Bildungsminister Heinz Faßmann knüpft das Testnetz an den Schulen noch enger und ist froh über die Rückkehr zum Präsenzunterricht für alle Schülerinnen und Schüler.

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Wien – Die Schulen sind die Vorreiter bei der am Freitag von der Regierungsspitze für Mitte Mai angekündigten oder jedenfalls geplanten Öffnungswelle großer Bereiche. Ihre Tore öffnen sich nämlich schon am Montag, 17. Mai, wieder. Dann gibt es für alle Schülerinnen und Schüler durchgehend Präsenzunterricht (zuletzt galt das nur für die Volksschulen), also Schluss mit Schichtbetrieb ab der Sekundarstufe.

Dafür wird das bereits etablierte Testnetz im Schulbereich noch enger geknüpft, als es schon bisher war. Denn ab 17. Mai wird jede Schülerin und jeder Schüler alle 48 Stunden, also drei Mal pro Woche (wie schon jetzt in den Volksschulen) auf das Coronavirus getestet. Diese Selbsttests sind ein zentraler und entscheidender Bestandteil des Schulöffnungsmanagements.

Tests ermöglichen Präsenz

Schon bisher waren die Tests jenes Instrument, das mehr Präsenztage in den Schulen ermöglichen sollte, sagte Bildungsminister Heinz Faßmann bei der Präsentation der Details am Samstagvormittag. So waren österreichische Volksschülerinnen und Volksschüler im Jahr 2021 bisher 44 Tage im Präsenzunterricht, in Bayern hingegen nur 20. In Tschechien gab es überhaupt nur zehn Präsenztage seit Jahresbeginn, und die im Schichtbetrieb.

Wenn am 17. Mai die Schülerinnen und Schüler an Sekundarstufen aus dem Schichtbetrieb in den normalen Präsenzunterricht zurückkehren, stehen dann im Osten noch 33 Schultage auf dem Programm, im Westen 38.

Das österreichische Testmodell gelte übrigens als Vorbild für andere Länder, sagte der Bildungsminister. Das "konsistente System aus Testungen" ist denn auch der wichtigste Grund, warum Faßmann die Öffnung der Schulen für vertretbar hält: "In keinem anderen europäischen Land oder Gesellschaftsbereich wird so oft und verlässlich getestet."

9.500 positiv Getestete aus 12 Millionen Tests in Schulen

Und diese Tests seien "ein wichtiger Beitrag zur Pandemiebekämpfung", betonte Faßmann. Denn mit Stand Freitag (23. April) wurden durch insgesamt rund 12 Millionen Corona-Tests in den Schulen an die 9.500 positiv getestete Schülerinnen und Schüler bzw. Lehrkräfte (nach PCR-Bestätigung) "aus der Infektionskette herausgenommen" – und noch viele mehr, weil ja auch oft Eltern, Geschwister oder Partner angesteckt sind.

Faßmann geht jedenfalls optimistisch in die nächsten drei Wochen bis zur Öffnung: "Wir sind, glaube ich, gut aufgestellt." Viele hätten darauf gewartet, vor allem viele Eltern: "Es war auch Zeit", hätten viele von ihnen gesagt. Der Minister verwies dazu auf eine Befragung von 600 Elternteilen durch Peter Hajek (Public Opinion Strategies). Demnach sagten 45 Prozent der Befragten, Homeschooling sei für sie eigentlich nicht mehr machbar. Zwei von drei (68 Prozent) bemerken sehr starke oder starke psychische Belastungen ihrer Kinder, Tendenz zunehmend.

71 Prozent der Eltern fordern Vollbetrieb

71 Prozent sprachen sich daher für einen Vollbetrieb in den Schulen aus, 17 Prozent für den Schichtbetrieb und nur mehr 8 Prozent wollen für ihre Kinder weiterhin Distanzunterricht. Vier Fünftel (82 Prozent) sind der Meinung: "Die Schulen müssen als erstes wieder geöffnet werden." 56 Prozent stimmen dieser Position sehr zu, 26 Prozent eher.

Ihr Wunsch soll nun jedenfalls realisiert werden. "Ich begrüße die Rückkehr in den Präsenzbetrieb", sagte der Bildungsminister: "Vieles wird einfacher" – für Eltern, Lehrkräfte, vor allem aber die Schülerinnen und Schüler.

Was passiert also ab 17. Mai in den österreichischen Schulen?

WAS BLEIBT:

  • Maskenpflicht
  • Keine mehrtägigen Schulveranstaltungen
  • Singen und Sport nur im Freien erlaubt, drinnen "distanzorientierte" Sportarten

WAS KOMMT:

  • Präsenzunterricht für alle Schülerinnen und Schüler im gewohnten Klassenverband und nicht mehr im Schichtbetrieb.
  • Drei Corona-Tests pro Woche für alle: Sämtliche Schülerinnen und Schüler müssen sich alle 48 Stunden in der Schule selbst testen. Auch die Unterstufen nützen künftig, kündigte Faßmann an, einen "verlässlicheren", also sensitiveren Test, den die Oberstufen und das Lehrpersonal schon seit Testbeginn verwendet haben. In den Volksschulen kommt, so heißt es, "ein Produkt mit leichterer Handhabung" zum Einsatz. Aktuell wird also noch mit den weniger genauen Antigentests gearbeitet.
  • PCR-Gurgeltest-Pilotprojekt in Wien: Es wird in Wien in Kooperation mit Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) und Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) ein Pilotprojekt an zehn Schulen mit PCR-Gurgeltestungen gestartet zur weiteren Verbesserung der Testungen: "Wir wollen schauen, ob die Schülerinnen und Schüler bereit sind, kontinuierlich Gurgeltests durchzuführen und Zertifikate vorzulegen", sagte Faßmann. Dann müssten sie die Standardtests in der Schule nicht mehr durchführen, wenn sie dazu bereit sind. Das wolle man mit dem Projekt herausfinden. Aber auch, welche Logistik für dieses Unterfangen, womöglich österreichweit, notwendig wäre.

