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Seit rund 20 Jahren nutzen die Postfilialen in Großbritannien eine Software genannt Horizon. Aufgrund eines Bugs glaubte das Programm, hunderttausende britische Pfund seien gestohlen worden. So wurden Angestellte der Post unschuldig angezeigt und teilweise auch eingesperrt. Bitter, da man bei der Post offenbar von dem Bug wusste, die Behebung aber nicht in Angriff nehmen wollte.

Bis zum Selbstmord

In einem aktuellen Bericht der "BBC" kommen 39 betroffenen Mitarbeiter zu Wort, reden über ihre zerbrochenen Beziehungen und ähnlich traumatische Erlebnisse. So wird etwa Janet Skinner zitiert, die ihre Kinder neun Monate nicht sehen durfte, weil sie wegen angeblichen Diebstahls ins Gefängnis musste. Nach ihrer Kündigung bei der Post war es aufgrund ihrer Vorstrafe auch schwierig eine neue Beschäftigung zu finden.

Eine andere Mitarbeiterin wurde schwanger ins Gefängnis geschickt, ein Mann nahm sich sogar das Leben, weil er laut Software Horizon über 100.000 Pfund (115.000 Euro) gestohlen haben soll.

Hergestellt wurde die Software von der japanischen Firma Fujitsu. In den Jahren 2000 bis 2014 wurden 736 Postangestellte in Zusammenhang mit der Software gerichtlich belangt. Es handelte sich dabei immer um denselben Fehler. Konten, die von Mitarbeitern verwaltet wurden, zeigten fälschlicherweise ein Minus. Laut "BBC" sollen die Betroffenen teilweise ihr eigenes Geld dazu benutzt haben, um die vermeintlichen Löcher zu stopfen.

Späte Gerechtigkeit

Nach 14 Jahren scheint es jetzt zumindest partiell zu Entschädigungszahlungen zu kommen. 2019 einigte sich die Post mit 555 Antragstellern, weitere rund 2.000 Anträge sind noch offen. Erst vor wenigen Wochen sagte ein Sprecher der britischen Post, man werde die Software Horizon durch eine andere ersetzen. Man sei zudem in Gesprächen mit der Regierung, um allen Betroffenen Entschädigungszahlungen zukommen zu lassen. Auch Premier Boris Johnson meldete sich deshalb auf Twitter zu Wort, um noch einmal persönlich darauf hinzuweisen, dass man solch eine Ungerechtigkeit in Zukunft vermeiden wolle.

Menschliches Versagen

Lange Zeit wurde von der britischen Post ein Softwarefehler ausgeschlossen. Laut "BBC" gibt es allerdings Beweise, dass man in der Rechtsabteilung der Post sehr wohl wusste, dass es sich bei dieser Häufigkeit nicht um menschliches Versagen alleine handeln könne. So wird in dem Bericht ein Mitarbeiter der Post zitiert der sagt, dass sein Arbeitgeber "wissend das Leben und die Freiheit seiner Mitarbeiter schädigte und das alleine für Profitmaximierung und den Schutz der eigenen Reputationt." (aam, 24.4.2021)