Wien – Die Krise stellte das heimische Start-up-Ökosystem, in dem von Haus aus vieles anders läuft als in der Old Economy, vor eine Zerreißprobe. Doch wer konnte, arrangierte sich mit der Situation: Jedes vierte Start-up hat vergangenes Jahr an der Entwicklung von Lösungen für die Covid-Krise gearbeitet, wie aus dem aktuellen Austrian Startup Monitor (ASM) hervorgeht.

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) zeigt sich trotz aller Probleme durchaus zufrieden, wie die Jungunternehmen durch die Krise kamen. Viele hätten die Pandemie als Sprungbrett genutzt. Auch eine Analogie zur brachliegenden Gastronomie fand sie: Start-ups seien das Salz in der Suppe, um die digitale Transformation voranzutreiben, meinte Schramböck bei der Präsentation des Austrian Startup Monitor (ASM) 2020.

Bei dem ASM handelt es sich um eine Studie, für die in Zusammenarbeit mit dem Austrian Institute of Technology (AIT), der Start-up-Dachplattform Austrian Startups und dem Gründungszentrum der Wirtschaftsuniversität Wien knapp 600 Gründerinnen und Gründer zu Status, Perspektiven und Umfeld befragt wurden.

Trotz der Krise hat knapp ein Drittel der heimischen Start-ups im vergangenen Jahr neues Personal eingestellt.
Foto: APA/AFP/JEFF PACHOUD

10.000 neue Arbeitsplätze

Der ASM zeigt, dass ein Start-up hierzulande im Schnitt 9,6 Personen beschäftigt und dass insgesamt rund 20.000 Menschen in der heimischen Innovationsbranche arbeiten. Knapp ein Drittel der Firmen stellte trotz der Krise neues Personal ein, und vier von fünf haben vor, kommendes Jahr zusätzliches Personal einzustellen. Das entspricht einem Mitarbeiterwachstum von 50 Prozent gegenüber dem Status quo. Hochgerechnet sollen demnach rund 10.000 neue Arbeitsplätze entstehen.

Für einen hohen Frauenanteil ist die Start-up-Szene nicht bekannt, doch von Jahr zu Jahr nimmt die Diversität ein bisschen zu. Aktuell gibt es laut der Erhebung in Österreich rund 1.300 Start-up-Gründerinnen, ihnen stehen 5.700 männliche Pendants gegenüber. Im Lauf der vergangenen drei Jahre stieg der Frauenanteil von zwölf auf über 18 Prozent, und mehr als ein Drittel der Firmen hat mittlerweile zumindest eine Frau im Team. In Österreich wurden seit 2009 über 2.600 Start-ups gegründet – die Hälfte davon in Wien.

Klimaschutz

Erstmals wurde ein spezieller Fokus auf Green Start-ups gesetzt, initiiert wurde das durch die Klima- und Umweltschutzministerin Leonore Gewessler von den Grünen. "Die Klimakrise wird immer mehr zum Risiko- und Kostenfaktor, deshalb ist Klimaschutz die große Chance für heimische Unternehmen", sagt Gewessler. In Zukunft würde der Wettbewerb dominiert von den grünsten Produktions- und Herstellungsprozessen.

Dem Monitor zufolge leisten fast zwei Drittel aller Start-ups einen Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung und werden als sogenanntes Green Start-ups eingestuft. Für 27 Prozent stellt die Erreichung von ökologischen Zielen sogar ein vorrangiges Ziel dar. Bei diesen Green Impact Start-ups steht die Umsetzung von Produkten und Dienstleistungen, die einen nachhaltigen Konsum beziehungsweise eine nachhaltige Produktion ermöglichen, an erster Stelle.

Forderungen an die Politik

Was sich Start-ups von der Politik wünschen, hat Déjà-vu-Charakter. Ganz weit oben in der Liste rangieren die Forderungen nach mehr Anreizen für Risikokapital und die Senkung der Lohnnebenkosten. Ein Teil der Forderungen soll durch die neue Gesellschaftsform Austria Limited verwirklicht werden, Konkretes verkündete Schramböck dazu aber nach wie vor nicht.

Sowohl Wirtschaftsministerin Schramböck (links) als auch Umweltministerin Gewessler sparten nicht mit Lob für die Start-up-Szene. Dabei blieb es aber schon im Großen und Ganzen.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Was soll die Austria Limited beinhalten: Das für eine Gründung nötige Stammkapital soll auf 5.000 Euro gesenkt, der Ein- und Ausstieg von Investoren erleichtert werden, zudem sollen einfache Mitarbeiterbeteiligungen ermöglicht werden. Außerdem soll der Gründungsvorgang digital handhabbar sein. Schramböck verweist aufs Justizministerium, sichert aber zu, dass die neue Gesellschaftsform schnellstmöglich und als Teil des Comeback-Plans umgesetzt werden soll.

Auch beim zweiten Corona-Hilfsfonds, dem Runway-Fonds, verrät die Wirtschaftsministerin nichts Neues. Man sei in Vorbereitung, und die Gespräche liefen – das ist allerdings seit Monaten bekannt. Eine Absage erteilte sie einem möglichen zweiten Hilfsfonds für Start-ups. Vergangenes Jahr wurden dafür 50 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Gewinner und Verlierer

Im Start-up-Miniversum finden sich sowohl Krisenprofiteure als auch -verlierer. Logischerweise zählen jene zu den Gewinnern, die digitale Tools anbieten. Wer in der Reise-, Gastro- oder Eventbranche arbeitet, hat das Nachsehen. Die Anzahl jener Firmen sei gestiegen, die über eine finanzielle Schieflage klagen, grosso modo zeigt sich mehr als die Hälfte der Gründer und Geschäftsführer optimistisch.

Das wundert Austrian-Startups-Geschäftsführer Markus Raunig recht wenig: "Diese Firmen bewegen sich grundsätzlich in einem sehr volatilen Umfeld, deshalb fällt ihnen der Optimismus vermutlich leichter." (Andreas Danzer, 27.4.2021)