ist, um konkrete Ausstiegspläne zu kommunizieren. Auf der anderen Seite steht das Argument, dass die EZB nicht neuerlich ein Kriseninstrument zu einer Dauerlösung machen soll. Das Anleihenkaufprogramm infolge der Eurokrise läuft seit sieben Jahren. (Leopold Stefan, 22.4.2021)