Welche Früchte die Grundlagenforschung langfristig tragen könne, habe sich nicht zuletzt bei der Entwicklung von Covid-Impfstoffen gezeigt, sagte der neue Präsident des Wissenschaftsfonds FWF, Christof Gattringer.

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Der Teilchenphysiker Christof Gattringer ist seit Anfang April Präsident des Wissenschaftsfonds FWF.

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FWF-Präsident Christof Gattringer, FWF-Vizepräsident Gregor Weihs, Präsidentin der Universitätenkonferenz Sabine Seidler und Wissenschaftsminister Heinz Faßmann präsentierten am Dienstag das neue Exzellenzprogramm.

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Die Diskussionen um eine Exzellenzinitiative für österreichische Spitzenforschung reichen bis in die Nullerjahre zurück. "Es waren einige Bretter zu bohren", kommentierte Wissenschaftsminister Heinz Faßmann die lange Genese jenes Programms, das am Dienstag in Wien schließlich präsentiert worden ist. Die Initiative sieht vor, sogenannte "Clusters of Excellence" aus mehreren Forschungsstätten mit bis zu 70 Millionen Euro über zehn Jahre zu finanzieren – Fördervolumen und Dauer sind damit wesentlich höher als bei bestehenden Programmen.

Bei seinem ersten medienöffentlichen Termin lobte der seit April amtierende Präsident des Wissenschaftsfonds FWF, Christof Gattringer, die nun beschlossene Exzellenzinitiative als Programm von "noch nie dagewesenem Umfang". Mindestens drei Forschungsstätten können sich gemeinsam für die Förderung bewerben. Die Finanzierung trägt zu 60 Prozent der FWF, der das Programm auch abwickelt, die restlichen 40 Prozent müssen von den beteiligten Forschungsstätten, zumeist also Universitäten, gestemmt werden.

250 Millionen Euro für drei Jahre

In den ersten drei Jahren belaufen sich die Mittel für diese Exzellenzinitiative auf 250 Millionen Euro. Je nach Größenordnung der Anträge können damit in der ersten Runde etwa vier bis sechs Exzellenzcluster gefördert werden. Die erste Ausschreibung startet im Juni, nach einem mehrstufigen Bewerbungsfahren werden die Zusagen Ende 2022 erteilt. Im Zwei-Jahres-Takt wird es künftig Ausschreibungsrunden geben.

Das Privileg einer derartig hochdotierten und langfristigen Förderung werde aber "nicht jeder bekommen", sagte Faßmann. Der Minister geht von einer Maximalzahl von zwölf bis 15 Clustern im Endausbau aus, Gattringer kann sich bis zu 20 vorstellen.

Die österreichische Exzellenzinitiative trägt den Namen "excellent=austria". Faßmann legte Wert darauf zu betonen, dass diese Wortschöpfung der FWF und nicht das Ministerium verantworte. Seiner Meinung nach sei es ein Name, der "zum Nachdenken anregt und auch sehr optimistisch ist", beinhalte er doch die Bedeutung "Exzellenz ist Österreich", aber auch "Österreich ist exzellent".

Offene Themenwahl

Gattringer betonte, dass die Exzellenzcluster in der Themenwahl völlig offen sind, naturwissenschaftliche Spitzenforschung solle damit ebenso gefördert werden wie die Geistes- und Sozialwissenschaft und die Life-Sciences. Die Vorgabe, dass mindestens drei Forschungsstätten beteiligt sein müssen, soll zur Zusammenarbeit unter Spitzenforschern in Österreich beitragen. Die im heimischen Forschungssystem vorhandene "Fragmentierung soll durch verstärkte Kooperation behoben werden", sagte auch Faßmann. Neben den Exzellenzclustern umfasst die Exzellenzinitiative rasche Förderung für aufstrebende Felder und Zuschüsse für hochkarätige Berufungen – die Details werden noch ausgearbeitet.

Für die Präsidentin der Universitätenkonferenz und Rektorin der Technischen Universität Wien, Sabine Seidler, ist es ein "guter Tag" für die Grundlagenforschung in Österreich – "mit einem ‚aber‘". "excellent=austria" sei ein "Programm in noch nicht dagewesenem Umfang" und daher ein wichtiger Beitrag, die "Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Forschungsstandorts" zu steigern. Für Seidler hängt der Erfolg der Exzellenzinitiative jedoch von einer ausreichenden Finanzierung der Universitäten ab, die die wesentlichen Träger der Grundlagenforschung in Österreich sind. Nur wenn sich auch das Umfeld der Exzellenzinitiativen gut entwickle, könne "excellent=austria" zum Erfolg werden.

Ausfall der Nationalstiftung

Umso mehr bedauerte Seidler "die spannende Situation", dass man einerseits ein Exzellenzprogramm promote, andererseits aber der Ausfall der Nationalstiftung durch den geplanten "Fonds Zukunft Österreich" noch nicht kompensiert sei. Faßmann verwies dabei auf Gespräche, die aktuell zum Thema laufen würden. "Es wäre schön, wenn die Nachfolgekonstruktion des ‚Fonds Zukunft Österreich‘ gelingt, um erstklassig beurteilte Projekte fördern zu können", betonte Gattringer. Aufgrund des Ausfalls musste der FWF bereits einzelne Programme wie die Zukunftskollegs aussetzen und andere wie die Spezialforschungsbereiche reduzieren.

Die Vorstellung der Exzellenzinitiative erfolgte im Rahmen der jährlichen Bilanz des Wissenschaftsfonds. Wie bei einem Jahresrückblick 2020 nicht anders zu erwarten, ist auch die Rückschau des FWF von Corona geprägt. So habe die Pandemie eindrücklich gezeigt, wie wichtig die Grundlagenforschung sei, um Gesellschaften resilienter zu machen.

Früchte der Grundlagenforschung

Gattringer verwies auf die Biontech-Gründer Uğur Şahin und Özlem Türeci: Aus der Grundlagenforschung kommend, entwickelten die beiden Onkologen einen hochwirksamen Covid-Impfstoff. Die Basis der Entwicklung war "Grundlagenforschung, die seit dem Jahr 2000 von der öffentlichen Hand gefördert wird", betonte Gattringer. "Das zeigt sehr schön, wie Grundlagenforschung zu Firmengründungen führen kann."

Aufgrund von Kontaktbeschränkungen und Mobilitätseinschränkungen mussten zwar einige Forschungsprojekte adaptiert oder verschoben werden. Dennoch zieht der FWF eine durchwegs positive Bilanz des vergangenen Forschungsjahres: 2020 hat der FWF 708 Projekte mit einem Volumen von rund 244 Millionen Euro genehmigt. Damit blieb die Zahl der neuen Projekte gegenüber 2019 (707) praktisch unverändert, die Bewilligungssumme stieg um drei Prozent.

Für das laufende Jahr ist eine Budgetsteigerung von knapp zehn Prozent vorgesehen: Der FWF rechnet 2021 mit einer Bewilligungssumme von rund 269 Millionen Euro. Für die Jahre 2022 und 2023 sei mit einem ähnlich hohen Budget wie 2021 für den Wissenschaftsfonds zu rechnen – noch sind die Details aber nicht ausverhandelt. (Tanja Traxler, 27.4.2021)