Der Weg zurück in die Normalität wird mit Hinweisschildern gepflastert sein: Wer Gasthäuser, Theater & Co besuchen will, muss nicht nur Maske tragen, sondern sich auch registrieren lassen und ein Test-, Impf- oder Genesungszertifikat vorweisen.

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Lockdown adé: Das war die Botschaft am Freitag Nachmittag durch das ganze Land hallte. Im Mai will die Bundesregierung fast alles wieder aufsperren, was ein normales Leben ausmacht. Sicherheitskonzepte sollen garantieren, dass der Freiheitstaumel nicht in einer vierten Corona-Welle mündet. Doch an den Plänen gibt es Zweifel.

Frage: Wann soll die breite Öffnung stattfinden?

Antwort: Zum großen Tag hat die Regierung den 19. Mai auserkoren. An diesem Mittwoch vor Pfingsten sollen Gasthäuser ebenso aufsperren wie Hotels, Pensionen und alle anderen Beherbergungsstätten, Freizeitbetriebe wie Bäder und Thermen, Theater und Sportstätten – indoor ebenso wie outdoor. Auch Veranstaltungen sind dann wieder erlaubt, das gleiche gilt für Messen und Kongresse.

In Wien und Niederösterreich, wo derzeit noch ein restriktiverer Lockdown herrscht als im Rest des Landes, werden Lockerungen gegenüber dem Status Quo laut Plan schon früher spürbar sein. Niederösterreich will mit 3. Mai alle Geschäfte und körpernahe Dienstleistungen wie etwa Friseure wieder aufsperren, Wien zaudert noch wegen der relativ hohen Infektionsrate in der Stadt – die Entscheidung soll am Dienstag fallen.

In beiden Ländern wird aber bereits am Montag der Präsenzunterricht an den Schulen wieder starten. Vollständig regulären Unterricht soll es österreichweit ab 17. Mai geben.

Frage: Die 7-Tages-Inzidenz (Infektionsfälle pro 100.000 Einwohner) ist seit Monatsanfang auf 183,4 gesunken, liegt aber immer noch weit über dem von der Regierung einst als kritische Grenze definierten Wert von 50. Sind Öffnungen da guten Gewissens vertretbar?

Antwort: Unter Experten fällt das Urteil gemischt aus. Manche Fachleute, wie Dorothee von Laer, Virologin an der Universität Innsbruck, halten es für vertretbar, dass das Ziel für Mitte Mai anvisiert wird: "Wenn alles gut geht, kann man die Öffnungen machen." Andere, wie der Mikrobiologe Michael Wagner, sind deutlich skeptischer: "Die Regierung geht ein unnötiges Risiko ein, das in einem nochmaligen Lockdown enden kann." Kritische Stimmen gibt es auch in der Ampel-Kommission, wie die Austria Presse Agentur berichtete. Laut internem Protokoll der Sitzung diese Woche urteilte der Vorsitzende Ulrich Herzog, "dass die geplante Vorgehensweise eine hoch angesetzte Wette gegen den Impffortschritt ist." Es sei zu hoffen, "dass man diese Wette nicht verliert".

Frage: Was will die Regierung tun, damit es anders kommt, als die Skeptiker befürchten?

Antwort: Die große Hoffnung sind die Impfungen: Bis Ende Juni soll jeder, der will, die Möglichkeit zumindest für den ersten Stich bekommen haben. Darüber hinaus setzt die Regierung auf ein detailreiches Sicherheitskonzept.

Die Grundsäulen: Fast überall – große Ausnahme ist der Handel – müssen sich Gäste mit Namen und Kontaktdaten registrieren lassen, ebenso flächendeckend gilt die Pflicht zur FFP2-Maske. Außerdem ist der Zugang zu den verschiedenen Aktivitäten nur für Genesene, Geimpfte und Getestete erlaubt. Folgende Nachweise werden zugelassen: PCR-Tests dürfen maximal 72 Stunden zurückliegen, Antigentests 48 Stunden, Selbsttests mit digitaler Kontrolle lediglich 24 Stunden. Als genesen gilt man bis sechs Monate nach überstandener Krankheit. Die Impfung behält ihren Wert für ein Jahr nach dem 22. Tag nach der Erstimpfung.

Frage: Wie funktioniert das konkret beim Gasthausbesuch?

Antwort: Nach der Registrierung kann am zugewiesenen Tisch die Maske abgenommen werden. Unter freiem Himmel darf eine Gästegruppe maximal zehn Personen umfassen, indoor lediglich vier; zwischen den Personen fremder Tische muss ein Abstand von zwei Metern eingehalten werden. Überdies darf in Innenräumen nur am Tisch konsumiert werden, Trinken an der Bar ist verboten. Angestellte müssen durchwegs FFP2-Maske tragen, es sei denn, sie nahmen an einer Berufsgruppentestung teil: Dann reicht ein gewöhnlicher Mund-Nasen-Schutz. Sperrstunde ist um 22 Uhr.

