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Eine Frau wird bei einer Masseneinäscherung in Neu-Delhi von einem Familienmitglied getröstet.

Foto: AP Photo/Altaf Qadri

Mit fast 353.000 positiv getesteten Menschen hat Indien am Montag einen neuen Tagesrekord an Covid-19-Neuinfizierten verzeichnet. Insgesamt wurden inzwischen mehr als 17 Millionen Inderinnen und Inder mit dem Virus infiziert, wobei es in den vergangenen Tagen zu einem rapiden Anstieg der Zahlen gekommen ist. Und Experten gehen davon aus, dass die Dunkelziffer noch viel höher liegt, denn noch immer wird auf dem Subkontinent viel zu wenig getestet. Mehr als 2.800 Menschen starben am Montag im Zusammenhang mit dem Virus.

Nach Berichten über akuten Sauerstoffmangel in indischen Gesundheitseinrichtungen und Menschen, die deshalb bereits sterben, haben allen voran am Sonntag die USA ihre Hilfe angeboten. Noch am selben Tag wurde ein Air-India-Flug in New York mit 318 Sauerstoffkonzentratoren beladen, die am Montag in Neu-Delhi landeten. Auch Ursula von der Leyen, die Präsidentin der EU-Kommission, hat auf Twitter Unterstützung seitens der Staatengemeinschaft angekündigt. Man werde Sauerstoff und Medikamente zur Verfügung stellen, präzisierte der dafür zuständige Krisenmanagement-Kommissar Janez Lenarčič.

Variante B.1.617

Die hohen Fallzahlen in Indien könnten laut Expertinnen und Experten unter anderem auf eine Variante des Coronavirus zurückzuführen sein. B.1.617 ist eine sogenannte Doppelmutante, von der befürchtet wird, dass sie ansteckender sei und die Immunisierung – sowohl die durch Vorerkrankung als auch die durch Impfung erlangte – abschwäche.

So erleichtern die Mutanten E484Q und L452R auf der einen Seite dem Virus das Andocken und Eindringen in die Zellen. Auf der anderen Seite könnten sie ermöglichen, dass das Virus der Immunabwehr zum Teil entkommt, man spricht dann von einer sogenannten "Fluchtmutante". So verändert die Mutation das Signal des Erregers, und wichtige Antikörper erkennen es nicht.

Variante mit 60 Prozent in Maharashtra

Doch noch könnten die Wissenschafterinnen und Wissenschafter diesbezüglich keine sicheren Aussagen treffen, wie Gautam Menon, Professor für Biologie und Physik an der Ashoka University in Sonipat, dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" sagte. Denn die Mutationen würde noch zu wenig sequenziert, es fehlen schlichtweg Informationen. Sicher ist aber, dass sich B.1.617 schnell ausbreitet – waren es im März noch 20 Prozent der Fälle im stark betroffenen Bundesstaat Maharashtra, so sind es mittlerweile gut 60 Prozent.

Aufgrund dieser Variante haben mehrere Staaten für aus Indien kommende Menschen erste Einreiseverbote verhängt. So sagte bereits am Samstag Deutschlands Gesundheitsminister Jens Spahn, es dürften nur noch deutsche Staatsbürger aus Indien einreisen. Auch das österreichische Gesundheitsministerium prüft verschärfte Einreisebeschränkungen. Es gebe derzeit keine direkten Linienflüge zwischen Indien und Österreich, Maßnahmen für Personen, die über Zwischendestinationen anreisen, würden gerade geprüft, hieß es am Montag auf Anfrage aus dem Gesundheitsministerium.

Ein Twitter-User äußerte sich kritisch zum Vorgehen der indischen Regierung: "Es ist einfacher, Tweets zu löschen, als Sauerstoffversorgung sicherzustellen."

Zensur auf Twitter

Kritik am Umgang der Regierung mit der Pandemie wird jedoch nicht gut aufgenommen. So veranlassten die Behörden, dass kritische Kommentare auf Twitter gelöscht werden. Das Tech-Unternehmen bestätigte am Sonntag, dass es manche Tweets in Indien blockiert habe. Details zu den zensurierten Inhalten wurden nicht veröffentlicht.

Laut Medienberichten betrifft es unter anderem den Tweet eines Politikers im Bundesstaat Westbengalen, der Premierminister Narendra Modi direkt für die Corona-Toten verantwortlich machte. Die Regierung verteidigte ihr Vorgehen und gab an, dass man nur Tweets habe löschen lassen, die irreführend seien oder Panik schüren würden. (bbl, 26.4.2021)