Med-Uni Rektor Markus Müller (vorne), Bundeskanzler Sebastian Kurz und Wissenschaftsminister Heinz Faßmann präsentierten das neue Forschungsinstitut.

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Wien – Die Regierung will mit der Med-Uni Wien einen wichtigen Schritt in die Zukunft der Medizin bzw. der Krankheitsbehandlung gehen und nimmt dafür 75 Millionen Euro in die Hand: Auf dem Areal des AKH Wien soll in unmittelbarer Nähe zur Med-Uni Wien bis 2026 ein Institut für Präzisionsmedizin (Institute for Precision Medicine) entstehen, kündigten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Wissenschaftsminister Heinz Faßmann und Med-Uni-Wien Rektor Markus Müller am Montagvormittag an.

Das Bildungsministerium investiert dafür aus Mitteln des im Zuge der Post-Corona-Aktivitäten auf EU-Ebene installierten Aufbauplans für Europa namens "European Resilience and Recovery Facility" in Summe 75 Millionen Euro in ein hochmodernes Institut, an dem bis zu 400 Forscherinnen und Forscher arbeiten sollen. Faßmann sprach von einem "Signal" der türkis-grünen Bundesregierung, die damit ein "klares Bekenntnis zur medizinischen Forschung, aber auch zu Forschung und Entwicklung im Allgemeinen" ablege.

Mit Forschung das alte Leben zurückholen

Bundeskanzler Kurz unterstrich die Bedeutung des geplanten Forschungszentrums, in dem er einen "sehr wesentlichen Schritt" nicht nur für die Med-Uni Wien, sondern für Österreich insgesamt sieht. In der Corona-Pandemie habe sich gezeigt, "wie wichtig vor allem Medizinforschung ist". Bei den Impfstoffen habe sie in kürzester Zeit die Möglichkeiten geschaffen, "unzählige Leben zu retten und uns unser altes Leben wieder zurückzuholen".

Mit dem bereits präsentierten Comeback-Plan für Österreich wolle die Regierung nun nicht nur wirtschaftliche Impulse geben, sondern das Land insgesamt "widerstandsfähiger und resilienter" machen – auch durch verstärkte Forschungsinitiativen wie das neue Forschungsinstitut für Präzisionsmedizin: "Dieses Konzept bewirkt einen Paradigmenwechsel", erklärte der Kanzler: "Jeder Körper ist individuell. Und da ist natürlich ein optimaler Ansatz ein individueller, auf den jeweiligen Körper zugeschnittener."

"Meine Krankheit, nicht irgendeine"

Med-Uni-Wien-Rektor Müller konkretisierte, was mit Präzisionsmedizin gemeint ist. Diese gehe davon aus, dass jeder Mensch über eine völlig individuelle, durch Genetik und Umwelteinflüsse definierte Disposition für Erkrankungen verfüge – dementsprechend individuell solle künftig die Diagnose, aber auch die Behandlung gestaltet werden. Nach dem Motto: "Meine Krankheit, nicht irgendeine Krankheit".

Das Konzept der "Presicion Medicine" sei "eigentlich eine Erfindung von Barack Obama", der im Jahr 2015 eine große Initiative dazu gestartet habe, erklärte Müller. Es sei darum gegangen, "die molekulare Medizin mit neuen Technologien der künstlichen Intelligenz und Informationstechnologien zu verheiraten und damit einen Mehrwert für die Patienten zu generieren".

Zeitgleich, also bereits im Jahr 2015, machte man sich an der Med-Uni Wien daran, für dieses Thema auch in Wien den Boden aufzubereiten. Schon damals gab es also erste Überlegungen für ein Forschungszentrum, das nun spruch- bzw. realisierungsreif ist.

Individuelle Therapie dank molekularen Fingerabdrucks

Die Hoffnung oder, wie Müller sagte, das "Versprechen" dahinter: "Bis jetzt bekommt man eine allgemeine Diagnose von Krankheiten, in Zukunft wird man eine ganz persönliche, individualisierte Diagnose erhalten, quasi einen Fingerprint meiner persönlichen Erkrankung, die dann auch selektiv behandelt wird. Ein molekularer Fingerabdruck ermöglicht eine sehr präzise, individuelle Prävention und Therapie – das ist die Medizin der Zukunft." Diagnose und Behandlung werden also, so die Hoffnung, auf ganz individuelle Faktoren des oder der jeweiligen Betroffenen abgestimmt und dann auch behandelt werden.

Das Ministerium habe, erklärte der Wissenschaftsminister, regierungsintern das Projekt vorgeschlagen für den österreichischen Wiederaufbauplan, das Finanzministerium habe es "gutgeheißen" – und nun könne es realisiert werden.

Mit den 75 Millionen Euro solle ein Gebäude mit 15.000 Quadratmetern Fläche für Labore zur Genomsequenzierung und Biobanken für biologisches Datenmaterial (Blut, Gewebe, Harn etc.) errichtet und mit moderner Infrastruktur ebenso wie Büros, Veranstaltungs- und Vortrags- sowie Sozialräumen ausgestattet werden, sagte Faßmann.

Public-Health-Stärkung

Bezugnehmend auf die auch von Kurz angesprochene starke Life-Science-Forschung in Österreich wurde im Wissenschaftsministerium auch hervorgehoben: "Die Einbettung in gesellschaftliche Gesundheitsaspekte, auch im Sinne der Stärkung von Public Health, ist besonders nach der Covid-19-Krise eines der zentralen Anliegen. Die aktuelle Covid-19-Krise ist eine Chance, ein neues biomedizinisches Zentrum von Weltrang zu etablieren und das Portfolio des Standorts zu ergänzen." (Lisa Nimmervoll, 26.4.2021)