Die Amtszeit von Peter Schröcksnadel, aber auch die Vorbereitung seiner Nachfolge haben Spuren hinterlassen.

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Michael Walchhofer und Renate Götschl also. Ein Ex-Rennläufer und eine Ex-Rennläuferin stehen aktuell auf der Kandidatenliste für Peter Schröcksnadels Nachfolge an der Spitze des Skiverbands (ÖSV). Walchhofer war Abfahrtsweltmeister, er ist ÖSV-Vizepräsident, Hotelier und Vater dreier Kinder. Götschl war Abfahrtsweltmeisterin, sie ist Vizepräsidentin des steirischen Verbands und Mutter zweier Kinder. Doch bringt er, bringt sie auch genügend mit, um den erfolgreichsten heimischen Sportverband zu führen – ein Unternehmen mit 1100 Vereinen, mehr als 140.000 Mitgliedern und Jahresbudgets jenseits von 40 Millionen Euro?

Weitere Namen im Gespräch

Diese Frage sehen viele, vorsichtig formuliert, nicht beantwortet. Auch deshalb hat eine fieberhafte Suche nach Alternativen eingesetzt. Dabei sind, wie DER STANDARD erfuhr, schon mehrere Namen lanciert worden. Einer lautet Susanne Riess. Die Ex-Vizekanzlerin und Wüstenrot-Generaldirektorin ist politisch wie wirtschaftlich hervorragend vernetzt und im Sport hochrespektiert, schließlich war ihre Arbeit als Sportministerin fast allseits positiv bewertet worden.

Der zweite Name, der fällt, ist jener von Martha Schultz. Die Schultz-Gruppe ist der größte private Seilbahnbetreiber in Österreich, umfasst u. a. fünf Skigebiete in Tirol, mehrere Hotels und Gastronomiebetriebe, einen Golfplatz und eine Werbeagentur. Martha Schultz ist Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer, die sie derzeit auch noch im Austria Ski Pool vertritt. Vor kurzem wurde allerdings bekannt, dass sich die WKÖ wie auch das Sportministerium 2022 aus dem Ski Pool zurückziehen. Kundige verstehen das durchaus als Kritik an der auf den Rennsport konzentrierten Linie, die Schröcksnadel fährt und wohl auch weiter fahren will.

Schultz war – wie Riess – für den STANDARD nicht zu sprechen. Aus ihrem näheren Umfeld ist zu erfahren, dass eine Kandidatur für Schultz "durchaus interessant" sein könnte. Vielleicht müsste sie nur gefragt und aufgestellt werden, jeder Landesverband könnte das tun, würde sich damit aber klar gegen Schröcksnadel stellen.

Figur im Hintergrund

Schröcksnadel wollte und will auch nicht mit Walchhofer. Dieser hatte klargemacht, er strebe einen Neustart an, bei dem Schröcksnadel keine Rolle spielen soll. So machte der bald 80-Jährige kein Hehl aus seiner Freude über die Kandidatur Götschls, der er "Empathie und ein großes Herz" bescheinigt. Es dürfte ihm darum gehen, weiterhin die Fäden zu ziehen – weniger im Hintergrund denn in einer Holding, unter der sich bald die vier ÖSV-Töchter versammeln sollen, jene Gesellschaften, die für Veranstaltungen etc. zuständig sind, kurz: fürs Geschäft. Der Geschäftsführer aller Gesellschaften ist ein und derselbe: Peter Schröcksnadel.

Auswahlprozess in der Kritik

Doch ÖSV-intern und in den Landesverbänden wird Kritik am Noch-ÖSV-Chef laut. Sie ist nach einem Götschl-Hearing am Freitag nicht leiser geworden, ganz im Gegenteil. "An der ÖSV-Spitze braucht es einen Managerprofi", erfährt dazu DER STANDARD aus hohen Kreisen eines Landesverbands. "Es wär genug Zeit gewesen, einen solchen Profi zu suchen, sogar mit einem Headhunter. Aber wie gesucht worden ist, war Dilettantismus pur, das geht auf Schröcksnadels Kappe." Der Präsident, so lautet ein Vorwurf, wolle von der ÖSV-Macht nicht lassen, weil diese klarerweise auch seinen beiden Firmen Sitour und Feratel (touristische Info-Systeme) nicht schade.

Die Landesverbände respektive acht Präsidenten und eine Präsidentin (Claudia Strobl, Kärnten) sind es, die den neuen ÖSV-Präsidenten oder die neue Präsidentin bei einer Länderkonferenz Ende Juni in Villach küren. Spätestens drei Wochen vorher, wahrscheinlich aber schon im Mai sollen und wollen sie sich im "Wahlausschuss" auf einen Kandidaten oder eine Kandidatin einigen. Die Zeit wird knapp, umso mehr, als es ja vielleicht noch eine weitere Kandidatur geben kann.

Einmischung in der Kritik

Nicht wenige stört die Tatsache, dass Schröcksnadel nicht nur am Hearing mit Götschl, sondern schon zuvor an allen Treffen der Wahlausschussmitglieder teilgenommen hat. Dabei sehen die ÖSV-Statuten vor, dass allein "die Präsidenten der Landesskiverbände" die Neuwahl "in nicht öffentlicher Sitzung" vorbereiten. "Schröcksnadel hat sich dazu reklamiert, und in Würdigung seiner Verdienste ist das akzeptiert worden", sagt ein hoher Funktionär.

Noch will kein Schröcksnadel-Kritiker namentlich auftreten, viele sind von ihm abhängig und fürchten, unter Druck zu geraten. Er ist an Skigebieten in mehreren Bundesländern beteiligt, und der Verband kann Trainingskurse und Events geben, aber auch nehmen. "Niemand bietet Schröcksnadel die Stirn", lautet eine Conclusio. Ob sich das noch vor oder mit den Neuwahlen ändert, bleibt abzuwarten. (Fritz Neumann, 26.4.2021)