Impfstoff-Offerte sind im Darknet zwar zu finden, doch auf schneller erreichbaren Plattformen sehr selten.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Produktionsengpässe, Lieferverzögerungen, Streitereien, dubiose Auftragsvergaben – die Impfkampagnen gegen die Corona-Pandemie sind in vielen Ländern zu einem Politikum geworden. Nur in wenigen Staaten, wie etwa Israel, ist die Impfquote bereits hoch genug, um wieder zu einem halbwegs normalisierten Alltag zurückkehren zu können. Österreich bildet da keine Ausnahme. Die Beschaffung von Impfstoffen und die Probleme dabei sind seit Monaten immer wieder in den Schlagzeilen.

Es ist also nicht ganz verwunderlich, dass manche Menschen die Lösung in der Eigeninitiative suchen. Sie durchforsten die öffentlichen und nichtöffentlichen Teile des Internets nach Impfpässen und Vakzinen. Das Angebot ist da, aber nicht immer einfach zu finden.

Fake-Impfpässe per Telegram

Über den Onlinehändler Amazon lassen sich etwa unausgefüllte Blanko-Impfpässe erstehen. Wer etwas weitersucht, findet Verweise auf einschlägige Gruppen beim Messenger Telegram. Dort werben offenbar in Deutschland ansässige Anbieter gleich mit gefälschten Zertifikaten beziehungsweise Impfpässen mitsamt Sticker, Stempel und Vermerk für zwei Teilimpfungen. In einem Fall, so berichtet die ARD, wird als Impfort etwa ein Frankfurter Impfzentrum angegeben.

Die Fälschungen gibt es ab 99 Euro, zu entrichten im Bitcoin-Gegenwert. Doch an der Echtheit des Angebots, das vor allem Impfgegner anzuziehen scheint, gibt es Zweifel. Mehrere Käufer berichten, auf weitere Nachfrage nichts mehr vom Anbieter gehört zu haben. Den Betrügern spielt es allerdings in die Hände, dass weder die Impfpässe selbst noch die Aufkleber über fälschungssichere Merkmale verfügen und sich dementsprechend einfach nachahmen lassen.

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Wenige Angebote im Darknet

Schwieriger wird es, wenn man sich auf die Suche nach Impfstoffen begibt, wie eine STANDARD-Recherche zeigt. Wer nicht mit dem Darknet und einschlägigen Foren vertraut ist, muss sich über öffentlich aufrufbare Quellen wie Darknet-Marktplatzverzeichnisse ans Ziel hanteln. Diese sind aber oft veraltet, denn nur wenige dieser Plattformen haben lange Bestand. Das liegt nicht nur an behördlichen Stilllegungen, sondern auch daran, dass sogenannte Exit-Scams an der Tagesordnung sind. Darunter versteht man eine Betrugsmasche, bei der sich die Betreiber eines Marktplatzes, der oft auch als Treuhänder zwischen Kunden und Anbietern fungiert, mit von Nutzern zwischengelagertem Kryptogeld absetzen.

Während Sicherheitsforscher von Checkpoint Security zwischen Jahresanfang und Mitte März rund 1.200 einschlägige Anzeigen für Covid-19-Vakzine im Darknet entdecken konnten, tauchten bei einer Rundschau auf zwölf aktiven Plattformen nur drei Angebote auf, von denen zwei vom gleichen Anbieter stammen dürften. Feilgeboten wurden die Vakzine von Biontech/Pfizer und Moderna. Während die Angebotsmenge für Ersteres offengelassen wurde, wurde Letzteres im "Zehnerpack" für 2.000 Dollar beworben. Auf einem Handelsplatz zu finden war außerdem die Einschaltung für eine separate Seite, auf der ausschließlich der Impfstoff von Moderna für 149 Dollar pro Dosis zum Verkauf stand.

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Wesentlich häufiger anzutreffen waren verschiedene medizinische Präparate, die teilweise in der Behandlung von Covid-19 eingesetzt werden. Darunter auch das dank des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump zu großer Bekanntheit gelangte Hydroxychloroquin. Zu finden waren mit Corona-spezifischen Schlagwörtern weiters Zinkpräparate, THC-Pillen, die als Impfalternative angepriesen wurden, sonstige Drogen aller Art sowie ein "Covid Fraud Pack", das als eine Anleitung für Sozialbetrug in den USA und Kanada beschrieben wurde. Ob diese Anbieter tatsächlich etwas liefern würden, wenn man ihnen den gewünschten Betrag in Bitcoin überweist, bleibt natürlich offen.

Reputationsproblem

Das eher magere Angebot lässt auch einen weiteren Schluss zu: Viele Marktplätze versuchen sich einen "seriösen" Ruf aufzubauen und löschen daher Impfstoffofferte. Denn deren Echtheit ist angesichts des streng kontrollierten Vertriebs der Vakzine schon per se in Zweifel zu ziehen.

Es spricht sich außerdem schnell herum, wenn Kunden auf einer Plattform oft geprellt werden. Und ein schlechtes Image ist auch für einen Darknet-Basar verheerend, egal ob er langfristig Bestand haben soll oder die Betreiber einen Exit-Scam planen. (Georg Pichler, 27.4.2021)