Für die Opposition in der Wirtschaftskammer ist der Gipfel der von Präsident Harald Mahrer versprochenen Reformen noch lange nicht erreicht.

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Wien – Der kritische Bericht des hauseigenen Kontrollamts der Wirtschaftskammer zu Beratungs- und Personalkosten der gesetzlichen Interessenvertretung sowie Schulgeldzuschüsse für Kammerangestellte im Inland und andere Auffälligkeiten bleibt nicht ohne Folgen. Die Opposition im Wirtschaftsparlament, also Neos und Grüne Wirtschaft, verlangen die Offenlegung des grundsätzlich streng unter Verschluss gehaltenen Gebarungsberichte des Kontrollausschusses.

Die Neos nehmen insbesondere Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) in die Pflicht. Ihrem Ministerium obliegt die Kontrolle der Wirtschaftskammer, und in diesem Zusammenhang werfen die Liberalen der ÖVP-Ministerin Untätigkeit und "null Reaktion auf die verschwenderischen Praktiken" vor. Der Bericht des Kontrollausschusses müsste Schramböck seit August 2020 vorliegen, echauffiert sich Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn. Dass Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer (ÖVP) den Bericht des Kontrollausschusses noch nicht in der Endversion vorliegen haben will, sei nicht nachvollziehbar, sagte Schellhorn mit Verweis auf einschlägige Bestimmungen des Wirtschaftskammergesetzes.

Ministerielle Aufsichtspflicht

"Als gesetzliche Aufsichtsbehörde ist Schramböck für die Gebarungskontrolle zuständig und berechtigt, Auskünfte einzuholen und rechtswidrige Beschlüsse aufzuheben. Aber sie blieb untätig", ärgert sich Schellhorn, der über eine parlamentarische Anfrage Auskunft begehrt, warum die Ministerin untätig blieb – obwohl Gremialbeschlüsse für exorbitant gestiegene Beratungsaufträge fehlten.

Die Grüne Wirtschaft wiederum verlangt vom Präsidium der Wirtschaftskammer die Herausgabe des Kontrollamtsberichts an das Wirtschaftsparlament, das im Juni tagt. Auch einen schriftlichen Bericht über das Ergebnis der Beratungen des Präsidiums zum Gebarungsbericht 2019 verlangt Sabine Jungwirth. Darüber hinaus begehrt die Vorsitzende der Grünen Wirtschaft ebendort die Beantwortung einer Vielzahl von Fragen, die der Öffentlichkeit zugänglich zu machen seien.

Der Personalpool

So geht es um die Kosten für einen Personalpool, in dem nach Angaben der Wirtschaftskammer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geparkt werden, denen eine Aus- und Weiterbildung zuteil wird oder die nach einer Karenz darauf warten, welcher Abteilung sie zugeteilt werden. Die Kosten dieses Personalpools sind laut Kontrollamt enorm hoch, teilweise seien Mitarbeiter seit 15 Jahren dort angestellt. Tausende Überstunden bei Teilzeitkräften wiederum legten die Einführung eines Monitorings für den Abbau von Urlaubs- und Zeitguthaben dringend nahe.

Darüber hinaus brauche es ein Verbot von Sonderförderungen für die im Präsidium vertretenen Wählergruppen, also Wirtschaftsbund, Sozialdemokratischer Wirtschaftsverband und Freiheitliche Wirtschaft. Diese Unsitte – Ende Juni 2018 und Ende November 2019 wurden beschlossen, insgesamt 1,1 Millionen Euro zusätzlich auszuschütten – sei abzustellen.

Neos wie Grüne hinterfragen zudem die vom WKO-Präsidenten gepriesenen Reformen und Einsparungen, die laut Mahrer 134 Millionen Euro ausmachten. Die Kammerumlagen für die von der Krise massiv gepeinigten Unternehmen seien minimal gesenkt worden, trotzdem lagen die Einnahmen 2019 bei 999 Millionen Euro, also nur knapp unter jenen des Jahres 2018, und das Eigenkapital stieg um mehr als hundert Millionen auf 1,73 Milliarden. (ung, 22.4.2021)