Mittlerweile ist es gar nicht mehr so einfach, G+T zu mischen.

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Früher einmal, da hatte es der Gin-Freund leicht, was die Drinkvermählung anging. Ein Tonic und eine Handvoll Gins gab es da zu kombinieren. Fertig. Allerdings hielt sich auch das Interesse an dem Getränk in Grenzen. Gin und Tonic waren Ladenhüter, die es irgendwie aus der der Kolonialzeit hinter die Bartheke gespült hatte.

Als das heutige Indien nämlich noch von der englischen Krone regiert wurde, mischten englische Soldaten, um alkoholische Lösungen niemals verlegen, das bittere Tonikum, das sie zur Malaria-Prophylaxe einnehmen mussten, eben mit Alkohol. Und bumm: Der Gin Tonic war geboren.

Danach waren bittere Töne immer noch nicht besonders en vogue, süß war gefragt, bis von Spanien aus vor mehr als zehn Jahren der Trend des Wacholderdestillats über die Welt schwappte. Bittere Aromen, Wacholder und Zitrus waren plötzlich cool. Sie wurden zum Inbegriff mediterraner Lebensfreude. Überhaupt wenn in dichkbauchigen Weingläsern mit überdimensionierten Eiswürfeln serviert.

Die Bartender zelebrieren das Auswinden der ätherischen Öle aus der Zeste über dem Glas mit einem Gestus, den man sonst nur vom Papst beim Teilen der Hostien kennt. Mit diesem Kult wurde der Gin Tonic, kurz G+T, endgültig in den Drink-Olymp befördert.

Balance der Komponenten

Seitdem sind einiger Gläser davon die Kehlen hinuntergeflossen. Doch mittlerweile ist es gar nicht mehr so einfach, G+T zu mischen. Floraler Gin mit kräutrigem Tonic? Frevel! Die einfachste und zugleich treffendste Regel: Wer auch beim Verschnittpartner oder der Dekoration mit den Botanicals, also Kräutern und Früchten, spielt, die im Gin mitdestilliert wurden, liegt grundsätzlich richtig. Soll der Gin besonders zur Geltung kommen, empfiehlt sich dementsprechend ein neutrales Tonic.

Die Balance der Komponenten ist das angestrebte Ziel. Dieses lässt sich übrigens sogar auf die ominöse Gurke im Hendrick’s Gin anwenden. Denn bei diesem wird die Gurke mitdestilliert, ergo passt sie nachher auch ins Glas. Auch Brenner Wolfgang Thomann bestätigt: "Die erste Frage, nachdem die Botanicals, sprich Kräuter und Früchte, die für den Gin destilliert wurden, abgeklärt sind, lautet: Welches Tonic zum Gin?"

Thomann produziert seit 2014 den Aeijst-Gin in der Südsteiermark. Weil seine Kinder ihm vorschlugen, er solle "doch einmal etwas Cooles brennen". Cool wurde der Gin mit dem unaussprechlichen Namen bald auf internationaler Ebene. Aeijst bedeutet dabei nichts anderes als das steirische Wort für Äste, auf dem die Botanicals wachsen. Thomann gilt als einer der Begründer der heimischen Gin-Welle, auf der es sich bis heute formidabel reiten lässt.

Schlanke Rezeptur

"Gerade haben wir mit unserer neuesten Kreation, dem Aeijst Peat Gin, so gut wie alle Preise abgeräumt. Da bin ich schon stolz", sagt der Brenner. Für diesen werden die Wacholderbeeren über steirischem Torf geräuchert. Der Räuchernoten wegen sieht der 59-Jährige diesen Gin am liebsten pur oder mit Soda gemischt. Bei Letzterem handelt es sich dann um einen "Skinny Drink", bei dem der Verschnittpartner keine oder wenige Kalorien mit ins Spiel bringt.

Und weil Thomann seine Kunden und ihre Fragen eben kennt, bietet der Brenner in seiner Destillerie eine Auswahl an Tonics an, die zu seinem Gin passen. Darunter ist auch das Tonic von Anna Abermann. Sie hat vor acht Jahren begonnen, Getränke ohne Zucker zu mischen. "2013 war es so gut wie unmöglich, einen Saft ohne Zucker im Handel zu kaufen." Die Idee des zuckerfreien Tonics geisterte schon seit 2017 in Abermanns Kopf herum.

Da Tonic ohne Zucker allerdings bis dahin als ein Ding der Unmöglichkeit galt, dauerte es bis ins Jahr 2020, bis die Rezeptur für das Tonic aus Chinarinde, im Gegensatz zum synthetischen Chinin, und ohne Zucker feststand. "Unser Tonic ist ungefiltert und daher durch den Extrakt der Chinarinde goldfarben. Ist die optische Hürde des gelben Gin Tonics einmal genommen, kommt es super an."

Auf jeden Gin Tonic soll man sich heute also nicht mehr einlassen. Wer ein Perfect Match möchte, muss sich zuerst ein paar getränketechnische Paarfragen stellen, bis es dann doppelt genüsslich heißt: Gin, gin! (Nina Wessely, RONDO exklusiv, 30.4.2021)

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