Rainer Seele, seit Juli 2015 an der Spitze der OMV, bemüht sich nicht mehr um eine Verlängerung. Der Deutsche verlässt das Unternehmen nächstes Jahr im Sommer.

Foto: apa/hochmuth

Am Ende ging es dann schnell. OMV-Chef Rainer Seele wird sich nicht mehr um die Verlängerung seines Vertrags an der Spitze von Österreichs größtem Konzern bemühen – das gab er am Montag bekannt. Zuvor hatten die Pläne des Deutschen anders ausgesehen, nun beruft er sich auf persönliche Gründe. Freilich: Die Umstände des Zustandekommens der mehrheitlichen Übernahme des Kunststoffkonzerns Borealis und vor allem die Bespitzelungsvorwürfe haben den Manager unter Druck gesetzt. Am Freitag wurde bekannt, dass die Datenschutzbehörde ein Verfahren gegen die OMV eingeleitet hat.

Die Erschütterungen, vor allem die Überprüfung von Mails und Handydaten von Mitarbeitern ohne Information des Betriebsrats, haben auch Auswirkungen auf die diversen Betriebsratskörperschaften im Unternehmen. Wie berichtet hatte der OMV-Vorstand die neue Konzernvertretung zunächst nicht anerkannt, inzwischen ist das geschehen. Die Belegschaftsvertreter hatten geklagt, das Arbeits- und Sozialgericht Wien hat – weil von der OMV niemand erschienen war – ein Versäumungsurteil gefällt.

Webcast mit Belegschaftsvertretung

Vorige Woche wurde noch mehr Öl ins Feuer geschüttet. In einem per Internet an die Belegschaftsvertreter übertragenen Webcast nahm die OMV-Führungsriege zu aktuellen Themen Stellung. Seele – wegen einer Verletzung an Hand und Fuß leger gekleidet – stellte u. a. seine neuen Vorstandskollegen Martijn van Koten und Alfred Stern vor. Mit seiner Bemerkung, dass sich die anderen fein rausgeputzt hätten, überließ er Stern einen Punkt: Er habe sich nicht rausgeputzt, meinte Stern sinngemäß, er sei einfach schön.

Neben den höchst umstrittenen internen Untersuchungen (die OMV hegte den Verdacht, Interna über den Verkauf des deutschen Tankstellennetzes seien geleakt worden) erwähnte der Konzernchef auch den Sozial- und Wohlfahrtsfonds, der auf neue Beine gestellt werden soll. Der 2004 nach der Auflassung der OMV-Sportstätte in Wien-Stadlau und dem Verkauf des OMV-eigenen Hotels Palace am Semmering installierte Fonds wird vom Unternehmen dotiert, aber vom Betriebsrat verwaltet. 280 Euro je Mitarbeiter und Jahr fließen in den Fonds. Neben der Förderung interner sportlicher Veranstaltungen bekommen Mitarbeiter in Notsituationen Geld, rund 600.000 bis 800.000 Euro im Jahr fließen da.

Aufregung um Wohlfahrtsfonds neu

Herauszuhören war im Webcast, dass die OMV-Leitung mit der Gestionierung durch die Belegschaftsvertretung unzufrieden sei, Seele nannte den Fonds eine "Spardose" und meinte, "Leistungen daraus würden nicht bei Ihnen (den Mitarbeitern, Anm.) ankommen".

Derzeit soll noch gut eine Million Euro an Rückstellungen im Fonds liegen, Arbeitgeber OMV hat die Betriebsvereinbarung, auf der der Fonds basiert, im Jänner gekündigt. Auf eine neue Vereinbarung hat man sich noch nicht geeinigt. Das Geld falle nicht an die OMV zurück, es solle an die Mitarbeiter verteilt werden, sagte ein Sprecher.

Seeles Äußerungen zum Fonds riefen OMV-Betriebsratschefin Angela Schorna auf den Plan, sie ließ die Mitarbeiter wissen, wie der Fonds arbeitet. Auch der Chef der Konzernvertretung, Alfred Redlich, meldete sich – und der zog sich wiederum den Unmut des Betriebsratschefs der Downstream GmbH, Herbert Lindner, zu. Der schrieb gleich einen offenen Brief, in dem er die Konzernvertretung kritisierte.

Hochnotpeinliche Befragungen

Auch die mit dem Fonds beschäftigten Mitarbeiter wurden von der Compliance-Abteilung geprüft, es soll zu hochnotpeinlichen Befragungen gekommen sein. Damit wäre man wieder bei den (von der OMV heftig bestrittenen) Vorwürfen, dass die Mitarbeiter bei den Befragungen – auch jenen zu den behaupteten Leaks – unter Druck gesetzt worden seien. Eine Mitarbeiterin etwa soll bereits im vorigen Mai im Büro streng befragt worden sein, in Anwesenheit von Vertretern der Personal- und Compliance-Abteilung und eines externen Anwalts.

Im Herbst wurden dann, wie berichtet, rund 80 Mitarbeiter angeschrieben, sie sollten ihre Zustimmung zur Überprüfung ihrer Mails und Handydaten geben. Der Betriebsrat war in all das nicht eingebunden. Er hat einen Fragenkatalog an den Vorstand geschickt, wollte zum Beispiel wissen, auf Grundlage welchen Verdachts die Überprüfungen stattfanden, welche Daten geprüft wurden und was mit dem Datenmaterial geschehen sei.

Der Vorstand hat zwar geantwortet, aber die Konzernvertretung sinngemäß wissen lassen, dass das den Betriebsrat nichts angehe. Die Anwältin der Konzernvertretung, Katharina Körber-Risak, überlegt nun, eine Klage einzubringen.

(Günther Strobl, Renate Graber, 27.4.2021)