ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz unterschrieb den Governance-Kodex, wonach Managementgehälter im Geschäftsbericht zu veröffentlichen sind.

Wien – Seit 2011 schreibt der vom ORF-Stiftungsrat und Generaldirektor Alexander Wrabetz selbst verordnete Corporate-Governance-Kodex dem öffentlich-rechtlichen Rundfunkkonzern vor, dass er die Gehälter seiner Manager detailliert in Geschäftsberichten veröffentlichen muss. Seit 2012 veröffentlicht der – nicht zuletzt deshalb – einfach keine Geschäftsberichte mehr.

"Vertrauen der Öffentlichkeit stärkt"

Der Kodex erläutert vorweg selbst, wofür er gut sein soll. Wörtlich heißt es da gleich im zweiten Absatz: "Unter Corporate Governance versteht man Regeln für eine gute und verantwortungsvolle Unternehmensführung, die das Vertrauen der Kapitalmarktteilnehmer und der Öffentlichkeit vor allem in börsennotierte Unternehmen stärken sollen."

Der ORF sei zwar nicht börsennotiert und habe als Stiftung im Grunde keinen Eigentümer, aber: "Der ORF, als dem Gemeinwohl verpflichtete öffentliche Einrichtung und finanziert durch die Rundfunkteilnehmer beziehungsweise die werbetreibende Wirtschaft, ist auf das Vertrauen der Öffentlichkeit und seiner Partner angewiesen."

"Vergütungen werden einzeln veröffentlicht"

Im Kodex heißt es unter Punkt 21 wörtlich: "Für den Generaldirektor und die Direktoren werden die im Geschäftsjahr gewährten fixen und variablen Vergütungen im Geschäftsbericht einzeln veröffentlicht."

Ein ORF-Sprecher erklärt auf die Anfrage des STANDARD pragmatisch: "Für Punkt 21 des Corporate-Governance-Kodex gibt es keinen Anwendungsfall, da es keinen ORF-Geschäftsbericht mehr gibt und dieser vor Jahren eingestellt wurde!"

Der letzte Geschäftsbericht über das Jahr 2012 war fixfertig, ging aber nie in Druck. Das lag – DER STANDARD berichtete bereits 2014 – vor allem an Seite 89. Sie listete detailliert, wie vom selbstauferlegten Kodex verlangt, die Gehälter der damaligen Mitglieder der Geschäftsführung auf. Nach damaligen Angaben kam der ORF-Generaldirektor auf 410.000 Euro im Jahr, die übrigen Direktoren auf 300.000, der damalige Radiodirektor auf etwas mehr.

Etwa auf dieser Flughöhe oder etwas darüber dürften die Generals- und Direktorengehälter (in der ORF-Zentrale) auch heute liegen.

14 Manager für den Rechnungshof, weniger als drei für den Jahresabschluss

Dem Rechnungshof meldet der ORF für dessen alle zwei Jahre erscheinenden Bericht über die Einkommen in staatsnahen Unternehmen nur den Schnitt aller 14 Zentral- und Landesdirektoren und des Generaldirektors – der letzte so veröffentlichte Durchschnittswert von 245.200 Euro pro Jahr stammt von 2018.

In seinen Jahresabschlüssen (Konzern und Einzelunternehmen) macht der ORF keine Angaben über die Bezüge der Geschäftsführung. Zwar verlangt das Unternehmensgesetzbuch (Paragraf 239) von mittelgroßen und großen Gesellschaften sehr detaillierte Angaben darüber. Der ORF beruft sich jedoch auf Paragraf 242 Ziffer 3 des Unternehmensgesetzbuches. Der nimmt Unternehmen aus, die "weniger als drei Personen" führen.

Der ORF hat mit dem Generaldirektor tatsächlich einen Alleingeschäftsführer. Auch wenn er die Führung gegenüber dem Rechnungshof mit 14 Mitgliedern angibt und dann deren Durchschnittsbezüge.

Kodex ohne Konsequenzen

Der Corporate-Governance-Kodex ist ohnehin nur "soft law" – Verstöße dagegen haben keine rechtlichen Konsequenzen. Problemlos könnten also etwa auch Mitglieder des Stiftungsrats erst im August mitstimmen, wenn der Stiftungsrat den nächsten ORF-Generaldirektor ab 2022 bestellt. Und sich dann – entgegen Vorgaben des Kodex, der zwei Jahre danach vorgibt – gleich im September zum ORF-Direktor oder -Landesdirektor bestellen lassen. (fid, 27.4.2021)