    Darum findet das PCR-Gurgeltestprojekt auch in der Bundeshauptstadt Wien statt, wo schon jetzt (fast) "alles gurgelt", wie das Projekt der Stadt mit der Wirtschaftskammer heißt. In Wien wolle man sehen, wie sich die komplexere Logistik zur Abwicklung von PCR-Tests, die wesentlich sensiblere Ergebnisse als die Antigentests liefern, organisieren und durchführen lässt. Faßmann erinnerte an die sehr unterschiedlichen regionalen Gegebenheiten in Österreich, wo nicht jeder und jede an der zweiten Straßenecke ums Haus einen Super- oder Drogeriemarkt hat, wo der PCR-Test zur Auswertung abgegeben werden kann. "
  • Matura: Eines der besonders wichtigen Themen, für das bereits Eckpunkte und neue Regeln verkündet wurden, ist die Reifeprüfung: Die Jahresnote fließt ein, die Präsentation der Vorwissenschaftlichen Arbeit (VWA) und der Antritt bei der mündlichen Matura sind optional, also freiwillige Mehrleistungen, und die Mathematik-Matura wird neu bewertet. Außerdem werden die Kandidatinnen und Kandidaten mehr Zeit bekommen.
  • Angeratene Askese vor der Prüfung: Ein Thema, zu dem es bereits viele Anfragen von verunsicherten Maturantinnen und Maturanten gebe, sei die Frage: Was passiert, wenn ich am Tag der Klausur positiv getestet werden oder K1-Kontaktperson bin und in Quarantäne bleiben muss? "Wir raten in der Woche vor der Matura zur Reduktion der Sozialkontakte", sagte der Minister: "Asketisches Verhalten vor der Klausur wäre zu raten."

    Der vorbereitende Ergänzungsunterricht für die schriftlichen Prüfungen findet in der Woche vor den Klausuren im Distanz-Modus statt, die Schülerinnen und Schüler werden gebeten, sich einen Tag vor der Klausur zum Beispiel in einer Teststraße oder in einer Apotheke ein Zertifikat über einen negativen Coronatest zu besorgen, damit es am Prüfungstag keine kurzfristige Aufregung gibt, falls dort ein positives Testergebnis herauskommen sollte. Schülerinnen und Schüler, die vielleicht am Prüfungstag nach dem Selbsttest vor Ort falsch positiv sind (Antigentest zwar positiv, der weitere PCR Test aber negativ) oder die als K1-Kontaktfälle geführt werden, "werden nicht automatisch zum Nebentermin antreten müssen. Für sie wird im Rahmen des Haupttermins eine Ersatzlösung erarbeitet", hieß es aus dem Bildungsressort. Faßmann versicherte: "Diese Ersatzlösung wird zu keinem Laufbahnverlust führen."
  • Ausbau der Schulpsychologie: Eine Maßnahme zur besseren Bewältigung der Auswirkungen der Pandemie auf Schulkinder ist die Aufstockung der schulpsychologischen Personalressourcen um 20 Prozent, um mehr niederschwellige Angebote realisieren zu können.
  • Förderstundenpaket: Rund 1,5 Millionen Förderstunden stehen bis zum Ende des Semesters zur Verfügung, um Lernrückstände, die durch die Zeit im Homeschooling entstanden sind, möglichst aufzuholen. Auch im Wintersemester soll das Programm weitergeführt werden.
  • Kostenlose Lernhilfestunden: Über die Plattform weiterlernen.at ist kostenlose, individuelle Lernunterstützung abrufbar. Von diesem Angebot wurden bis jetzt rund 25.000 Stunden in Anspruch genommen. Dank EU-Geldern können jetzt weitere fünf Millionen Euro dafür zur Verfügung gestellt werden.

Die Neos begrüßten in einer Aussendung die Öffnung der Schulen. Die SPÖ schloss sich dem an, bemängelte allerdings ein fehlendes Konzept, wie neuerliche Schullockdowns verhindert werden können. Keinen Grund, mit der Öffnung noch einen Monat zu warten, sieht die FPÖ.

Alles in allem resümierte Bildungsminister Faßmann die nun bevorstehende Rückkehr in die Schulen so, dass man sie "mit Respekt und Sorgfalt" angehe: "Wir wissen, dass das Virus unter uns ist, dass es mutiert und manche Mutation auch mehr Kinder und Jugendliche erreicht". Aber er sei "optimistisch, dass das Schuljahr vielleicht mit einer langen Phase im Vollbetrieb endet, eigentlich so wie Schule damals." Damals, vor dem Auftauchen des Sars-CoV-2-Virus im Frühjahr 2020. (Lisa Nimmervoll, 24.4.2021)