Frage: Was gilt für den Kulturbetrieb und andere Veranstaltungen?

Antwort: Veranstaltungen ab 11 Personen müssen gemeldet werden, ab 51 Personen braucht es eine Bewilligung durch die Gesundheitsbehörde. An Veranstaltungen ohne zugewiesene Sitzplätze dürfen sowohl indoor als auch outdoor maximal 50 Personen teilnehmen. Gibt es zuweisbare Plätze wird differenziert: Indoor beträgt das Maximum 1.500 Menschen, outdoor 3.000 Menschen. Zwischen Besuchergruppen muss mindestens ein freier Sitzplatz sein, abseits der Plätze gilt der Mindestabstand von zwei Metern. Lückenlose FFP2-Masken-Pflicht versteht sich von selbst.

Frage: Sind die starren Besucherlimits denn sinnvoll? Im Fußball etwa gibt es unterschiedlich große Stadien. In einem riesigen Stadion lassen viel mehr Leute unterbringen als in kleinen, ohne dass die Sicherheitsabstände dadurch kleiner werden müssten.

Antwort: Es gehe auch darum, den Verkehr rund um ein Event in vertretbaren Grenzen zu halten, argumentiert Vizekanzler und Sportminister Werner Kogler: Man wolle nicht, dass abertausende Menschen auf einmal in die gleiche U-Bahn drängten.

Frage: Unter welchen Bedingungen darf man in einem Hotel oder einer Pension übernachten?

Antwort: Abgesehen von Abstand und Maske in den allgemein zugänglichen Bereichen gilt eine ausgeweitete Testpflicht: Dauert der Aufenthalt über die Gültigkeit des beim Einchecken vorgewiesenen Zertifikats hinaus, sind alle zwei Tage Selbsttests unter Aufsicht vor Ort vorgeschrieben, wenn abseits der Beherbergung weitere Dienstleistungen sowie die Gastronomie im Hotel in Anspruch genommen werden. Für Hotelrestaurants und dergleichen gelten dieselben Regeln wie für die allgemeine Gastronomie, für Wellnessbereiche dieselben wie für derartige Freizeiteinrichtungen generell.

Frage: Welche sind das?

Antwort: Bei allen Freizeiteinrichtungen im Innenraum, also auch Bäder und Thermen, müssen pro Gast 20 Quadratmeter Fläche zur Verfügung stehen, dazu gelten grundsätzlich zwei Meter Abstand. Für "Fahrgeschäfte" – etwa ein Ringelspiel – gilt, dass zwischen Benützern ein leerer Platz sein muss. Dafür ist für dieses Vergnügen keine Registrierung nötig.

Frage: Bleibt noch der Sport. Wie läuft es da?

Antwort: Grundsätzlich ist wieder jede Art von Sport erlaubt, bei den Bedingungen wird aber auch hier zwischen Innenraum und Freiluft unterschieden. Abgesehen von Registrierung, Test- und Maskenpflicht gelten in Hallen und dergleichen zwei Meter Abstand und ein Mindestmaß von 20 Quadratmetern pro Person.

Outdoor hingegen braucht es Test, Impf- oder Genesungszertifikat nur dann, wenn es sich um einem Kontakt- oder Mannschaftssport handelt. Grundsätzlich wird Sport in sportartüblicher Mannschaftsgröße erlaubt. Für den öffentlichen Raum, also etwa Fußball in Parks, gibt es aber eine Grenze: Maximal zehn Leute dürfen dabei sein.

Frage: Welche Aktivitäten erwartet sonst noch ein Comeback?

Antwort: Messen und Kongresse dürfen ebenfalls wieder stattfinden, auch hier gelten die grundsätzlichen Sicherheitsvorschriften. Bis zu 50 Personen sind solche Events anzeigepflichtig, darüber hinaus braucht es ein Ja durch die Gesundheitsbehörde. Für Messen gilt überdies die 20-Quadratmeter-Regel.

Frage: Wie geht es an den Schulen weiter?

Antwort: Normalität allen Schulen ist ab 17. Mai nur insofern vorgesehen, als der Schichtbetrieb für die Älteren auslaufen soll. Der Alltag wird aber nach wie vor von der Corona-Gefahr geprägt sein: In Volksschulen und den Unterstufen muss abseits der Sitzplätze weiterhin Mund-Nasen-Schutz getragen werden, in den Oberstufen FFP2-Maske. Überdies müssen die Schülerinnen und Schüler künftig dreimal die Woche einen Covid-Selbsttest durchführen. Mehrtägige Schulveranstaltungen sind verboten, Sport und Singen nur im Freien erlaubt.

