Auch bei der heurigen Matura zählt die Gesamtnote aus Abschlussprüfung und Jahreszeugnis.

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Der Maturajahrgang 2020 war nicht zu beneiden: Der Ausbruch der Pandemie und die Umstellung auf Distance-Learning fielen mitten in die Prüfungsvorbereitungen. Um die schwierige Situation für die Schülerinnen und Schüler abzufedern, ließ man die mündlichen Klausuren entfallen. Außerdem änderte das Bildungsministerium im Frühjahr das Benotungssystem. Für die Maturanote zählte nicht nur die Prüfungsnote selbst, sondern die Leistung des gesamten Schuljahres. Eine Schülerin aus Tirol machte sich das zunutze: Sie erhob Einspruch gegen ihre negative Mathematik-Matura und bekam recht. Der Verwaltungsgerichtshof bestätigte nun die Entscheidung. (VwGH 31.3.2021, Ro 2021/10/0002)

Die Gymnasiastin wurde im Jahreszeugnis mit einem "Genügend" beurteilt. Auf die Reifeprüfung selbst bekam sie ein "Nicht genügend". Da die Ergebnisse keine klare Gesamtnote ergaben, bestimmte – so wie im neuen System vorgesehen – die Note der Abschlussprüfung das Maturazeugnis. Die Matura wurde von der Prüfungskommission daher insgesamt mit "Nicht genügend" bewertet.

Distance-Learning weniger stark gewichtet

Die Schülerin wollte das nicht akzeptieren und beschwerte sich beim Bundesverwaltungsgericht über die Benotung. Dort bekam sie recht: Zwar sei die Abschlussprüfung richtigerweise mit "Nicht genügend" beurteilt worden, die Leistungen der Schülerin während des Schuljahres wurden aber nicht ausreichend berücksichtigt. Aufgrund der erbrachten Mitarbeitsleistungen und eines "Befriedigend" auf eine Schularbeit korrigierte das Gericht die Note für das Wintersemester auf ein "Befriedigend".

Dazu kam, dass die Beurteilung des Wintersemesters laut Verwaltungsgericht im Schuljahr 2019/20 ein "größeres Gewicht" gehabt habe. Wegen des pandemiebedingten Homeschoolings im Frühjahr sei der Herbst der Zeitraum gewesen, "in dem eine umfangreichere und bessere Leistungsfeststellung" möglich gewesen sei. Das Bundesverwaltungsgericht änderte daher auch die Gesamtnote der Matura auf ein "Genügend". Mittlerweile bestätigte der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung – die Bildungsdirektion Tirol blitzte mit ihrer Revision ab.

Neues Benotungssystem auch künftig geplant

Auch 2021 ist die Einbeziehung der Jahresnote in das Maturazeugnis vorgesehen – allerdings nur noch dann, wenn bei der Abschlussprüfung mindestens 30 Prozent der Punkte erreicht werden. Damit soll sichergestellt werden, dass die Arbeiten nicht ohne Bearbeitung abgegeben werden.

In seiner Entscheidung kritisierte das Bundesverwaltungsgericht nicht das System an sich, machte aber Folgendes deutlich: Fechten Maturantinnen und Maturanten ihr Ergebnis künftig an, muss auch bei den laufenden Beurteilungen im Schuljahr genauer hingesehen werden. Im Fall der Tiroler Schülerin warf das Gericht übrigens ein Auge darauf, ob die abgelieferten Hausübungen eigenständig erarbeitet wurden – vielleicht ja ein Ansporn für kommende Jahrgänge. (Jakob Pflügl, 28.4.2021)