"Bounce" drückt eine Abwehr von sozialer Kälte aus, soweit sich das aus dem Video ablesen lässt.

Foto: Martin Valentin Fuchs

Warum nicht auch versuchen, in diesen schwierigen Zeiten ein bisschen glücklich zu sein? Und an der eigenen emotionalen Resilienz zu basteln, denn viele fühlen sich psychisch belastet. Der Wiener Choreograf Costas Kekis jedenfalls kümmert sich darum, ob es eh noch geht. Aktuell stellt das Brut-Theater einen Film vor, der zwar groß als Uraufführung seines neuen Stücks Bounce angekündigt war, dann aber beim Publikumsgespräch nach der Präsentation sogar von Kekis selbst nur als "Sneak-Peak-Video" bezeichnet wird.

Manche könnte das enttäuschen. Denn die Performance auf ein zwanzigminütiges Ausschnitte-Promo zu schrumpfen zeigt nur wenig Achtung vor den Online-Zuschauern. Es läge auch in der Verantwortung des Veranstalters, eine solche Appetithappen-Strategie vonseiten des Künstlers nicht als "Online-Filmpremiere", sondern eben als "Preview-Video" anzukündigen.

Befremdliches Manöver

Dieses befremdliche Manöver hätte nicht sein müssen. Es gibt mittlerweile genügend Beispiele für ganz ausgezeichnete Online-Premieren: von Oleg Soulimenko mit Jasmin Hoffer über Claire Lefèvre oder Frans Poelstra bis hin zum kleineren Format wie bei Julia Müllner und Jaskaran Anand. Sie alle haben ihre Online-Arbeiten künstlerisch ernst genommen und auf unterschiedliche Art etwas Spezielles für ihr Publikum produziert.

Ob es Kekis und seiner Crew trotzdem gelungen ist, einen Vorgeschmack auf die möglicherweise irgendwann im Herbst folgende Live-Aufführung zu liefern? Das hängt von den Erwartungen der Zuschauer ab. Das Bounce-Video enthält einerseits vielversprechende Momente wie einen Fingertanz der jungen Performancekünstlerin Mirabella Paidamwoyo Dziruni, zum anderen aber auch eine überdimensionierte Passage, in der die fünfköpfige Tänzergruppe auf allen vieren krabbelnd Tierchen spielt.

Immerhin wird deutlich, wie leidenschaftlich die Tänzerinnen und Tänzer bei dem therapeutisch wirkenden Spiel mitmachen, wie viel Interesse sie an der Repräsentation einer bestimmten Auffassung von Vielfalt haben und dass es die ganze Zeit über recht bunt zugeht. Dazu liefert die Musik von Tanja Fuchs eine passende Sound-Dynamik, und stellenweise fließt aus dem Off gesprochener Text ein.

Lebensgefühl des Miteinander

Mit der Darstellung eines dringenden Wunsches nach einem "freien", nicht vordefinierten Körper stehen Kekis und seine Crew ganz im aktuellen Trend einer queeren Performance, die sich längst einen internationalen Kanon erarbeitet hat. In Wien wird dieser in sich eng definierte Kanon seit einigen Jahren besonders von Brut, Wuk und Tanzquartier betreut.

Auch Bounce drückt, soweit sich das aus dem Video ablesen lässt, eine Abwehr von sozialer Kälte und auf Effizienz getrimmter Kommunikation aus. Und es drückt ein von Achtsamkeit und Zuwendung geprägtes Lebensgefühl aus, mit dem das Miteinander ähnlich empfindender Identitäten unterschiedlicher Provenienz gefeiert wird. Das Glück liegt im ganz spezifischen Erlebnis, als Verstärker dienen Teile der Popkultur und der Werbeindustrie.

Darin liegt eine Gefahr für das vielschichtige politische Anliegen, das auch in Bounce verwoben ist: Eine trendig und elitär wirkende Ästhetik der – wie es der Philosoph Michel Foucault ausdrückte – "Sorge um sich" kann durch ihre Wiederholung in immer ähnlicher Form leicht zur oberflächlichen Attitüde verkommen. Es braucht auch hier: mehr Vielfalt. (Helmut Ploebst, 23.4.2021)