Auch Jugendarbeit soll wieder stattfinden. Es braucht einen Test-, Impf- oder Genesungsnachweis, die Gruppengröße ist mit 20 Personen begrenzt.

Frage: Ändert sich für den Handel, der jetzt schon mit Ausnahme von Wien und Niederösterreich geöffnet ist, etwas?

Antwort: Nein. Weiterhin ist eine FFP2-Maske-Vorschrift, pro Kunde müssen 20 Quadratmeter zur Verfügung stehen. Aber die Geschäfte bleiben der einzige Indoor-Bereich, wo weder eine Registrierung noch Zugangstests oder Immunisierungs-Zertifikate verlangt werden.

Frage: Gibt es auch Bereiche, die nicht geöffnet werden?

Antwort: Die Nachtgastronomie muss noch warten. Übrigens: Die Sperrstunde von 22 Uhr gilt nicht nur für die Wirtshäuser, sondern auch für alle anderen oben genannten Einrichtungen.

Frage: Darf man in der Nacht überhaupt wieder nach Belieben hinaus?

Antwort: Ja. Die allgemeine Ausgangsbeschränkung, die das Verlassen des eigenen Wohnungsbereiches zwischen 22 und 6 Uhr nur unter bestimmten Ausnahmen erlaubt hat, fällt. Allerdings dürfen sich ab zehn Uhr abends bis fünf Uhr früh maximal vier Erwachsene treffen (Kinder sind nicht eingerechnet). Untertags gilt: Außerhalb des eigenen Wohnbereichs dürfen im Freien maximal zehn Personen zusammenkommen, indoor höchstens vier Personen – wieder jeweils ohne Kinder gerechnet. Für Treffen mit mehr Personen gelten die Veranstaltungsregelungen – also die Anzeige- bzw. Genehmigungspflicht.

Frage: Wie fielen abgesehen von den Experten die Reaktionen auf die Öffnungen aus?

Antwort: Interessenvertreter der von den Lockdowns betroffenen Gruppen äußerten sich weitgehend positiv. Tenor: Alles ist besser, als noch weitere Wochen zusperren zu müssen. Unzufrieden sind allerdings manche Veranstalter kultureller Events. Konzerte etwa rechnen sich bei derart geringen Besucherzahlen mitunter einfach nicht.

Höchst kritisch reagierte hingegen die Opposition. "Mehr Auflagen als Freiheit" sieht FPÖ-Klubchef Herbert Kickl: Die Fortsetzung der FFP2-Maskenpflicht, Testpflicht oder eine Kombination aus beidem treibe "die Corona-Apartheid auf die Spitze". Die Neos sind zwar für Öffnungen, hätten diese aber lieber früher, dafür jedoch schrittweise gesetzt. Die SPÖ bekrittelt den "inkonsequenten Zick-Zack-Kurs mit schweren Fehlentscheidungen" der Regierung: Wäre es nach dem Plan der SPÖ gegangen, "würden wir jetzt schon in den Schanigärten sitzen und hätten ein Stück mehr 'Normalität' zurück".

Frage: Apropos SPÖ: Der in die Verhandlungen eingebundene Wiener Bürgermeister Michael Ludwig war am Freitag bereits vor der Regierung an die Öffentlichkeit getreten, um über die Öffnungspläne zu referieren. Was steckt hinter dem seltsamen Timing?

Antwort: Ein simpler Grund, heißt es aus dem Umfeld des Stadtchefs. Ursprünglich wollte die Bundesregierung ja bereits um 14 Uhr vor die Medien treten, den eigenen Auftritt habe man danach angesetzt. Als die Regierung ihre Pressekonferenz auf 15.30 verschoben hatte, hielt der Bürgermeister trotzdem am alten Termin fest – man könne sich nicht immer nach den anderen richten.

Im Rathaus legt man aber auch Wert auf die Feststellung, dass sich die eigene Haltung von jener der Bundesregierung in zwei Punkten unterscheide. Erstens sieht Ludwig die Öffnung einem Aufwasch kritisch und plädiert für einen vorsichtigen, stufenweisen Plan. Zweitens befürchtet er, dass das Signal vom Freitag die Leute zum Übermut verleiten könnte: Statt jetzt schon Öffnungen zu versprechen, die erst in einem knappen Monat geplant sind, sollte man mehr darüber reden, wie die Infektionen niedrig gehalten werden. (Gerald John, 24.4.2021)